Labordiagnostik: Vetscreen
BLUTBILD & GESUNDHEITSSCREEN
Bestimmt haben Sie auch Patienten in Ihrer Praxis, deren Symptomatik oder Krankheitsbild eher unspezifischer Natur sind. Hier stellt sich die Frage: Wo setze ich diagnostisch an, um einen genauen Überblick über den Gesundheitsstand zu bekommen und die Ursachenfindung zu beschleunigen, um dem Patienten samt Tierhalter schnell helfen zu können? Unsere Empfehlung: Setzen Sie ein Gesundheitsscreen schon recht früh im Untersuchungsplan an.
Was ist ein Gesundheitsscreen?
Im Gesundheitsscreen werden die wichtigsten Laborparameter angesprochen.
Was sagen mir die Parameter von Screening untersuchungen?
Das Gesundheitsscreen ist eine Zusammenstellung verschiedener Parameter für die Tätigkeit der Organe, das Körpermilieu, die allgemeine Abwehrund Versorgungssituation. Es ist gleichzeitig ein Barometer für Schweregrad, Prognose und Therapieverlauf. Konzipiert für Einstiegsdiagnostik bei unklaren, komplexen bzw. „vorbelasteten“ Krankheitsbildern. Mit diesem Gesundheitscheck lassen sich die Weichen für nachfolgende Untersuchungen oder die gezielte Therapie stellen, und seuchenhafte Erkrankungen können erkannt werden. Die Labordiagnostik hilft u. a. auch, Verdachtsdiagnosen anhand des klinischen Bildes zu sichern. Das Gesundheitsscreen umfasst die Organwerte und ein großes Blutbild. Im Folgenden sind Anmerkungen zur Aussagekraft eines solchen Screenings inkl. Blutbild angezeigt: Gibt es Hinweise auf eine Organerkrankung? Es sollte abgeklärt werden, ob es Informationen dafür gibt, dass Leber, Niere oder Pankreas in der Funktion beeinträchtigt sind. Daneben gilt es zu klären, ob die Organe intakt sind oder Zellschädigungen vorliegen. Bei Auffälligkeiten wird mit einem Gesundheitscheck die Frage beantwortet, welche/s Organ/e betroffen ist/sind.
Welche Parameter wofür?
LEBER: ALT, AST, GLDH, GGT (Enzyme)
LEBERFUNKTION: Bilirubin, Cholesterin
NIERENFUNKTION: Harnstoff (Urea), Kreatinin
PANKREASENZYME: Amylase, Lipase
EIWEISSSTOFFWECHSEL: Gesamteiweiß
DIABETES MELLITUS: Fruktosamin, Glukose
MUSKELENZYME: CK (Kreatinkinase), AST
MINERALIEN: Natrium, Kalium, Magnesium
KNOCHENSTOFFWECHSEL: Kalzium, Phosphat
SPURENELEMENT: Eisen
Die Parameter
HARNSTOFF UND KREATININ:
- Hinweise auf Nierenfunktion bei allen Tierarten
- Kreatinin steigt erst an, wenn ca. 75% der Organfunktion fehlt
- Harnstoff wird auch von Nahrungsaufnahme und Eiweißstoffwechsel beeinflusst
ALT, AP
- Hinweise auf Unversehrtheit oder Zellschaden der Leber
- AP ist bei der Katze erst bei massivsten Gewebeschäden erhöht
- Hat ein zirrhotischer Umbau des Gewebes stattgefunden, ist die Funktion beeinträchtigt, die Enzymkonzentration aber nicht (mehr) erhöht
AST, CK
- u.a. Muskelparameter; Anstieg weist auf Zellzerstörungen hin
- Leichte Anstiege werden auch nachgewiesen nach Injektionen oder nach andauerndem Liegen
- Muskelrisse oder Kreuzverschlag führen zu mindestens 10-facher Erhöhung über dem Referenzwert
Eiweiß
- Maß für Leberfunktion, fällt aber erst sehr spät!
