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Akute Bakterielle Hepatitis beim Hund

EIN NOTFALL

Meine geliebte 14-jährige Collie-Australian-Shepherd-Mix-Hündin Tinkerbell erkrankte vor Kurzem an einer akuten bakteriellen Hepatits (Leberentzündung). Am Abend des 23. Januars erbrach sie ihr Frühstück. Da es etwas Neues zu Fressen gegeben hatte, führte dies bei mir zunächst nicht zu besonderer Besorgnis. Am nächsten Morgen war sie allerdings inappetent und verweigerte ihr Futter. Sie zeigte einen reduzierten Allgemeinzustand und eine erhöhte Temperatur von 39,5 °C.
Ich machte mich sofort mit ihr auf den Weg zum Tierarzt, doch bereits auf dem Weg zum Auto brach sie zusammen. Mit Mühe konnte ich den 30 kg schweren Hund zum Auto tragen und schnell zum Doc fahren. Dort angekommen, half die Tierarzthelferin beim Transport in den Behandlungsraum. Die Temperatur war inzwischen auf 40,6 °C angestiegen, sodass die Tierärztin sofort eine fiebersenkende Novalgin-Injektion und eine subkutane Infusion mit Ringer-Lösung verabreichte. Danach zog sie eine Kollegin hinzu, weil der Kreislauf meiner Hündin so schwach war, dass es kaum möglich war, einen Venen-Zugang zu legen. Als die Kollegin eintraf, war Tinkerbell in einem nahezu komatösen Zustand und nicht mehr ansprechbar. Die Tierärztin bereitete mich darauf vor, dass es jetzt möglicherweise an der Zeit sei, sich zu verabschieden. „Nein, nicht jetzt und nicht heute!“ Es fühlte sich falsch an.

Trotz ihres lebensbedrohlichen Zustandes schlug ihr Herz immer noch kräftig und gleichmäßig, was die Tierärztinnen sehr erstaunte. Nach erfolgreich gelegtem Venen-Zugang sank allmählich ihre hohe Temperatur.

Auf meinen Wunsch hin wurden Röntgenbilder vom Abdomen angefertigt, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Als ich 10 Minuten später den Röntgenraum betreten durfte, war mein Hund wieder wach und blickte mich an. Die Leber war stark vergrößert, was auf eine mögliche Hepatitis schließen ließ. Es wurde Blut abgenommen, und das Labor bestätigte am Folgetag die Verdachtsdiagnose, denn alle Leber- und Entzündungswerte waren stark erhöht. Tinkerbell bekam eine Antibiosetherapie mit Baytril und Synulox sowie Novalgin s.c. für die folgende Woche verordnet. Dazu tägliche Infusionen morgens und abends mit jeweils 250 ml Ringerlösung s.c. Weil ich als Tierheilpraktikerin die weitere Versorgung sicherstellte, konnte sie nach Hause entlassen werden.

WEITERE BEHANDLUNG


Um die Leber keinesfalls zu belasten, habe ich die Medikation in der ersten Woche auf diese Medikamente beschränkt. Tinkerbells Inappetenz blieb bestehen, aber durch Handfütterung war es möglich, der Hündin kleinere Mengen Futter schmackhaft zu machen. Sie lag viel, hatte einen reduzierten Allgemeinzustand und brauchte stets Hilfe beim Aufstehen und Laufen. Ihr Rücken, der altersbedingt normalerweise eine leichte Lordose aufwies, war aufgrund von Bauchschmerzen aufgewölbt. Sie verweigerte harte Nahrung wie getrocknete Rinderhaut und drückte ihren Kopf immer wieder an Gegenstände oder Wände, was auf Kopfschmerzen schließen ließ. Da Schwindel und Kopfschmerzen auch als Nebenwirkungen von Novalgin auftreten können, versuchte ich, das Schmerzmittel abzusetzen, wodurch die Temperatur sofort wieder anstieg. Dies war also noch keine Option.

Außerdem war sie nachts sehr unruhig und bellte häufig, weil sie Hilfe beim Aufstehen benötigte.
Die erste Woche verging mit leichten Verbesserungen ihres Allgemeinzustandes, und Tinkerbell konnte zum Folgetermin bei der Tierärztin immerhin wieder selbst laufen. Dabei brauchte sie allerdings noch viel Unterstützung in Form einer speziellen Gehhilfe.
Die Tierärztin war mit den geringen Fortschritten nicht glücklich und sprach offen an, dass sie den Hund erlösen würde, wenn es ihrer wäre, sie aber auch bereit sei, mich bei der weiteren Behandlung bestmöglich zu begleiten, wenn ich das versuchen wolle. Da wir schon eine harte Woche gekämpft hatten, versuchten wir weiter, sie zu retten. Baytril wurde abgesetzt und als einziges Antibiotikum nur noch Synulox weitergeführt. Da Tinkerbell zwar nur aus der Hand, aber immerhin fressen wollte, stellten wir das Antibiotikum auf eine orale Gabe um, sodass wir Spritzenabszessen, die durch Synulox-Injektionen vermehrt auftreten können, vorbeugten.

