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Fallstudie Ganzheitliche Pferdetherapie bei 7-jährigem Sportpferd

ANAMNESE

Schelly, eine wunderschöne 7-jährige Rappstute mit Taktunreinheiten bis hin zu immer wiederkehrenden Lahmheiten. Außerdem ausgeheilte Magenprobleme, wirkt sehr nervös und schreckhaft, ist dadurch schwierig im Umgang. Zeigt einen ausgeprägten Fluchtreflex.
Vierjährig wurde sie von einer jungen Dame mit Turnierambitionen erworben. Laut der aktuellen Besitzerin wurde Schelly möglicherweise viel zu früh und zu schnell antrainiert und aufgrund eines Weideunfalls und einer nicht zufriedenstellenden rittigen Entwicklung als junge Stute verkauft. Schelly hatte in der Vergangenheit zwei Verletzungen. Durch die langen Rehabilitationen ist sie eher auf dem Stand eines 5-jährigen Pferdes.
Der erste Eindruck veranlasste mich, die Stute stationär in einer Klinik vorzustellen, um eine genaue Diagnostik zur vorhandenen Schmerzsymptomatik durchführen zu lassen. Dabei wurden auch gynäkologische Probleme festgestellt und in der Klinik behandelt. Weiterhin wurden zwei vergrößerte Facettengelenke in der Halswirbelsäule entdeckt, die laut Ärzten jedoch unproblematisch seien. Neurologisch und labortechnisch zeigte sich Schelly komplett unauffällig.

KÖRPERLICHE UNTERSUCHUNG

  • Zeigt ein Schmerzgesicht
  • Anfassen schlecht möglich
  • Schnappen und Ohren angelegt
  • Sehr sensibel bei Berührung
  • Deutliche Abwehrreaktionen
  • Die körperliche Untersuchung war aus Sicherheitsgründen nur sehr vorsichtig und leider nicht umfangreich möglich
  • Erschwerend kam Misstrauen bei fremden Menschen hinzu, denn Schelly zeigt einen sehr festen Muskeltonus, weit aufgerissene Augen, und Stillstehen war für sie unmöglich
  • Sie tänzelte mit der Vorhand hin und her, stellte das rechte Vorderbein weit nach vorne, um es nicht zu belasten – alles ähnelte einem Steppen, weil sie es immer wieder absetzte und aufstellte
  • Schelly lief barhufig, hatte eine angepasste Hufbearbeitung in kleinen Schritten, ein Huf zeigte eine leichte Tendenz zum Bockhuf
  • Besonders die Sattelgurtlage war sehr empfindlich, aber auch der Rücken, Kopf-, Hals- und Genickbereich
  • Insgesamt wirkte das Pferd wirkte wie zusammengezogen: Sehnen, Bänder und Muskeln waren fest
  • Ein Auskratzen der Hufe war fast unmöglich, denn darauf reagierte Schelly mit Zittern auf dem angehobenen Bein und setzte dieses oft ab, sodass man das Gefühl hatte, sie würde jeden Moment hinfallen
  • Das Laborbild war zur Entlassung unauffällig – Schelly wurde bisher mit Müsli gefüttert, kein Mineralfutter, keine Vitamine, Spurenelemente oder kurweise Zink im Fellwechsel
  • Die meisten Symptome blieben nach dem Klinikaufenthalt weitgehend erhalten.
    Schelly wurde zur Rehabilitation für drei Monate auf die Wiese gestellt, erst danach fing die therapeutische Arbeit an.

THERAPIE

Zu Beginn der Therapie liegt der Fokus auf dem Vertrauensaufbau. Um Schelly zu zeigen, dass ihr nichts passieren wird, testete ich in Ruhe über den Blasenmeridian den energetischen Zustand. Damit kommt man in eine „interaktive“ Kommunikation, die für Außenstehende zuerst unspektakulär wirkt, dem Therapeuten aber viele Informationen liefert. Schelly zeigte deutliche Auffälligkeiten auf beiden Seiten im Bereich des 3. und 4. Halswirbels, was ja bereits in der Klinik diagnostiziert wurde. An Genick und Maul ließ sie sich nach wie vor nicht anfassen.
Im weiteren Verlauf zeigten sich kleinere Störfelder am Rücken und im Lendenbereich. Letzterer wirkte etwas gestaucht und hatte eine minimale Aufwölbung, die dort nicht hingehört. Das war der Hinweis, später auch den Sattel zu überprüfen. Das Ganze dauerte 2,5 Stunden, da sich die Stute nur sehr schwer öffnen konnte. Das änderte sich im Verlauf etwas. Es wurde ein weiterer Termin vereinbart, um Vertrauensarbeit bis hin zum Genick abtasten, Maulhöhle/ Schleimhaut prüfen, Kieferkontrolle und den noch ausstehenden Sattelcheck durchzuführen.
Die nächsten Termine verliefen seitens der Stute unspektakulärer. Sie war immer noch misstrauisch, konnte sich aber jedes Mal mehr und auch viel schneller auf mich einlassen. Der Sattelcheck zeigte, dass er zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr passend war. Durch die lange Pause nach der Klinik hatte sich Schelly muskulär stark verändert, sodass ich zuerst davon abriet, ihn wieder einzusetzen. Wir besprachen das weitere Vorgehen, den abwechslungsreichen Bewegungsaufbauplan möglichst mit Handarbeit am Kappzaum, späterem Longieren am Kappzaum, etwas Stangenarbeit, viel Spazierengehen und einer Futterumstellung mit wenig Zucker, magenschonend mit qualitativ hochwertigem Mineralfutter, kurweise Zinkchelat zum Fellwechsel und einer kurweisen Vitamin-B-Versorgung über den Winter als ganzheitliches Konzept.
Um die harten Muskeln zu entspannen, wurde die Equispa-Tiefenwärme nach Zwaller® eingesetzt.

