Stresspunktmassage beim Pferd: Stresspunkte 25 – 28
Im vorletzten Teil dieser Serie befassen wir uns mit den Stresspunkten 25 – 28, die sich am Rippenbogen und an der vorderen Schulter befinden. Sie sind u. a. für die Vor- und Seitwärtsbewegung des Pferdes zuständig.
Stresspunkt 25
(Obliquus externus abdominis)
Das ist ein Muskel, der dem Verlauf des letzten Rippenbogens folgt und dieselbe Problematik aufweist wie der Stresspunkt 24 (auch Obliquus externus abdominis). Er ist reizempfindlich bei Atemproblemen und Überanstrengung. Die Muskulatur ist für die Atmung (Exspiration) sehr wichtig, aber auch Probleme bei der Atmung lassen sich hierüber erkennen. Über den Akupunkturpunkt GB 27 erfolgt der Akupunkturbezug. Es ist ebenfalls ein Zeichen für eine Überforderung des Pferdes. Wenn dort eine Schwellung vorhanden ist oder eine schnelle Abwehr erfolgt, als Schlagen oder Ausweichen, ist eine vorsichtige Massage erforderlich. Sie sollte quer zur Faser in den oberen Faszien erfolgen. Ich verwende warme Wickel mit Pfefferminze für 15–20 Minuten, um den Schmerz zu nehmen, bevor ich mit der Massage beginne. Das hat sich in der Praxis gut bewährt. Die Therapie erfolgt alle drei Tage, je nach Grad der Problematik, und sollte nach 14 Tagen abgeschlossen sein. Das Pferd kann während der Behandlung leicht bewegt werden. Ich stimme den Trainingsplan immer mit dem Reiter ab.
Wie zeigt sich das in der Bewegung des Pferdes?
Das Pferd hat Probleme in der seitlichen Biegung und auch Pferde mit Kreuzverschlag haben an dieser Stelle deutliche Probleme. Um eine Biegung zu unterstützen, ist „Kringelreiten“ angesagt. Zirkel verkleinern und wieder vergrößern, aber auch Volten reiten ist hilfreich. Hierbei sollte es nicht auf die Quantität ankommen, sondern auf die Qualität der korrekten Ausübung der Aufgabe. Drei bis fünf Volten sind ausreichend auf einer Hand, anschließend Handwechsel und wieder von vorne. Diese ganzen Übungen sollten 30 Minuten nicht überschreiten, um das Pferd nicht zu überlasten.
Ebenso ist eine gute Longenarbeit jeden zweiten Tag sinnvoll. Das Pferd sollte jedoch nicht, wie ich es oft sehe, sofort lostoben, denn wer auf der Flucht ist, lernt nicht.
Oft ist auch der Möhrchentest hilfreich, um die Biegung eines Pferdes zu testen. Das Pferd darf bei diesem Test kein Bein zur Seite, sondern nur den Kopf und den Bauch bewegen.
Stresspunkt 26
(Pectoralis descendens)
Das ist der vordere Teil der Brustmuskulatur. Er ist mit verantwortlich für die Vor- und Seitwärtsbewegung der Vorderbeine. Akupunkturbezug ist der Punkt NI 27, er ist der wichtigste Punkt für das Gleichgewicht nach rechts und links, also für die Balance des Pferdes. Ich habe in der Praxis die Erfahrung gemacht, dass gerade junge Pferde, die nicht ausbalanciert sind, mit den Vorderbeinen Probleme haben, wenn der Hufschmied sie auf dem Hufbock raspeln möchte. Sie ziehen die Beine weg, zum einen, weil sie nicht in der Balance sind, zum anderen, weil es ihnen nicht gefällt. Der Muskel wird übermäßig beansprucht, was dem Pferd unangenehm ist. Mit viel Geduld, Ruhe und Zeit gelangt man aber an sein Ziel.
Treten beim Stresspunkt 26 Probleme auf, ist ein seitliches Stellen des Pferdes nicht von Vorteil. Hier ist die Herangehensweise anders. Es sollten vielmehr große Bögen geritten werden und auch das Erklettern von kleinen Hügeln hat sich in der Praxis bewährt, es ist sehr effektiv.
Um eine Mobilitätsverbesserung zu erzielen, hebe ich das Vorderbein an und bewege es im angewinkelten Zustand vor und zurück, bis ich jeweils einen Zug spüre. Nach hinten dehnen und nach vorne ziehen, wie es das Pferd zulässt. Junge Pferde, Westernpferde (höherer Lektionen), Spring- und Dressurpferde zeigen es vermehrt.
Stresspunkt 27
(Extensor carpi radialis)
Dieser Karpalgelenksstrecker streckt das Vorderfußwurzelgelenk und die Zehen und ist bei Sehnenproblemen häufig aktiv. Er ist gleichzeitig Ursprung der Streckung (Extension). Die Vorwärtsbewegung des Hufes ist vermindert. Da dieser Stresspunkt den Akupunkturpunkt Di 11 (0,5 Cun entfernt) beeinträchtigen kann, könnten die damit verbundenen Indikationen auftreten.
Tastbar ist der Stresspunkt 27 unterhalb des Triceps brachii vor dem Ellenbogenhöcker. Bei Druck auf den Punkt wird das Pferd ausweichen und gelegentlich auch mit dem Huf stampfen. Mit kleinen Zirkelungen wird dieser Bereich dann bearbeitet. Weitere Reibungen folgen dem Muskel bis zum Karpalgelenk. Der Druck sollte so gewählt werden, dass das Pferd nicht ausweicht, 20 Minuten pro Seite betragen und nach zwei bis drei Tagen wiederholt werden. Die Anzahl der Anwendungen richtet sich nach der Verspannung des Muskels. Eine Kombination mit Stresspunkt 2 Brachiocephalicus (Arm-Kopf-Muskel) ist sehr effektiv. Dieser Muskel ist auch aktiv bei nicht gut ausgebildeter Zügelführung des Reiters.
Wie ist die Bewegung des Pferdes?
Es stolpert und es fehlt an Raumgriff. Man sieht es manchmal am abgeschliffenen Horn an der Vorderseite der Vorderbeine. Die Röntgenbefunde sind unauffällig (keine Schale).
Für das Training bietet sich Stangenarbeit an, sowohl Schritt- als auch Trabstangen. Westernpferde, die im Reining starten, haben an dieser Stelle oft Probleme. Bei allen Pferden der unterschiedlichsten Sportarten kann es zu Problemen am Stresspunkt 27 kommen.
Stresspunkt 28
(Extensor carpi ulnaris)
Das ist der Strecker des Karpalgelenks und der Zehen. Symptome und Behandlung entsprechen Stresspunkt 27. Er befindet sich seitlich neben Stresspunkt 27 und kranial zum Ellbogenhöcker. Pferde, die Probleme haben mit den Stresspunkten 27 und 28, können neben gesundheitlichen Problemen wie Allergien und Atmungsproblemen auch im Sport nicht die Leistung bringen, die man sich wünscht. Springpferde sind mit dem Vorderbein nicht schnell genug und Dressurpferden fehlt es an Raumgriff. Zeit, Geduld, richtiges Training und ein guter Schmied sind erforderlich, damit die Behandlung erfolgreich ist. Im nächsten Magazin bilden die Stresspunkte 29 und 30 den Abschluss dieser Serie.
CORNELIA LEETZ
DIPL.-AGRAR-ÖKONOMIN
TIERHEILPRAKTIKERIN
PRAXIS IN GROSS DRATOW
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