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Serie: Tierisch Weise - Das Äffchen mit dem großen Herzen

FABELN ÜBER LIEBE, LICHT UND HERZENSKRAFT

Es lebte ein kleines Äffchen mit seinem Stamm in einem wunderschönen Tal mit alten, großen Bäumen. In diesen Bäumen konnten die Affen herrlich herumklettern und sich von Ast zu Ast schwingen. Im Stamm gab es ein Äffchen, das sehr klein und zierlich, doch im Klettern der Größte war. Kein anderes Äffchen konnte so schnell und sicher einen Baum erklimmen und in der Baumkrone hohe und gewagte Sprünge vollbringen. Deshalb war der Affenstamm auch sehr stolz auf das kleine Äffchen.
Dieses Äffchen hatte noch eine Besonderheit: Es besaß ein sehr großes Herz. Durch dieses fühlte es viele wunderbare Dinge: Mitgefühl mit den anderen Affen, große Liebe zu seinem Stamm, Fröhlichkeit, Unbeschwertheit und Abenteuerlust.
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten, und dies äußerte sich beim Äffchen in einem sehr starken Ego. Wenn es also einmal nicht mit dem Herzen fühlte, sondern mit seinem Ego verbunden war, wurde es sehr bockig und machte nur noch, was es wollte. Egal ob dies für die anderen gut oder schlecht war, es sah nur noch sich selbst.
Eines Tages gelangte eine furchtbare Nachricht in das wunderschö- ne Tal: Die alten, großen Bäume sollten gefällt und verkauft werden. Alle Affen fielen in einen Schockzustand. Keiner konnte etwas sagen, es wurde still im Tal. Etwas für die Affen bis dahin Unvorstellbares sollte passieren: Sie sollten ihre Bäume verlieren. Darüber hatten sie sich nie Gedanken gemacht, weil sie so verbunden mit ihren Bäumen waren. Kein Affe hatte je eine Sekunde daran gedacht, dass dieser wunderbare Zustand sich ändern könnte.

Da rief der Affenälteste alle Affen zu einer Versammlung herbei und sprach: „Wir müssen etwas unternehmen! Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere alten Bäume sterben. Diese Bäume sind nicht nur unser Zuhause, sie sind unser Leben, unsere Beschützer, unsere Nahrung, unsere Erinnerung an die wundervolle Schöpfung, sie sind unsere Verbindung zum Himmel. Sie sind heilig! Wenn die Menschen nicht die wahre Bedeutung und Schönheit der Natur erkennen, dann müssen wir es ihnen verdeutlichen. Lasst uns unsere Bäume schmücken mit allem, was ihr Wundervolles in der Natur findet. Die Bäume sollen so strahlen, dass die Menschen es nicht wagen, sie zu fällen. Und du, kleines Äffchen, bist für die Baumspitzen verantwortlich. Diese sehen die Menschen als erstes, denn sie kommen über die Berge, die um unser Tal liegen.“ Das kleine Äffchen fühlte sich sehr geehrt. Schon am nächsten Tag fingen alle mit ihrer Arbeit an. Doch wo war das kleine Äffchen? Es hatte sich am Morgen dann doch lieber zum Spielen mit einem anderen Äffchen verabredet. So ging es Tag für Tag: Das kleine Äffchen teilte seiner Familie mit, es hätte im Moment einfach keine Lust zum Schmücken. Die anderen fühlten eine große Traurigkeit, denn die Bäume wurden zwar von Tag zu Tag schöner, doch leider nicht die Spitzen ...

Der Tag, an dem die Menschen mit ihren Maschinen kommen sollten, rückte näher und näher. Dann war es soweit: Eine lange Schlange schwerer Fahrzeuge rollte über die Berge Richtung Tal. Alle Affen liefen verzweifelt zum kleinen Äffchen und baten es um Hilfe. Doch das kleine Äffchen interessierte dies alles nicht. Es wollte spielen. Der Affen- älteste besuchte das kleine Äffchen und sprach: „Bitte, liebes Äffchen, versuche wieder eine Verbindung zu deinem so wunderbar großen Herzen zu bekommen und damit zu fühlen. Verbinde dich über dein Herz mit den Bäumen und fühle, wie sie dich als besten Kletterer brauchen. Trete aus deinem Ego heraus und fühle mit deinem Herzen.“ Schon beim Zuhören hatte das kleine Äffchen weniger Bockigkeit verspürt. Und als der Affenälteste zu Ende gesprochen hatte, fragte es sich: Oh, mit was für sinnlosen Dingen habe ich mich die letzten Tage beschäftigt? Wie konnte ich nur dem Schatten in mir so viel Macht geben? Sein Magen zog sich zusammen, es fühlte sich elend. Jetzt, wo es die Gefühle wieder zuließ, wurde ihm klar, wie sehr es die anderen Affen vor den Kopf gestoßen hatte. Und noch schlimmer: sie im Stich gelassen hatte. Wie traurig musste es die anderen Äffchen durch sein Verhalten gemacht haben! Aber es nützte den anderen Äffchen bestimmt nichts, wenn es jetzt nur Trübsal über Vergangenes blasen würde, es musste handeln, und zwar schnell ...

Es sprang in Windeseile los, und innerhalb weniger Stunden waren alle Bäume bis in die Spitzen wundervoll geschmückt. Die Bäume strahlten bis zu den Bergen … aber was war das? Da war noch ein zusätzlicher Glanz, ein ganz besonderer! Es war das eigene Licht der Bäume, das göttliche, lebensspendende Licht, das allem Lebenden innewohnt! Denn dies wollten die Bäume jetzt ebenfalls den Menschen zeigen. Die Menschen in ihren Baufahrzeugen hätten mittlerweile ihr Ziel schon längst erreicht, sie wurden jedoch in ihrer Fahrt ins Tal jäh gestoppt. Ein Licht, heller als jedes Licht, was sie bisher gesehen hatten, blendete sie so stark, dass sie anhalten mussten und ausgestiegen waren.
Das, was sie sahen, raubte ihnen den Atem. Bäume, so schön wie in einem Märchen, mit einem Glanz, als läge ein Zauber um sie herum, strahlten ihnen vom Tal entgegen. Alle Männer waren so berührt, dass nichts auf der Welt sie hätte überreden können, weiterzufahren, um diesen Zauber zu zerstören. Und alle waren sich einig: Diese Bäume müssen weiterleben! Und da sie die einzigen Männer für diesen Job waren, hatten die Bäume nichts mehr zu befürchten. Als der Affenstamm sah, wie die Menschen mit ihren Baumaschinen umdrehten und zurückfuhren, brach ein riesiger Jubel aus, und noch am selben Abend fand das größte Fest im Tal der schönen Bäume statt, das es je gegeben hatte. Und die Weisheit der Geschicht: Höre auf dein Ego nicht; denn liebvoll nur dein Herzlein spricht!

ANITA BALCKE-KÜSTER
HEILPRAKTIKERIN FÜR PHYSIOTHERAPIE
UND STUDIENLEITERIN DER PARACELSUS SCHULE BREMEN

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Zeichnung ©: J. Päper, madiwaso – Adobe