Darmgesundheit: Informationen vom Labor Vetscreen
Der Darm ist ein Organ der Superlative: Als größte Oberfläche innerhalb des Körpers ist er fremden Substanzen und Mikroorganismen ausgesetzt. Seine Aufgabe umfasst die Aufnahme von wertvollen Stoffen, die Ausscheidung nicht (mehr) brauchbarer Substanzen sowie die Abgrenzung des Körperinneren vor Antigenen, Fremdem sowie Mikroben. Letzteres allein ist schon eine große Herausforderung, beherbergt der Darm doch ein Bakterienaufkommen von ca. 100 Billionen. Magen sowie Dünndarm sind dagegen recht keimarm. Dies ist gut so, da hier einerseits chemische Reaktionen und andererseits Kreisläufe stattfinden, die durch ungeordnete bakterielle Aktivität gestört werden würden. Der Darm macht also einen großen Anteil der Immunabwehr unserer Lieblinge aus.
Eine gesunde Darmflora leistet einen fundamentalen Beitrag gegen pathogene Keime und daraus resultierende Krankheiten. Es ist für pathogene Erreger schwieriger, sich in einer ausgewogenen, gesunden Darmflora anzusiedeln. Daher ist es so wichtig, den Darm durch ausgewogene Fütterung und Pflege gesund zu halten und „Störenfriede“ mit Hilfe eines Darmflora-Screens frühzeitig zu entdecken. Hunde und Katzen lassen sich nicht so einfach in die Karten schauen, wenn sie sich unwohl fühlen, oft ziehen sie sich zurück. Daher sollte man seine Vierbeiner genau beobachten, wenn sich nicht die offensichtlichen Symptome einer Darmerkrankung zeigen: Durchfall, Verstopfung, Fressunlust bis hin zur Lethargie/Apathie. Häufige Ursachen für eine gestörte Verdauung neben speziellen Erkrankungen sind Antibiotika-Gaben, falsche Fütterung, abrupter Futterwechsel, Stress, Viren, Parasiten oder Haarballen bei Katzen. Besonders Freigänger können bei ihren Streifzügen häufig Würmer und Parasiten aufnehmen, daher ist eine regelmäßige parasitologische Untersuchung aus Sammelkot im Labor Ihres Vertrauens sinnvoll. Auch psychischer Stress in Form von Veränderungen der gewohnten Umgebung (z. B. Umzug, ein neues Familienmitglied) kann zu Magen-DarmProblemen führen. Hunde und Katzen sind hier besonders sensibel.
DIE FUNKTIONEN DER DARMFLORA
Die Bakterienmasse produziert Vitamine (B, K) und Aminosäuren. Sie ist für die Umwandlung der Gallenfarbstoffe und die Resorption von Nahrungsbestandteilen verantwortlich. Zu den labordiagnostisch gern gesehenen Darmbewohnern gehören Escherichia coli, aerobe Sporenbilder, Enterokokken, Citrobacter und Enterobacter.
PROBLEM DYSBIOSE
Ganz anders sieht es mit den typischen Dysbakterie-Keimen aus: Sie bevorzugen die Verstoffwechselung von Proteinen (Fäulnis) bzw. sind fulminante Kohlenhydratfermenter und setzen Gase und hohe Mengen an Säuren frei. Gewinnen diese Keime die Oberhand, wird das gesamte Darmmilieu geändert, es kommt zu pH-Verschiebungen, Gasbildung und Funktionsstörungen (Diarrhoe, Resorption, Peristaltik). Die Darmbarriere wird durch Bakteriengifte geschädigt und Mukosazellen (Schleimhautzellen) werden zersetzt. Damit verbunden kommt es zum Vordringen fremder Substanzen in die Abwehrzonen, und das kann Futtermittelunverträglichkeiten auslösen. (Achtung: Länger anhaltende Fäulniszustände führen zur Leberschädigung!) Ist das Darmmilieu verändert bzw. liegt eine Dysbakterie vor, lassen sich die neuen Bewohner nicht so einfach vertreiben. Das heißt, dass eine Darmsanierung durchaus einige Monate in Anspruch nimmt, vorausgesetzt, es gelingt dem Therapeuten, die Ursache der Verschiebung ebenfalls zu beseitigen. Neben der Behebung des Darmproblems (z.B. Durchfall, Erbrechen, Meteorismus) muss bei länger bestehender Problematik sowie bei Rezidiven der Grund des Problems eingegrenzt werden. Typische Vertreter für Dysbakterien sind häufig hämolysierende E. coli, Acinetobacter, Klebsiellen, Pseudomonaden und Proteus.