 

Am folgenden Tag war der Schwindel sehr schlimm, und am Nachmittag lag Tinkerbell mit seitlich geneigtem und überstrecktem Kopf am Boden und konnte sich kaum noch bewegen, geschweige denn stehen – es hatte sich ein Vestibularsyndrom (Störung des Gleichgewichtsorgans) entwickelt. Als Erste-Hilfe-Maßnahme verabreichte ich ihr zunächst 8 Tropfen 10-prozentiges CBD-Öl, wodurch die Muskelspannung unmittelbar nachließ und sie den Kopf wieder gerade halten konnte. Außerdem hängte ich Tinkerbell sofort wieder an die Infusion, wodurch sich ihr Zustand ein wenig besserte. Nun dachte auch ich über die Euthanasie nach und war am Zweifeln. Was tun?

UMSTELLUNG DER THERAPIE


Ich setzte Novalgin ab und stellte das Schmerzmanagement auf PEA (Palmitoylethanolamid) um. Die antibiotische Behandlung ergänzte ich mit Mariendistel, um die Leber zu unterstützen, und gab ihr hohe Dosen Chlorella. Ich wählte Chlorella, weil es gehirngängig ist und Kopfschmerzen und Schwindel durchaus eine Folge von Vergiftungserscheinungen im Gehirn sein konnten. Zur Behandlung des Vestibularsyndroms bekam meine Tinkerbell 2-mal täglich Karsivan- und Ginkgo-Tabletten, um die Durchblutung anzukurbeln. Weiterhin 2-mal täglich Infusionen mit jeweils 250 ml Ringerlösung s.c.

Um das Allgemeinbefinden und die Rekonvaleszenz zu unterstützen, injizierte ich der Hündin 2-mal täglich Catosal und Vitamin B12 s.c. Probiotika parallel zur Antibiose sind obligat und wurden seit Beginn der Therapie gegeben.

PEA (PALMITOYLETHANOLAMID), ein Fettsäureamid, das in Tieren, Pflanzen und Einzellern natürlich vorkommt. Seine Hauptfunktionen sind das Stillen von Schmerzen, das Hemmen von Entzündungen und der Schutz von Zellen sowie Gewebe.
In der Naturheilkunde wird PEA vorwiegend bei chronischen Schmerzen (z. B. Arthrose, Migräne, Fibromyalgie, IBD, Pankreatitis), bei neuropathischen Schmerzen (z. B. Ischias, Bandscheibenvorfall, Gürtelrose, Multiple Sklerose, Nervenkompressionssyndrom), bei chronischen Entzündungen (z. B. IBD, Alzheimer, Blasenentzündung, Arteriosklerose, Vaginitis), aber auch bei akuten Entzündungen wie Erkältung und Grippe angewendet. Des Weiteren wird es bei Angstzuständen, depressiven Verstimmungen, Epilepsie und Krebs empfohlen.

MARIENDISTEL, die bekannteste Leber-Pflanze in der Naturheilkunde wird seit dem 18. Jahrhundert phytotherapeutisch eingesetzt. Sie wirkt entzündungshemmend, immunstimulierend und antioxidativ. Die Samen enthalten das Flavonoid Silibinin, das durch Neubildung gesunder Leberzellen die Regeneration fördert und durch Stärkung der Lipidstruktur die Leberzellmembran stabilisiert. Die Mariendistel wirkt nicht nur antioxidativ, sondern regt auch die körpereigene Lebertätigkeit an. Sie wirkt zellschützend, antihepatotoxisch (neutralisiert Lebergifte), hepatoprotektiv (schützt Leberzellen), leberregulierend, verdauungsfördernd, antimykotisch und cholesterinsenkend. Außerdem regt die Mariendistel die Gallenbildung der Leber und die Gallenblasenentleerung an.