- Anstieg im Rahmen chronischer Entzündungen, z.B. wenn massiv Antikörper gegen Infektionserreger gebildet werden
Na, K, Ca, Mg
- Imbalancen geben Hinweis auf Störungen des Mineralstoffwechsels
- Verändert besonders bei Wasserverlust (Durchfall, Erbrechen), Tumorverdacht, Umstallung auf Weide (Großtier), nach Abkalben oder nach Werfen (Großtier: bei Beginn der Laktation; Kleintier: häufig erst Wochen später)
- Hinweis auf endokrine Störungen
Amylase, Lipase
- Hinweis auf Entzündungen des Pankreas (erhöhte Werte)
- Kein Hinweis auf exokrine Pankreasinsuffizienz möglich! (Andere Produktionsorte der Enzyme verhindern einen erkennbaren Abfall, auch wenn die Verdauungsfunktion des Pankreas schon massiv eingeschränkt ist)
Das Blutbild (Hämatologie)
Es besteht aus: Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten, Hämoglobin und Hämatokrit. Differenzialblutbild: Bietet einen allgemeinen Überblick über den generellen Gesundheitsstatus. Besonders indiziert bei kranken Patienten, als Prä-OP-Screen, Vorsorge im Alter oder als Kontrolle bei vormals auffälligen Tieren. Neben den Serumparametern sollte immer auch ein Blutbild erstellt werden, was beim Gesundheitsscreen enthalten ist. Die Zahl der Leukozyten (weiße Blutzellen) und Verteilungsmuster der Subpopulationen schließen aus oder geben Hinweise.
ERHÖHTE LEUKOZYTENZAHLEN
- Bakterielle Entzündungen, Urämie, Diabetes mellitus, Darmtoxine
- Muskelkrankheiten, Tumore, Hyperthyreose, Cushing-Syndrom
- Anwendung von Corticosteroiden, ACTH, Thyroxin und TSH
- Traumen, Blutungen
- Bauchfell- und Brustfellentzündung, Gebärmutterentzündung
ERNIEDRIGTE LEUKOZYTENZAHLEN
- Virale Entzündungen (z.B. Parvovirose)
- Erhöhter Leukozytenverbrauch durch Schock, Blutdruckabfall, Kreislaufinsuffizienz
- Auch bei Salmonellen beim Pferd
ERHÖHTE EOSINOPHILE GRANULOZYTEN
- Parasitenbefall
- Allergien
- Lungenentzündung
- Infektionskrankheiten – während Heilphase
- Läufigkeit der Hündin
- Selten beim Morbus Addison
ERNIEDRIGTE EOSINOPHILE GRANULOZYTEN
- Infektionskrankheiten (Anfangsphase oder akute Infektionskrankheit)
- Urämie
- Entzündungen
- Corticosteroide
- Stress
- Cushing-Syndrom
ERHÖHTE BASOPHILE GRANULOZYTEN
- Bei Dirofilarien, Allergien, basophiler Leukämie (seltene Tumorerkrankung)
ERHÖHTE LYMPHOZYTEN
- Besonders bei Katzen unter chronischem Stress erhöht
- Bei chronischen Infektionskrankheiten
- Bei viralen Infektionskrankheiten
- Cushing-Syndrom
ERNIEDRIGTE LYMPHOZYTEN
- Akute Stresssituation
- Akute Infektionskrankheiten
- Immunsupressive Therapie
- Angeborene oder erworbene Immundefizienz
- Immunsupression
- Corticosteroide
- ACTH-Therapie
- Chronische Niereninsuffizienz
ERHÖHTE MONOZYTEN
- Chronische Infektionskrankheiten
- Cushing-Syndrom
- Corticosteroide
- ACTH-Therapie
- Hämolytische Anämie
- Entzündung des Bauchfells oder des Brustfells
ERHÖHTE NEUTROPHILE GRANULOZYTEN
- Aufregung, Furcht, körperliche Belastung
- Infektionskrankheiten (bakteriell, Protozoon oder Mykosen)
- Intoxikation
- Tumore
- Cushing-Syndrom
- Hyperthyreose
- Überempflindlichkeitsreaktionen
- Hämolytische Anämie
- Lupus
ERNIEDRIGTE NEUTROPHILE GRANULOZYTEN
Segmentkernige = ausgereifte Granulozyten
Stabkernige = nicht ganz ausgereifte Granulozyten
- Virale Infektionskrankheiten (besonders Parvovirose)
- Einige Protozonoosen (z.B. Toxoplasmose)
- Einige Rickettsiosen (v.a. Ehrlichiose)
- Schock
Das rote Blutbild wird durch die Parameter Erythrozyten, Hämoglobin und Hämatokrit charakterisiert. Anä- mien (erniedrigte Werte) auf der einen Seite oder Hämokonzentrationen (z.B. durch massive Durchfälle) auf der anderen Seite können so nachgewiesen werden. Auch – vielmehr gerade – wenn bei der klinischen Untersuchung eine Anämie erkennbar ist, sollte einen Laboruntersuchung zur Feststellung des Ausmaßes erfolgen. So können therapeutische Maßnahmen besser ausgewählt werden. Weitere spezifische Screens für ältere Patienten – wie Alters-, Leber-, Nieren-, Polyurie- und Pankreatitis-Screen etc. – sind möglich.
