Tierwissen für Kids: Froschkönig
WIE ICH WIEDER ZUM PRINZEN WURDE
Autorin: Sophie Ferstl
In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ich, Prinz Aquarius, in einem Teich. Weil sie sich ge- ärgert hatte, hatte eine böse Hexe mich verwünscht und in einen Frosch verwandelt. Tagein, tagaus saß ich nun in diesem kleinen Teich und beobachtete die anderen Frö- sche, die hier lebten. Ich sah, wie aus dem Froschlaich kleine Larven schlüpften, aus denen Kaulquappen wurden, die so gar nicht aussahen wie ein ausgewachsener Frosch. Es war lustig, wie diese kleinen Gestalten mit ihrem Schwanz so schnell durchs Wasser sausen konnten und wie die Kiemen, die wie Federschmuck am Kopf saßen, sich dabei bewegten. Im Laufe der nächsten 7 Wochen wuchsen sie und es tauchten kleine Beinchen auf. Der Schwanz wurde immer kleiner, irgendwann verschwanden auch die Kiemen, die den Kaulquappen ermöglichten, unter Wasser zu atmen, und sie wurden zu richtigen Fröschen, die nun als Amphibien an Land und im Wasser leben konnten. Leider verstand ich, obwohl ich ja auch ein Frosch war, ihre Sprache nicht und war daher sehr einsam. So ging das über viele Jahre.
Da ich nun ein Frosch war, musste ich allerlei Insekten mit meiner Zunge fangen, um etwas zu essen zu haben. Dafür versteckte ich mich im Wasser oder in den Pflanzen am Rand, und wenn ein Wurm oder ein Insekt sich vor mir bewegte, ließ ich blitzschnell meine klebrige Zunge aus meinem Maul schießen und hatte so wieder einen Happen ergattert. Nach all den Leckereien, die ich als Prinz an der Tafel meines Vaters jeden Tag genießen durfte, war das eine sehr karge Kost, ich hätte so gerne mal wieder ein mehrgängiges Festmahl gegessen. Wirklich fröhlich war ich nur, wenn ich im Sommer in den Gräsern am Ufer des Teiches in der Sonne saß und einer hübschen Königstochter, in deren Park mein Teich angelegt war und die gerne mit ihrer goldenen Kugel hier spielte, zusehen konnte. Sie war so ein fröhliches Wesen, genoss das schöne Wetter ebenso wie ich, und tanzte mit ihrem zarten Körper durch den Garten.
Eines Tages warf sie ihre goldene Kugel zu weit und sie versank im Wasser. Die Königstochter weinte bitterlich und überlegte laut, wie sie wieder an ihr Lieblingsspielzeug gelangen könnte. Da ich zwar keine Froschsprache, aber immer noch die Menschensprache beherrschte, hüpfte ich auf sie zu und fragte sie, ob ich ihr helfen könnte. Erst war sie natürlich sehr erschrocken. Stellt euch mal vor, euch spricht plötzlich ein Frosch an, da bekämt ihr bestimmt auch erst einmal einen Schreck, oder? Dann aber bat sie mich, ihre goldene Lieblingskugel wieder aus dem Wasser zu holen. Ich fragte sie, was sie denn bereit wäre, dafür zu tun. „Du kannst haben, was du willst, lieber Frosch,“ sagte sie, „Perlen, Edelsteine, meine Kleider, sogar meine Krone.“ Das war mir aber zu wenig. Also erklärte ich ihr, dass ich bereit wä- re, ihr das Spielzeug zu holen, wenn sie mich liebhaben wolle, ich ihr Geselle und Spielkamerad sein dürfe, neben ihrem Teller am Tisch sitzen könne und sie bereit wäre, nachts zum Schlafen das Bett mit mir zu teilen. Das versprach sie, woraufhin ich ihr die goldene Kugel zurückgab.
Die Königstochter, die gar nicht vorgehabt hatte, ihr Versprechen einzulösen, rannte nun eilig ins Schloss zurück und verschloss die Tür hinter sich. Ich konnte ihr nicht schnell genug folgen und konnte nicht in den Palast. Als ich bemerkte, dass alle sich zum Essen hingesetzt hatten, klopfte ich an die Tür und rief: „Königstochter, mach mir auf! Weißt du nicht, was du zu mir gesagt hast am kühlen Gartenteich? Königstochter, mach mir auf!“
Der König fragte seine Tochter, wer das denn sein könne, und sie erzählte ihm, was passiert war. Ihr Vater ließ mir die Tür öffnen, denn er war der Meinung, was seine Jüngste mir versprochen hatte, sollte sie auch halten. Sie hob mich also auf den Tisch, und auch wenn es ihr nicht gefiel, was man ihrem Gesicht deutlich ansah, durfte ich von ihrem Teller essen. Und ihr werdet es kaum glauben, an diesem Abend gab es für alle Fasan! Ihr könnt euch vorstellen, wie lecker ich es fand, nach all der Zeit, die ich mich von Insekten ernährt hatte, nun meine Lieblingsspeise genießen zu dürfen.
Als das Abendessen beendet war, war es Zeit, schlafen zu gehen. Auch diesmal musste sich die Königstochter beugen und mich mit in ihr Bett nehmen, denn sie hatte es ja versprochen. Sie aber setzte mich in eine Ecke und hoffte wohl, ich würde Ruhe geben. Jetzt aber war ich schon so weit gekommen, da konnte ich doch nicht auf den letzten Metern aufgeben. Also schimpfte ich so lange mit ihr, dass sie es ja schließlich versprochen hatte, mich in ihrem Bett schlafen zu lassen, bis sie irgendwann aufstand, um mich, wie ich dachte, nun endlich auch zwischen die weichen Decken zu lassen. Aber nein, was tat sie? Sie packte mich mit zwei Fingern und warf mich voller Abscheu an die Wand.
„Jetzt ist alles aus“, dachte ich. Was dann aber geschah, hätte ich nie für möglich gehalten. In dem Moment, wo ich die Wand berührte, verwandelte ich mich zurück in den, der ich vor dem Zauber der bösen Hexe gewesen war: den jungen und schönen Prinzen Aquarius.
Die Königstochter traute ihren Augen kaum, als sie sah, wer da nun stand. Sie verliebte sich in mich und wir heirateten einige Zeit später. Seither führen wir gemeinsam ein glückliches Leben, und wenn wir nicht gestorben sind, dann leben wir noch heute.
Woher kommt eigentlich die Geschichte, man müsse einen Frosch küssen, um einen Prinzen zu bekommen?
Vermutlich ist es eine Metapher und soll uns daran erinnern, dass man den Wert nicht nur nach Äußerlichkeiten (Frosch als Symbol für Häßlichkeit) beurteilen soll und es sich durchaus als wertvoll erweisen kann, sich jemandem behutsam und geduldig zu nähern (Kuss), um mit der Entwicklung von etwas Wunderschönem (Liebe und Reichtum) belohnt zu werden.
Und warum wird die Prinzessin mit einem Prinzen belohnt, obschon sie so garstig zum Frosch war?
Das soll uns zeigen, dass wir alle auch mal einen Fehler machen dürfen und es trotzdem gut ausgehen kann.
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