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Diabetes Mellitus bei Hund und Katze

THP 5 18 final Page32 Image1DEM ZUCKER AUF DER SPUR

Diabetes kommt bei Hunden und Katzen häufiger vor, als man denkt. Bei Hunden tritt ein Diabetes vor allem in der zweiten Lebenshälfte auf, kann jedoch auch in jüngerem Alter vorkommen. Hündinnen sind viermal häufiger betroffen als Rüden. Katzen sind generell anfällig für einen Diabetes, sodass bei ihnen Diabetes mellitus sogar zu den häufigsten Stoffwechselstörungen zählt. In der Regel tritt die Krankheit bei ihnen im mittleren oder höheren Alter auf. Bei kastrierten Katern wird ebenfalls eine erhöhte Anfälligkeit beobachtet.

Zuckerkrankheit, was ist das?

Diabetes mellitus, umgangssprachlich Zuckerkrankheit, ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die mit zu hohen Blutzuckerwerten einhergeht. Ursache ist ein absoluter oder relativer Insulinmangel. Um Leistung erbringen zu können, benötigt der Körper Energie, die ihm über Zucker (Glukose) zugeführt wird. Das in der Bauchspeicheldrüse gebildete Hormon Insulin sorgt dafür, dass Glukose aus dem Blut in die Körperzellen transportiert wird und diese mit Energie versorgen kann. Produziert die Bauchspeicheldrüse kein oder zu wenig Insulin, können die Zellen die Glukose nicht als Energiequelle nutzen. Die Leistungsfähigkeit lässt nach, der Hunger steigt. Gleichzeitig reichert sich die nicht verwertete Glukose im Blut an, sodass der Blutzuckerspiegel steigt. Ab einer bestimmten Konzentration treten die Zuckermoleküle schließlich in den Harn über und ziehen Wasser mit sich, sodass an Diabetes erkrankte Hunde und Katzen vermehrt Urin produzieren und ausscheiden. Diesen Flüssigkeitsverlust gleichen sie durch vermehrtes Trinken aus.

Unterschiedliche Diabetesformen

Wie beim Menschen gibt es auch bei Hunden und Katzen zwei verschiedene Diabetesformen, je nachdem, ob ein absoluter oder ein relativer Insulinmangel vorliegt. Beim absoluten Insulinmangel ist die Bauchspeicheldrüse nicht in der Lage, Insulin zu produzieren. Dieser Typ-1-Diabetes kommt typischerweise beim Hund vor, aber auch Katzen sind betroffen, wenn auch weniger häufig. Es gibt mehrere Gründe, warum die Bauchspeicheldrüse kein Insulin produziert. Meist liegt es am körpereigenen Abwehrsystem, das die eigenen Zellen angreift. Im Fall von Diabetes Typ 1 sind es die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, die beim gesunden Tier Insulin herstellen. Das Immunsystem stuft sie fälschlicherweise als Eindringlinge ein und bekämpft sie, bis sie zerstört sind. Warum das Immunsystem so reagiert, ist noch nicht genau geklärt.
Bei der Mehrzahl der Katzen liegt Diabetes Typ 2 vor, der beim Menschen auch Altersdiabetes bezeichnet wird. Bei dieser Form produziert die Bauchspeicheldrüse zwar Insulin, aber nicht in ausreichender Menge oder die Wirkung des Insulins ist beeinträchtigt.

Auffällige Symptomatik

Hunde und Katzen, die an Diabetes mellitus erkrankt sind, zeigen deutliche Symptome, an denen Tierärzte, Tierheilpraktiker und Tierbesitzer die Zuckerkrankheit erkennen können. Die Tiere haben vermehrt Durst (med.: Polydipsie), müssen häufig Wasser lassen (med.: Polyurie), verlieren an Gewicht trotz guten Appetits und sind leistungsschwach. Als Komplikation kann beim Hund noch eine Trübung der Augenlinse (grauer Star, Katarakt) auftreten, die zur Blindheit führt. Bei Katzen können Nervenlähmungen an den Hintergliedmaßen (med.: Diabetische Neuropathie) als Begleiterscheinung auftreten. Diese Katzen zeigen ein „hoppelndes“ Gangbild, da sie durch die Lähmungen nicht mehr physiologisch auf den Zehenspitzen, sondern auf dem „platten Fuß“ laufen. Zudem wirkt das Fell Diabetes kranker Katzen oft stumpf, da sie sich nur noch ungenügend putzen.