 

CHLORELLA ist eine Mikroalge, ein mikroskopischer Einzeller, der die höchste Konzentration an Chlorophyll unter allen Lebewesen enthält. Es erhöht die Regenerationsfähigkeit der Körperzellen und wirkt positiv auf den Säure-Basen-Haushalt. Chlorella hat eine hohe Bioverfügbarkeit und beschleunigt den Transport von Glukose in Muskelzellen und Leber, sodass schnell Energie zur Verfügung gestellt wird. Die gesättigten, ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren helfen, Darmparasiten, Bakterien und Viren abzutöten. Neben wichtigen Vitaminen wie B-Vitamine, Biotin, Vitamin A, C, D, E und K enthält es Mineralstoffe wie Kalzium, Kalium, Magnesium und Natrium sowie Spurenelemente, u. a. Eisen, Zink, Kupfer, Selen und Mangan.

Ihr wichtigstes Einsatzgebiet in der Naturheilkunde ist die Entgiftung. Chlorella enthält mehrere entgiftende Stoffe (z. B. Carotinoide, Glutathion, Glykoproteine), die stark antioxidativ und zellschützend wirken. Durch seine Fähigkeit, Schwermetalle im Körper zu binden und diese auszuleiten sowie organische Toxine zu neutralisieren, ist es ein sehr wertvolles Therapeutikum bei der Entgiftung.

KARSIVAN ist ein apothekenpflichtiges Veterinärmedikament mit dem Wirkstoff Propentofyllin. Es fördert die Durchblutung von Gehirn, Organen und Muskulatur, das vorwiegend zur Behandlung demenzieller Erscheinungen bei Hunden eingesetzt wird, weil seine vasodilatatorische Wirkung die Gehirnleistung erhöht. Durch die verbesserte Sauerstoffversorgung des Gewebes wird dieses vor ischämischen Schädigungen geschützt und mit mehr Energie versorgt. Die verbesserte Durchblutung wirkt sich auch positiv auf die Herzleistung älterer Patienten aus. Eine Modulation

der Immun- und Entzündungsreaktion ist durch die Adenosinpotenzierung durchaus denkbar.
In der Veterinärmedizin konnte schon häufig eine positive Auswirkung in der Anwendung beim Vestibularsyndrom beobachtet werden.

GINKGO BILOBA ist ein aus China stammender Baum, der schon vor 300 Millionen Jahren auf der Erde existierte. Blätter, Samen sowie Wurzeln enthalten die Flavonoide Quercetin und Kaempferol, Terpenoide und Ginkolsäure.
Die Flavonoide wirken antioxidativ und können bösartige Freie Radikale neutralisieren. Die Terpenoide Ginkgolide A, C und V sowie Bilobalid wirken durch Vasodilatation durchblutungsfördernd und helfen, die Sauerstoffversorgung zu steigern.
In der TCM und Naturheilkunde wird Ginkgo zur Therapie bei Demenz- und Alzheimer-Patienten eingesetzt. Seine positive Wirkung bei Demenz konnte in zahlreichen klinischen Studien belegt werden. Die durchblutungsfördernde Eigenschaft auf das Innenohr hat schon häufig Tinnitus-Erkrankungen und Schwindel gebessert. Weitere Einsatzgebiete sind Bluthochdruck, Angstzustände, Glaukom, Depression und Migräne.
Cave: Große Mengen an Ginkgosamen und -blättern können giftig sein! Als Gegengift rangiert Vitamin B6.

RINGERLÖSUNG ist eine isotone Infusionslösung, die in vielen Bereichen der Medizin zum Einsatz kommt. Sie wird durch Auflösen von Natriumchlorid, Kaliumchlorid und Kalziumchlorid in Wasser hergestellt und findet Verwendung zum Reinigen von Wunden, als Trägerlösung für Medikamente, zur Behandlung von Hypovolämie, als Ausgleich des Wasserhaushaltes sowie zur Stabilisierung des pH-Wertes. Auch bei der Behandlung des Vestibularsyndroms haben sich Infusionen mit Ringerlösung als hilfreich erwiesen.

CATOSAL (AD US. VET.) ist eine verschreibungspflichtige Injektionslösung mit den Wirkstoffen Burafosfan und Cyanocobalamin (Vitamin B12). Es steigert den Energiestoffwechsel und findet Einsatz bei Krankheit, Stoffwechselstörungen, Schwäche, Entwicklungs- und Ernährungsstörungen sowie als Tonikum bei Überanstrengung und Erschöpfungszuständen.

