Stresspunktmassage beim Pferd: Stresspunkte 21 – 24
In dieser Ausgabe befassen wir uns mit den Stresspunkten 21 – 24, die sich um die Hüfte herum befinden. Sie sind für die Beugung der Hüfte verantwortlich, für Seitwärtsgänge des Pferdes und für die Schubkraft bei der Umsetzung der Hinterhand (des Motors) nach vorne.
Stresspunkte 21 und 22
Der Stresspunkt 21 (Tensor fascie latae, Spanner der Oberschenkelbinde) liegt am unteren Ende des Hüfthöckers. Er ist für die Streckung des Kniegelenks und die Beugung des Hüftgelenks mitverantwortlich. Ich erkenne dies an der eingeschränkten Seitwärtsbewegung des Pferdes. Hierzu soll das Pferd im Schritt eine Acht an der Hand des Reiters gehen und diese immer wieder verkleinern. Sie werden feststellen, dass das Pferd ab einem bestimmten Punkt in der kreisrunden Vorwärtsbewegung nur noch eingeschränkt beweglich ist.
Es fängt an, den anfangs fließenden Bewegungsablauf zu stoppen. Das Pferd will die schwere Bewegung nicht oder nur noch widerwillig ausführen, bewegt sich ungern vorwärts, läuft steif und holprig (unrund). Eine fließende Bewegung ist nicht mehr zu erkennen.
Der Stresspunkt 22 hilft, die Hüfte zu beugen und die Hintergliedmaßen anzuheben. Probleme hier können zu Lahmheit und mangelndem Raumgriff der Hinterhand führen.
Gekennzeichnet ist dies ebenfalls durch Verspannungen der Rückenmuskulatur und einem breiten Gang. Auch ein Einknicken der Hinterhand bei Bergabwärts-Bewegungen ist gelegentlich zu erkennen. Man fühlt eine harte Kante um diesen Bereich.
Wenn ich in der Praxis so etwas sehe, beginne ich immer mit einer Lockerung des Muskels durch Wärme. Hierzu können Sie auf die betroffenen Stellen Wärmekissen auflegen. Da vor Ort häufig nicht entsprechendes Equipment vorhanden ist, bin ich mit Knick-Kissen (große Taschenwärmer, 40x60 cm) oder warmen Wickeln mit ätherischen Ölen ausgestattet. Diese lege ich in Kombination mit einem Magnetfeldprogramm oder einer anderen Decke, wenn Magnetfeld nicht vorhanden ist, für ca. 20 Minuten auf das Pferd.
Dann haben Sie mehrere Möglichkeiten, die betroffenen Stresspunkte 21 und 22 zu dehnen. Die Dehnung der Gliedmaßen erfolgt immer in Laufrichtung, also hinten nach rückwärts-aufwärts und vorne nach unten-vorwärts. Diese Dehnungen erfolgen langsam, man kann auch versuchen, die Bewegungen der aufgehobenen Beine in die gegenüberliegende Richtung zu steuern, aber bitte vorsichtig. Es ist für das Pferd sehr schmerzhaft und führt zu artgerechten Reaktionen wie Ausschlagen.
Bei der ersten Behandlung führe ich keine Seitwärtsbewegungen aus, um die betroffenen Muskeln nicht zusätzlich zu belasten. Mit der Handkante kann durch leichte Schläge eine Lockerung der Muskulatur erreicht werden, hierzu versetze ich das umliegende Gewebe in Schwingung. Mit elektrischen Massagegeräten ist das ebenfalls möglich.
Auch Zirkelungen um die Stresspunkte 21 und 22 sind sehr effektiv. Hierbei ist darauf zu achten, dass nicht nur die Haut bewegt wird, sondern das unterliegende Gewebe unter leichtem Druck mitbehandelt wird.
Die Behandlungsdauer sollte 2 – 3 Mal pro Woche 15 – 20 Minuten auf der betroffenen Seite betragen.
Sehr gute Erfahrungen habe ich auch mit dem Tensen (Behandlung mit Strom) gemacht. Es erfolgt bei richtiger Anwendung eine Verbesserung der Durchblutung, Schmerzunterbrechung und eine Steigerung der Mobilität der Gelenke. In der Praxis habe ich das zweimal pro Woche angewendet und dadurch eine Verbesserung des Gangbildes in nur kurzer Zeit erreicht.
Sollte nach einer Woche oder drei Behandlungen immer noch eine Lahmheit vorhanden sein, würde ich Sie allerdings bitten, einen Tierarzt oder eine Tierklinik zurate zu ziehen, denn es könnten auch andere, von außen nicht sichtbare Schäden vorliegen, die dann dringend abgeklärt werden müssen.