Eine uralte, tiefgreifende Behandlungsmethode, die bei uns Menschen als Fango (Heilschlamm) bekannt ist und bereits seit 1916 erfolgreich Anwendung findet. Es handelt sich in der Pferdetherapie um eine Decke mit angenähten Taschen, entwickelt von THP Petra Zwaller aus Baden-Württemberg. In diese Taschen werden aufgewärmte Moorkissen eingelassen. Diese werden vorher in einem Wasserbad bis zu 70°C aufgeheizt. Sie funktionieren wie ein Akku und speichern die Wärme über einen längeren Zeitraum. Die erste Wirkung tritt nach ca. 20 Minuten ein, was die Pferde deutlich durch Kauen, Schlecken, Kopf absenken oder sich strecken und dehnen zeigen.
Um die Durchblutung zu fördern und den Körper nachhaltig zu entspannen, wurde Moorsole auf den Pferdekörper aufgetragen. Moorsole enthält Huminsäure, die oxidativen Stress reduziert und eine entschlackende und entgiftende Wirkung aufweist. Schadstoffe, Gewebswasser und Toxine werden abtransportiert. Durchblutung und Lymphsystem werden angeregt. Selbst gefäßarme und schlecht durchblutete Regionen wie Sehnen, Bänder und Knorpel profitieren von der Anwendung. Es wird eine Art künstliches „Heilfieber“ erzeugt. Immunabwehr und Stoffwechsel werden aktiviert. Ein Impuls reicht, den Rest erledigt der Organismus im Selbstheilungsprozess. Die Wärme spricht den Parasympathikus an, den Teil des Nervensystems, der für Ruhe, gute Verdauung und gleichmäßige Atmung sorgt. Diese hyperthermische Wirkung hält noch lange nach der Anwendung an.
Da es auch Kontraindikationen gibt, ist anzuraten, Tiefenwärme nicht ohne einen Fachtherapeuten anzuwenden, da es bei zu hohen Temperaturen oder zu vielen Moorkissen zu Herz-Kreislaufproblemen kommen kann.
Der Equispa-Fachtherapeut hat eine entsprechende Schulung absolviert, kennt die Risiken und ist in der Lage, zu entscheiden, ob die Tiefenwärme im Einzelfall angewendet werden kann oder nicht.
Im vorliegenden Fall wurde die Stute auf Kontraindikationen auch mittels einer Ganzkörper-Thermographie untersucht. Sie wurde dann auf der kompletten Oberlinie von Hals bis Sacrum mit der Moorsole eingerieben, da sie am ganzen Körper so fest war, dass eine Physiotherapie oder Massage viel zu lange gedauert hätte, um die vorhandenen Traumata nicht nur körperlich, sondern auch mental zu lösen und das Schmerzgedächtnis auszuschalten.
Da sich die Stute immer noch nicht überall entspannt anfassen ließ, bot sich diese Anwendung hervorragend an. Zusätzlich wurde zur Decke das Halsteil verwendet. Es dauerte wieder ein wenig, bis die Stute sich darauf einlassen konnte. Sie wurde erst etwas nervös, merkte aber sehr schnell, dass nichts passiert, und konnte langsam entspannen. Das zeigte sie durch Kopfsenken, Lecken, Kauen und kurz vor Ende der Anwendung mit ausgiebigem Gähnen und Augenverdrehen. Man merkte ihr an, dass sie in sich hineinhorchte, als würde sie jede einzelne Zelle ihres Körpers spüren.
Die Besitzerin war überwältigt, denn so hatte sie ihre hypersensible Stute noch nie gesehen. Sie bekam einige Übungen an die Hand, um auch selbst die Stute zu unterstützen. Durch den unermüdlichen Einsatz der Besitzerin zeigte sich eine immer weiter verbessernde Situation sowohl im Handling mit dem Pferd als auch im physischen und psychischen Zustand des Pferdes.

LANGFRISTIGE WEITERBEHANDLUNG

Die Stute bekommt nun regelmäßig 3- bis 4-mal im Jahr zur Physio-/Osteobehandlung präventiv Equispa-Tiefenwärme, um mental zu entspannen und die Muskulatur zu entlasten. Ihr Mind ist aufgrund ihrer Vergangenheit und Blutlinie viel mehr im Sympathikus-Modus. Pferd und Halterin sind inzwischen ein gut eingespieltes Team, die Besitzerin konnte im Zuhören sensibilisiert werden und merkt jetzt sofort, wenn etwas nicht stimmt. Sie schafft es mit den Übungen, ihre Schelly aus kleineren Anspannungen sofort wieder rauszuholen bzw. es nicht wieder zu einem „Festmachen“ kommen zu lassen. Einige Monate später konnte Schelly viel entspannter und ruhiger in der Stallgasse stehen, obwohl es draußen wild stürmte. Das Vertrauensverhältnis konnte auf beiden Seiten enorm verbessert werden. Beim ersten Turnier, nur wenige Wochen nach der letzten intensiven Behandlung, wurden die beiden mit dem 1. Platz in der Dressurprüfung belohnt, und das, obwohl Schelly an den mit Blumen geschmückten Tischen in einer ihr völlig unbekannten Halle vorbeilaufen sollte.

TATJANA GROTEN
TIERHEILPRAKTIKERIN

TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
Equispa-Tiefenwärme nach Zwaller®, Physiotherapie, Osteopathie, Pferde- und Sattelthermographie

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Fotos: © T. Groten