PANKREASINSUFFIZIENZ
Die Aufnahme von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen sollte vollständig im Dünndarm erfolgen. Voraussetzungen: Es werden genügend Enzyme durch die Bauchspeicheldrüse und Dünndarmzellen bereitgestellt. Die Gallensäuren sind in ausreichender Menge vorhanden. Befinden sich in der Darmflora übermäßige Proteolyten (Keime wie Proteus sp. oder Pseudomonaden), ist als eine Möglichkeit der Mangel an Enzymen abzuklären. Beim Hund wird bei Verdacht auf Pankreasinsuffizienz die pankreatische Elastase im Kot bestimmt. Sie ist unabhängig von Fütterung oder Enzymgabe. Bei der Katze wird häufig TLI aus dem Serum gemessen. (Wichtig ist, dass das Tier mindestens 6 Stunden nüchtern war.)
PROTEINVERLUST IM DARM
Im Rahmen von entzündlichen Prozessen können erhebliche Mengen an Protein in den Darm sezerniert werden, ähnlich einer nässenden Wunde. Dieses Protein wird ebenfalls durch Bakterien im Dickdarm verstoffwechselt und kann zum klassischen Proteolyse-Befund führen. Neben einer ergänzenden Blutuntersuchung sind hier eventuell weitere Untersuchungsmethoden heranzuziehen.
ABWEHRMANGEL
Der Darm weist zu wenig Antikörperschutz im Darmlumen auf. Er ist den Angriffen immer wieder ausgesetzt und reagiert in diesen Phasen (erhöhte Stressbelastung) mit Entzündungen, die teils blutig werden. Werden mehrfach auch größere Mengen an Pilzen aus frisch gewonnenem Probenmaterial isoliert, kann das für eine Darm-Mykose sprechen.
ALLERGIE
Der Darm ist z.B. nach einer Vorschädigung für die bisher gefütterten Nahrungsmittel sensibilisiert und reagiert mit Entzündungen. Zur Eingrenzung dient ein Serum-Futtermittel-Allergietest, der bei klinischem Verdacht einen Anhaltspunkt zur Fütterung bietet. Therapeutisch gibt es bisher nach wie vor ausschließlich die Vermeidung der nicht verträglichen Nahrungsmittel. Die Regeneration führt teilweise nach Monaten zu einer Toleranz für die Allergene, daher kann nach einer ausreichend langen Diät eine schrittweise Erweiterung der Futtermittel versucht werden. Sinnvoll kann eine ergänzende Untersuchung des Blutes sein.
ENTEROTOXINE
Anlass zu blutigen Durchfallepisoden geben manche Toxin bildende Clostridien. Diese Keime finden ihr Milieu bei Verstopfungssituationen sowie nach Antibiosen, die sie durch Sporenbildung besser überstehen als andere Artgenossen. Die Toxinabgabe erfolgt intervallartig, insbesondere nach Antibiotikagaben oder aufgrund anderer Stressoren (z.B. gefrorenes Futter). Diagnostisch lassen sich die Toxine gezielt bestimmen, da das Toxin-Vorkommen nicht mit der festgestellten Menge an Clostridien übereinstimmt. Therapeutisch sollte der Durchfall nicht mit weiteren Antibiosen angegangen werden, sondern mit diätetischen und absorptionsfördernden Maßnahmen.
PATHOGENE KEIME
Keime wie Salmonellen, Campylobacter, Shigellen und Yersinien haben eher eine untergeordnete Rolle im Durchfallgeschehen. Viele Tiere sind Ausscheider ohne Durchfallsymptomatik. Pathogene Keime können im Labor durch ein Darmflora-Screen ermittelt werden. Um einen Überblick der „guten Darmbakterien“ zu erhalten, empfiehlt es sich, ein Dysbiose-Screen aus Kot im Labor durchführen zu lassen.
ERSTE HILFE BEI DURCHFALL
Bei leichtem Durchfall ohne sichtbare Verhaltensveränderung muss zuerst das ersetzt werden, was der Patient bei Durchfall verliert: Flüssigkeit und Elektrolyte. Daher ist es wichtig, dass er genug trinkt, um nicht zu dehydrieren. Frisches Wasser (Achtung: nicht zu kalt) sollte leicht erreichbar und in ausreichender Menge verfügbar sein. Tipp: Hühnerbrühe animiert durch den Duft zum Trinken und verbessert die Flüssigkeitsaufnahme.
Als Schonkost hat sich ungewürztes, gekochtes Hühneroder Putenfleisch bewährt. Am besten ein paar Karotten als Ballaststoff und für den Geschmack mitkochen. Das Ganze püriert bei Zimmertemperatur servieren. Öfter am Tag kleine Portionen füttern, das schont den Magen. Hühnerknochen dürfen nicht verfüttert werden! Liegen Verhaltensänderungen vor, zieht sich der Patient zurück oder wirkt apathisch, sollte man sofort einen Therapeuten aufsuchen. Dies gilt auch für Kitten, Welpen, ältere sowie geschwächte Tiere.
Bei Fragen zum Thema oder zur Auswahl geeigneter Tests können Sie uns gerne anrufen oder eine E-Mail schreiben.
Ihr Tierheilpraktikerlabor
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Illustrationen: © Arcady – Adobe, Koti – Adobe, D. Zett – Adobe