Die Diagnose ist einfach

Extremer Blutzuckeranstieg kann zu einem lebensbedrohenden Zustand führen. Deshalb ist es wichtig, einen Tierarzt oder Tierheilpraktiker aufzusuchen, sobald sich die ersten Symptome bemerkbar machen. Aufgrund der Symptomatik wird der Therapeut schnell den Verdacht auf Vorliegen einer Zuckerkrankheit äußern. Zur Sicherung der Diagnose wird der Zuckergehalt in Blut und Urin überprüft. Bei Katzen ist ein hoher Blutzuckerwert alleine nicht immer aussagekräftig, da die Blutzuckerwerte bei Katzen auch durch Aufregung ansteigen können. Deshalb wird hier zusätzlich der Fruktosamingehalt im Blut bestimmt. Dieser gibt Aufschluss über die Schwankungen des Blutzuckers während der letzten 10 bis 14 Tage. Sind die Fruktosaminwerte hoch, gilt die Diagnose als gesichert.

Leben mit der Spritze

THP 5 18 final Page34 Image4Hunde, die an Diabetes mellitus erkrankt sind, müssen fast immer ein Leben lang mit Insulin behandelt werden. Nur in Ausnahmefällen ist ein Diabetes heilbar, und zwar dann, wenn der Hund zum Zeitpunkt der Diagnose unter Hormoneinfluss (Progesteron, Gelbkörperhormon) stand oder gleichzeitig an Morbus Cushing (Erkrankung mit Überproduktion an Kortison) leidet. Aber selbst in diesen Fällen bleibt der Diabetes in der Mehrzahl der Fälle bestehen. Hündinnen, bei denen Diabetes mellitus diagnostiziert wurde, sollten möglichst schnell kastriert werden, da die Läufigkeit und die dabei ausgeschütteten Hormone (vor allem Progesteron) negativen Einfluss auf die Zuckerkrankheit haben und zum „Entgleisen“ der Erkrankung im Sinne einer diabetischen Ketoazidose führen können. Bei Rüden ist eine Kastration nicht notwendig. Bei Katzen kann Diabetes reversibel sein, wenn die betroffene Katze frühzeitig behandelt und mit einer speziellen Diät ernährt wird.

Insgesamt zielt die Therapie eines Diabetes mellitus darauf ab, den Blutzuckerspiegel konstant zu senken und den Energiehaushalt zu stabilisieren. Ist das geschehen, ist die Lebensqualität der Tiere wieder genauso hoch wie bei gesunden Tieren. Anders als beim Menschen kann ein Diabetes beim Haustier nicht mit Tabletten behandelt werden. Ein ganz kleiner Anteil der Katzen spricht zwar auf blutdrucksenkende Tabletten an, jedoch nur für eine kurze Zeit, sodass bei Hunden und Katzen die Standardtherapie darin besteht, Insulin zu injizieren. Wie viel Insulin gespritzt werden muss, hängt von der Stoffwechsellage des Tieres ab. Das in Deutschland zugelassene Insulin enthält Lente-Insulin vom Schwein, das in seiner Struktur dem Insulin vom Hund entspricht und dem der Katze sehr ähnlich ist. Gespritzt wird das Insulin unter die Haut. Diese Prozedur, die in der Regel zweimal täglich erfolgen muss, stellt natürlich für Besitzer und Tier eine unangenehme Situation dar, zumal das Insulin vor der Injektion auch vorsichtig hin und her gerollt werden muss. Um Tierbesitzern die Handhabung zu erleichtern, gibt es seit einiger Zeit eine Art Insulinstift, ein komfortables System mit einfacher Handhabung. Der Stift verfügt über ein Einstellrädchen, das eine fehlerfreie und präzise Dosierung gewährleistet, sodass auch Nachbarn oder Verwandte, die das Tier z. B. während des Urlaubes versorgen, die Therapie problemlos weiterführen können. Zur Injektion muss keine Spritze aufgezogen, sondern lediglich der Ablassschieber fünf Sekunden lang gedrückt werden. Nach Beginn einer Insulinbehandlung sind regelmäßige Kontrollen beim Tierarzt/Tierheilpraktiker nötig, um die Blutzuckerwerte zu überprüfen. Empfohlen wird, Diabetes kranke Tiere mehrmals am Tag zu füttern, also die tägliche Futterration auf kleine Rationen aufzuteilen.

Prognose

Bleibt Diabetes unbehandelt oder wird über längere Zeit mit falscher Insulinmenge behandelt, kann der Stoffwechsel völlig entgleisen und das Tier lebensbedrohlich erkranken. Ist das Tier richtig eingestellt, bekommt also täglich die optimale Dosis Insulin und hält den Diätplan ein, kann es ohne Einschränkungen normal weiterleben.

DR. ISA FOLTINDR. ISA FOLTIN
TIERÄRZTIN
RADIOLOGIN
DIPLOM-JOURNALISTIN

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