VITAMIN B12 (COBALAMIN) ist ein wasserlösliches Vitamin, das Kobalt enthält und an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt ist. Besonders relevant ist es für die Verstoffwechselung von Folsäure, und damit für die Blutbildung. Es ist auch am Aufbau des Nervensystems beteiligt. Ein Mangel an Vitamin B12 führt zu Müdigkeit, Schwäche, Blutarmut und Nervenstörungen. Es kommt zu Sensibilitätsstörungen/Lähmungen, Kribbeln in Beinen und Pfoten, Gangunsicherheit plus Sturzneigung, Muskelschwäche, Kopfschmerzen, Verwirrtheit und Konzentrationsschwäche. In Versuchen an Mäusen konnte durch die Gabe von Vitamin B12 und Folsäure beobachtet werden, dass sich Leberentzündungen verlangsamt und Leberfibrosen sogar zurückgebildet haben.

PROBIOTIKA mit Enterococcus faecium, Lactobacillus acidophilus und Mannan-Oligosaccariden (MOS) als Pröbiotika dienen der Stabilisierung des Darmes.

 

Durch die lange Antibiotikagabe von 4 Wochen kann das Darmmikrobiom nachhaltig geschädigt werden, was zu Pilzinfektionen, Darmproblemen, Autoimmunerkrankungen und Allergien führen kann. Im Laufe einer Studie konnte belegt werden, das während einer Antibiose ein Drittel der Darmbakterien stark dezimiert wurde, was eine Dysbakterie bewirkte und das Mikrobiom des Darmes für Jahre schädigte. Pro- und Präbiotika sind während und nach einer Antibiotikatherapie obligat!

ERFOLGE


Bereits am folgenden Tag stellten sich bei Tinkerbell leichte Verbesserungen des Allgemeinbefindens ein. Es kam zu keinen weiteren Fieberschüben mehr, der Schwindel ließ langsam nach und meine Hündin konnte sich, nachdem sie Unterstützung beim Aufstehen erhalten hatte, besser orientieren und bewegen. Sogar die Stufen in den Garten bewältigte sie nach 3 Tagen hin und wieder allein. Nach weiteren 4 Tagen begann sie wieder selbstständig im Stehen zu fressen und musste nicht mehr von Hand gefüttert werden. Die gesenkte Kopfhaltung beim Fressen verursachte ihr offenbar keine Kopfschmerzen mehr, und ihr Appetit war gut. Täglich konnte ich Verbesserungen ihres Allgemeinzustandes beobachten, und als wir eine weitere Woche später zur Verlaufskontrolle in die Praxis gingen, war unsere Tierärztin mehr als überrascht. Tinkerbell hatte den Weg zur Praxis nicht nur allein und ohne Gehhilfe bewältigt, sie war auch in einem guten Zustand, aufmerksam und orientiert. Unsere Tierärztin grinste vor Glück während der gesamten Behandlung, und konnte es kaum fassen. Die folgende Blutuntersuchung belegte, dass die Leber auf einem sehr guten Weg der Regeneration war und die Werte nur noch unwesentlich von der Norm abwichen.

Wir entschieden uns, die Antibiotikatherapie noch eine weitere Woche fortzuführen, um ein Rezidiv zu vermeiden. Vitamin B12 setzten wir ab, da die Blutwerte einen mehr als ausreichenden Spiegel zeigten, und führten die restliche Behandlung wie gehabt fort. Wenige Tage später konnten die täglichen Infusionen eingestellt werden, und nach insgesamt 4 Wochen haben wir das Antibiotikum ganz abgesetzt. Es kam zu keinem Rezidiv.
Zur Erhaltung ihres inzwischen guten Gesundheitszustandes bekommt die Hündin 3 Monate Probiotika, 8 Wochen Mariendistel und Chlorella sowie lebenslang Karsivan und Ginkgo zur Behandlung ihrer leichten demenziellen Erscheinungen, die sie seit einigen Monaten aufweist.
Wir haben es tatsächlich geschafft, und Tinkerbell hat 3,5 Wochen nach ihrer schweren Erkrankung ihren 14. Geburtstag mit uns gefeiert! Mir ist klar, dass sie in ihrem hohen Alter nicht mehr so fit wie ein junger Hund ist, aber Tinkerbell hat sich, entgegen jeder Prognose, gut erholt und macht wieder entspannte Waldspaziergänge mit uns. Unsere Tierärztin freut sich sehr, dass Tinkerbell wieder gesund ist, und ihre Familie ist froh, sie nicht verloren zu haben.

Ich sage mir jeden Tag: „Eines Tages wird sie gehen, aber nicht heute!“

SASKIA BORNATH

TIERHEILPRAKTIKERIN

TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE Mykotherapie, Phytotherapie, Ernährungsberatung, Onkologie, Dentalhygiene bei Hunden

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