Ernährungsbericht
DIE GEFÜHLSWELT UNSERER KATZEN
Jeder Katzenfreund wird sofort zustimmen, wenn es um die Frage geht, ob unsere Samtpfoten Emotionen haben. Katzen sind nicht nur majestätische Wesen, sondern auch sehr feinfühlig, sensibel und emotional. Sie drücken ihre Gefühle durch Körpersprache, Mimik und Katzensprache eindeutig und (meistens) unmissverständlich aus. Diese Gefühle können einerseits positiv sein, hierzu zählen die Begeisterung und die freudige Erregung. Andererseits gibt es auch negative Gefühle wie Ärger und Wut, Neid und Eifersucht. Eifersucht als tierisch menschliches Gefühl kann bei unseren Samtpfoten schon mal große Emotionen auslösen.
EIFERSUCHT
Katzen lieben ihre Freiheit, können aber auch sehr einnehmende Wesenszüge zeigen. Den Menschen, den sie lieben, sind sie auf ihre eigene Art treue Weggefährten, das scheinen sie auch von uns Menschen zu erwarten. Katzen werden immer wieder bestimmte Empfindungen abgesprochen, aber sie sind sehr gefühlvolle Tiere, die traurig sein können und dabei richtig leiden, was sie mit ihrem Katzenjammer kundtun. Manche Schmusekatzen verwandeln sich in „kratzbürstige Furien“, wenn sie nicht im Mittelpunkt stehen, und reagieren dann mit Eifersucht. Wer seine Katze als eifersüchtig beschreibt, hört oft, dass dieses Verhalten zu sehr vermenschlicht wird. Eifersucht ist ein vielschichtiges Gefühl und hat mit Verlustängsten zu tun. Gerade Katzen, die sich sehr eng an einen Menschen binden, reagieren schnell mit Unsicherheit oder Angst. Im Rahmen meiner Beobachtungen kann ich sagen, dass mein Kater Jio definitiv eifersüchtig war. Die Verhaltensforschung steckt da noch in den Kinderschuhen, aber einige Katzenbesitzer können es bestätigen und haben diese Gefühlslage bei ihren Katzen schon erlebt. Es gibt Katzen, die auf Artgenossen, andere Haustiere, auf den Lebenspartner des Besitzers oder auf das Baby eifersüchtig reagieren. Gerade Katzen, die lange allein mit einem Menschen zusammengelebt haben und immer im Mittelpunkt standen, teilen nicht gerne.
Das empfindsame Tier wird in den Konkurrenzkampf treten, es reagiert tierisch menschlich.
CHAOS DER GEFÜHLE
Emotionen stellen bei Katzen einen Handlungsimpuls als Reaktion auf ein Ereignis, eine Erfahrung oder eine Situation dar. Die Samtpfote wird entsprechend ihrer Gefühlslage, ihres Charakters und ihrer Vorerfahrung reagieren. Dies kann bei Wohlgefühl ein Schnurren, bei Unbehagen oder Angst eine heftige Verteidigungsreaktion auslösen. Erfährt die Katze ein Gefühlschaos und gerät aus der seelischen Balance, reagiert sie meist sehr schnell darauf. Gerade eifersüchtige Katzen schleudern in eine emotionale Schieflage und zeigen ihre verletzten Gefühle auf vielfältige Art und Weise. Die einen ziehen sich zurück, verweigern das Futter, entwickeln Stereotypien. Sie leiden stumm vor sich hin und können sogar das Fell verlieren. Die Haut bzw. das Fell können als Spiegelbild der Seele betrachtet werden. Andere Katzen werden unsauber und zeigen dies als „Protestharnen“. Sie pinkeln oder koten aus Frustration überall hin. Manche werden zu wilden Stubentigern und kratzen, beißen oder attackieren den vermeintlichen Feind. Der Stresslevel erhöht sich.