Als Trainingsvorschlag empfehle ich:
- kein Kringelreiten, Seitengänge und enge Wendungen müssen unterbleiben
- bei Westernpferden keine Stops und Spings
- keine Hinterhandwendungen
- Kräftigung der Hinterhandmuskulatur und der Schubentwicklung durch Reiten auf Berge und Hügel
- Muskelaufbau mit Steigungen
- kleine Sprünge (75 cm Höhe)
Betroffen von Verspannungen dieser Art sind Spring-, Gelände- und Distanzpferde. Es kommt jedoch auch vermehrt bei Gespann- und Westernpferden vor. Ich empfehle immer eine Pause von zwei Wochen, in ganz schweren Fällen von vier Wochen mit den o. g. Trainingsvorschlägen, wobei dies nicht bedeutet, dass die Pferde nicht geritten werden sollten. Ein Muskelaufbau der Hinterhand ist dringend erforderlich.
Vom Longieren rate ich immer ab, weil es oft keinen Trainingseffekt für die Hinterhand hat. Auch ist eine Führanlage nicht zu empfehlen, weil es zu Handwechseln in der Anlage kommt, die sehr eng sind.
Stresspunkt 23
Gluteus medius und accessorius, der mittlere und unterstützende Kruppenmuskel. Dieser Punkt kann oberhalb des Hüfthöckers ca. 20 cm neben der Wirbelsäule auf der Oberkante des Hüftgelenks lokalisiert werden. Bei Druck auf diesen Punkt wird das Pferd einknicken, ausweichen oder zusammenzucken. In der Bewegung ist der Schritt verkürzt, die Schubkraft aus der Hinterhand ist nur begrenzt vorhanden. Ein gleichmäßiger Schritt als Vierertakt in acht Phasen ist schwer oder nicht erkennbar. Das Pferd ist ein Schenkelgänger. Hier kann man schön sehen, ob ein Pferd in der absoluten oder relativen Aufrichtung gearbeitet wird. Die Seitengänge sind eingeschränkt, das Pferd hat Schwierigkeiten, sie auszuführen.
Stangentraining und bewusstes Vorwärts-abwärts-Reiten sind dringend erforderlich. Die Dehnung des Muskels erfolgt wie bei den Stresspunkten 19 und 20. Die bei den Stresspunkten 21 und 22 erwähnten Methoden zur Erwärmung des Muskels finden auch hier Anwendung. Auffällig häufig betroffen sind Spring-, Dressur- und Westernpferde. Bei letztgennannten sollte jegliches Stoppen und Drehen für die Zeit der Behandlung vermieden werden (2–4 Wochen).
Stresspunkt 24
Der Obliquus externus abdominis (äu- ßerer schräger Bauchmuskel) befindet sich am äußeren Ende das Hüfthöckers. Dieser Muskel ist für die Seitwärtsbiegung des Pferdes zuständig. Der Reiter merkt anfänglich eine kleine Unruhe seines Pferdes beim Putzen, diese steigert sich bis zur Überempfindlichkeit an diesem Punkt. Pferde mit Problemen in diesem Bereich zeigen heftige Abwehrreaktionen, das geht von Beißen über Schlagen bis hin zur Flucht. Jeder, der das kennt, wenn ein angebundenes Pferd versucht sich loszureißen, weiß, wie unangenehm so etwas enden kann. Es muss nicht nur nur das Pferd wieder eingefangen werden, auch Halfter oder Strick sind meist nicht mehr verwendbar. Pferde können sich beim sog. Aufhängen auch schwere Verletzungen zuziehen.
Bei der Behandlung dieses Stresspunktes ist sehr viel Einfühlungsvermögen gefragt. Ich habe in der Praxis auch schon Pläne im Ursprung verworfen, weil das Pferd so empfindlich in diesem Bereich reagiert hat, dass eine von mir geplante Behandlung von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Ich habe in solchen Fällen immer mit Wärme begonnen und mich an diese Pferde langsam herangetastet. Veränderung des täglichen Trainings, therapeutische Maßnahmen, Zeit und Geduld führen zum gewünschten Ergebnis, was aber auch mal vier Monate dauern kann.
In der nächsten Folge behandeln wir die Stresspunkte 25 – 28.
CORNELIA LEETZ
DIPLOM-AGRAR-ÖKONOMIN
TIERHEILPRAKTIKERIN
PRAXIS IN GROSS DRATOW
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
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