Fall Ronja
- 13 Jahre alte, nicht kastrierte Hündin
- seit ein paar Tagen schlapp
- Fieber
- trinkt sehr viel, bricht und hat Bauchschmerzen
BLUTBILD
- Rotes Blutbild: ohne Befund
- Leukozyten: massiv erhöht
- Differentialblutbild: Neutrophilie mit Linksverschiebung
KLINISCHE CHEMIE (GESUNDHEITSSCREEN): OHNE BEFUND
- Mittels Ultraschall wurde bei Maja eine massive Pyometra (Gebärmutterentzündung) festgestellt
- Operation wurde mit gutem Erfolg durchgeführt
- Blutbild normalisierte sich nach Genesung
Fall Maxi
- British Shorthair, weiblich, 2 Jahre alt
- Juckreiz im Gesicht
- Kleine Erosionen im Maulbereich
BLUTBILD
- Eosinophile massiv erhöht, Verdacht auf eine allergische Reaktion. Futtermittelallergie?
WEITERE UNTERSUCHUNGEN ZUR ABKLÄRUNG
- Allergietest auf Futtermittel (Reaktionsklasse hoch bei Rindfleisch)
BEHANDLUNG
Eine Futterumstellung wurde durchgeführt, Patient seither ohne Probleme.
Fall Boomer
- Rauhaardackel, männlich-kastriert, 10 Jahre alt
- apathisch, inappetent
- verspanntes Abdomen, Erbrechen
- Polyurie, Polydipsie, Dehydratation
Ein Gesundheitsscreen wurde erstellt: Pankreaswerte (Amylase, Lipase) massiv erhöht: Pankreatitis sehr wahrscheinlich; Nierenwerte (Harnstoff, Kreatinin) erhöht: Anstieg vermutlich prärenal bedingt; Leberwerte (ALT, AP) erhöht: Leberzellschaden (sekundär, räumliche Nähe zu Pankreas); Fruktosamine erhöht: Akute Pankreatitis kann zu einem vorübergehenden Diabetes mellitus führen.
Weitere Parameter zur Absicherung der Diagnose Pankreatitis sind TLI bzw. PLI, wobei die Blutentnahme beim nüchternen Tier erfolgen sollte.
PROGNOSE
Pankreatitis: Trotz massiv veränderter Werte oft gut therapierbar (Ursache abklären). Mit Rezidiven muss gerechnet werden. Auf Fütterung achten!
Fazit
Labordiagnostik stellt eine Möglichkeit dar, eine Diagnose zu objektivieren und in ihrer Relevanz einzuschätzen. Dabei ist es wichtig, das Laborergebnis richtig zu interpretieren. Bei allgemeinen Fragen hierzu oder zur Auswahl des geeigneten Screens können Sie uns gerne anrufen oder uns eine E-Mail schreiben. Wir freuen uns auf Sie!
Ihr Tierheilpraktikerlabor
Tel. 0971/78 59 79 02
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