DRAMA DER VERLETZTEN GEFÜHLE
Wie heftig sich verwirrte Gefühle bei einer Katze zeigen können, habe ich bei meinem Thaikater Jio erfahren müssen. Er war damals vier Jahre lang der Mittelpunkt in meiner Familie. Etwas später zog der erste Hund, Benji, ein. Jio und Benji wurden schnell beste Freunde, und die Schnüffelnase wurde immer liebevoll mit einem Katzenstupser begrüßt. Auch als der zweite Hund, ein Podenco Ibicenco, einzog, gab es keinen Grund zu murren. Kater Jio genoss seine Privilegien. Während die Hunde in ihren Körbchen im Erdgeschoss schliefen, durfte er immer bei mir im Bett liegen. Die Hunde und der Kater lebten harmonisch zusammen und tobten sogar miteinander im Garten. Beim Besuch einer Tierschutzorganisation während eines Spanien-Urlaubes entdeckte ich ein Katzenbaby, dass sofort mein Herz eroberte. Der kleine Kater Santo war zum Urlaubsende ausreisebereit und hatte alle nötigen Untersuchungen und Impfungen, sodass er mit mir nach Deutschland fliegen konnte. Zuhause angekommen, fand Kater Jio das neue Familienmitglied zunächst ganz in Ordnung. Ich gab mir größte Mühe, eine sensible Zusammenführung zu gestalten. Doch dann wurde der kleine Santo sehr krank. Trotz hochsommerlicher Temperaturen trug ich den Kater unter meinem Fleecepullover, um ihm zu wärmen. Er brauchte in den ersten Tagen eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Anfangs habe ich es gar nicht bemerkt, aber Kater Jio hat sich zurückgezogen. Er kam nicht mehr ans Fußende meines Bettes. Als er auf der Fensterbank im Schlafzimmer saß und ich auf ihn zuging, um ihn zu streicheln, drehte er sich weg und ignorierte mich. Als ich ihn dann auf den Arm nehmen wollte, fauchte er mich an. Ich war sehr erschrocken, denn so ein Verhalten kannte ich von ihm nicht. Die nächsten Tage versuchte ich immer wieder Kontakt zu ihm aufzunehmen, doch Jio wurde noch kratzbürstiger. Rief ich seinen Namen, wurde ich sofort angefaucht. Sein Fauchen war kein Spaß mehr. Ich war mir sicher, wenn ich seine Individualdistanz überschreiten würde, würde ich einen Pfotenhieb abbekommen.
Jio war schon immer ein Freigänger, kam abends aber immer zum Fressen und Kuscheln nach Hause. Damals ließ er sich bei den sommerlichen Nachttemperaturen kaum noch im Haus blicken, er schlief lieber in seiner Katzenhöhle, die auf der Gartenbank stand.
Als der Kater dann im Herbst wieder die Abende im Haus verbrachte, wurde ich von ihm komplett ignoriert. Er ging demonstrativ an mir vorbei und schnurrte nur noch bei meinem Mann oder bei unserem Sohn. Die beiden Katzen haben sich zum Glück nie bekriegt, sondern ihre Individualdistanz akzeptiert und sich meistens ignoriert. Es schien wie ein Gentlemen-Agreement eines tolerierten Miteinanders. Das war auch der Grund, warum ich mir keine ernsthaften Sorgen um das Wohlbefinden von Jio machte. Der Kater schien zwar schrullig, aber nicht gestresst zu sein. Das eifersüchtige Verhalten wurde ausschließlich mir gegenüber gezeigt, so konnte ich davon ausgehen, dass der Kater seine seelische Balance nicht verloren hatte. Die anderen Familienmitglieder wurden ja weiterhin durch Schnurren begrüßt und durften den Kater auch streicheln. Somit hatte er keine stressinduzierten Krankheitsbilder oder weitere Auffälligkeiten entwickelt.
Der kleine spanische Kater hatte nur ein kurzes Katzenleben, da er leider sehr große gesundheitliche Probleme hatte. Er starb bereits mit 2 Jahren an Nierenversagen. Nun war Jio wieder die einzige königliche Majestät auf dem Katzenthron, und man hätte annehmen können, dass nun alles wieder in Ordnung sein würde. Aber das war nicht so. Ich wurde weiterhin ignoriert! „Gib dem Hund einen Knochen, und er ist wieder dein Freund“, sagte mein Mann damals schmunzelnd, wenn ich versuchte, mich dem Kater mit Leckerli zu nähern. Bei Jio funktionierte das aber nicht. Das Gefühlsleben einer Katze ist also doch komplexer und tiefsinniger, als man denken würde. Katzen können extrem nachtragend sein, wie mich Jio lehrte. Ich musste mir die Freundschaft zu meinem Kater neu erarbeiten. Die Annäherung dauerte Monate. Die erste Berührung seines Fells war für mich ein besonderer Glücksmoment, ebenso das erste Schnurren in meinen Armen. Bis wir wieder eine innige Beziehung pflegen konnten, verging ein halbes Jahr.
Das Fazit, das ich daraus ziehen konnte, ist, dass nicht jede Katze vergesellschaftet werden möchte. Es gibt Katzen, die so menschenbezogen sind, dass sie lieber als Einzelgänger mit ihren Menschen leben möchten.
BEZIEHUNGS-COACHING
Jio war in seinem Verhalten sicher ein Extremfall und hätte sich wohl auch therapieresistent gezeigt. Eine echte Katzenfreundschaft hätte sich zwischen den kastrierten Katern wohl nie entwickelt. Da es zwischen den beiden nie zu Kämpfen kam und sich Jio als Freigänger in der Natur entfalten konnte, habe ich es nie in Erwägung gezogen, für Santo ein neues Zuhause zu suchen.
Manchmal sind die Probleme jedoch so groß, dass es ratsam ist, einen Katzenpsychologen und einen Tierheilpraktier um Expertise zu bitten. Bei einigen Katzen reichen banale Alltagstipps, um sie wieder in die Balance zu bringen, bei anderen hingegen ist eine Unterstützung durch z. B. homöopathische Mittel oder ein intensives Training mit katzenpsychologischer Begleitung nötig. Wichtig ist hierbei, nicht wegzuschauen oder unnötig Zeit verstreichen zu lassen. Ein Tier in einer Gefühlsschieflage braucht immer professionelle Unterstützung. Für die Seelennöte von Samtpfoten gibt es keine allgemeingültige Therapie. Jeder Fall ist einzigartig. Jede Katze hat ihre individuellen Erfahrungen gemacht und wird entsprechend auf Artgenossen oder andere Lebewesen reagieren. Gefühle wie Eifersucht sollten erst gar nicht aufkommen und können vermieden werden, wenn die Katze nichts an Aufmerksamkeit einsparen muss. Dazu gehören Streicheln und das Verwöhnen mit Leckerli, auch das gemeinsame Spiel und die Bereitschaft, sich auf eine Zweitkatze als Mitbewohnerin liebevoll einzulassen. Manchmal richtet sich eifersüchtiges oder auffälliges Verhalten nicht gegen andere Artgenossen oder Familienmitglieder, sondern ist eine Reaktion auf Veränderung. Ein klassisches Beispiel ist der bevorstehende Familienurlaub. Manche Katze entwickeln ihren Unmut bereits vor Urlaubsantritt und pinkeln in den Reisekoffer ihrer Menschen.
KLARE KOMMUNIKATION
Katzen zeigen uns deutlich, wenn sie sich wohlfühlen. Sie schnurren und streichen dem Menschen sanft um die Beine. Auch haben Katzen ihren eigenen Kopf und lassen sich von ihrem geplanten Vorhaben nicht abbringen. So bestand mein Jio immer lautstark darauf, Wasser vom tröpfelnden Wasserhahn zu trinken. Katzen sind facettenreiche Persönlichkeiten, die uns oft vor große Herausforderungen stellen. Wenn sie uns anschauen und schnurren, wissen wir, wie wundervoll es ist, so ein zauberhaftes Wesen an seiner Seite zu haben.
SABINA PILGUJ
HEILPRAKTIKERIN FÜR PSYCHOTHERAPIE
Autorin, Stress in Balance-Coach, Tierpychologie (ATN)
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