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Fotokurs Tiere fotografieren: Teil 2 – Medizinische Fotografie

Foto: Dangubic – FotoliaEigentlich stellt das Fotografieren von wissenschaftlichen und medizinischen Themen einen eigenen Berufszweig dar, doch im Zeitalter der Digitalfotografie wurde dieses Berufsfeld in den Arzt-/Zahnarzt-/Tierarztberuf mit integriert. Jeder Arzt/Zahnarzt/Tierarzt, der sich auch Hobbyfotograf nennt, greift heute selbst zur Kamera, wenn es darum geht, Befunde oder medizinische Besonderheiten zu dokumentieren. Und tatsächlich nimmt die medizinische Fotografie im Bereich der Dokumentation einen hohen Stellenwert ein, da sich damit Befundkontrollen besser einstufen lassen und Krankheitsverläufe sogar juristisch belegt werden können. Auch hat die bildliche Darstellung von medizinischen Befunden und Verlaufskontrollen gegenüber rein sprachlichen Mitteln erhebliche Vorteile, weil sie zum einen zur besseren Verständlichkeit des Laien beitragen und zum anderen Emotionen wecken. Doch der Anspruch an die medizinische Fotografie ist hoch und stellt deshalb Hobbyfotografen immer wieder vor Probleme. Diese sind aber vermeidbar, wenn man weiß, was man an Technik und Wissen mitbringen muss.

Probleme vermeiden

Gerade im tiermedizinischen Bereich bleibt oft keine Zeit, um so lange an der Einstellung zu schrauben oder Wiederholungsaufnahmen anzufertigen, bis man eine brauchbare Dokumentation zustande gebracht hat. In der Redaktion erreichen uns Monat für Monat Fotos, die inhaltlich zwar gut gemeint, praktisch aber nicht zu verwenden sind. Insbesondere wenn kleine Körperareale oder kleine Strukturen, wie z. B. Zecken oder Flöhe, dargestellt werden sollen, kann man auf den Fotos die Kernaussage oft nur erahnen, weil das darzustellende Objekt viel zu klein oder zu unscharf abgebildet ist. Grund dafür ist meist eine ungeeignete Ausrüstung für derartige Abbildungen. Probleme ergeben sich auch leicht beim Fotografieren während Behandlungssituationen, insbesondere wenn einem der Tierbesitzer über die Schulter blickt oder die Praxis eigentlich schon eilig verlassen will. Hinzu kommt der begrenzte Raum, die geringe Größe der abzubildenden Struktur, die Kunst mit der Tiefenschärfe, die Einstellung des Lichtes, v. a. bei Kunstlicht, und die Lichtreflexionen durch verwendete Flüssigkeiten, wie z. B. Desinfektionsmittel. Reicht dann die Zeit nicht aus, um in aller Ruhe zu überlegen, wie man die Kamera am besten einstellt, kann das Fotografieren schnell zur emotionalen Belastung werden.

Die richtige Ausrüstung

Foto: clombumbus – FotoliaUm gute medizinische Fotos machen zu können, muss man ein wenig in die Ausrüstung investieren, denn mit vollautomatischen Digitalkameras stößt man schnell an seine Grenzen. Eine Spiegelreflexkamera mit Auswahl an Objektiven bietet gute Optionen und die entsprechende Flexibilität. Viele medizinische Gegebenheiten verlangen eine Nahaufnahme, um sie entsprechend medizinisch korrekt darstellen zu können. Dafür eignet sich am besten ein Makro-Objektiv oder alternativ ein Nahaufnahmeaufsatz. Makro- Objektive lassen sich für Nahaufnahmen optimal fokussieren und verfügen typischerweise über ein Wiedergabeverhältnis der Lebensgrößen von 1:1 und ein großes Blendenmaximum, das in der Regel bei f/2.8 liegt. Die Brennweite sollte zwischen 70 und 100 Millimeter liegen, um noch einen Foto: lantapix – Fotoliabrauchbaren Arbeitsabstand einhalten zu können. Scheut man die Anschaffung eines Makro-Objektivs und arbeitet lieber mit einem Standard-Zoom-Objektiv, kann man sich mit einem Nahaufnahmefilter behelfen. Mit unterschiedlichen Gewinden und in verschiedenen Stärken erhältlich, wird der Filter vorne auf das Objektiv geschraubt und funktioniert dann wie ein Vergrößerungsglas. Diese Filter sind nicht teuer und können individuell oder im Set gekauft werden. Beachtet werden sollte aber, dass sie die Bildqualität herabstufen und daher eine mittlere Blende zwischen f/5.6 und f/8 verwendet werden muss, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Eine Variante zu Nahaufnahmefiltern stellen Zwischenringe dar. Sie sind in der Anschaffung teurer, haben dafür aber keine Auswirkungen auf die optische Qualität der Aufnahme. Konverter sind hohle Rohre, die zwischen Kamera und Objektiv passen und die minimale Fokussierungsdistanz verringern. Am besten verwendet man sie zusammen mit kurzen Fokuslängen, also z. B. zusammen mit einem 50-Millimeter-Objektiv. Da sie keinen großen Arbeitsabstand verursachen, kann man nah am Objekt arbeiten und benötigt dadurch wenig Raum. Da bei kurzen Arbeitsabständen das Licht aber meist begrenzt ist, tut man gut daran, einen Aufsteck- oder Ringblitz als Lichtquelle zu benutzen. Der Vorteil besteht dann darin, dass kleine Blendeneinstellungen verwendet werden können, um die Tiefenschärfe zu verbessern. Falls möglich, ist es auch immer von Vorteil, ein Stativ zu verwenden, denn dieses sorgt für Stabilität und damit für scharfe Bilder.

Foto: PrivatTiefenschärfe

Die verwendete Blende hat einen starken Einfluss darauf, wie das Bild später aussieht, denn die Blendengröße bestimmt die Tiefenschärfe, d. h. den Bereich akzeptabler Schärfe vor und hinter dem Fokuspunkt. So produziert z. B. Blende f/4 eine flache Tiefenschärfe und f/16 eine hohe Tiefenschärfe, die bei medizinischen Bildern meist erreicht werden soll, weil man in der Regel das ganze Objekt scharf darstellen will. Die Tiefenschärfe wird aber auch von der Brennweite des Objektivs und von der Entfernung der Kamera zum Objekt beeinflusst. Bei ansteigender Brennweite und stärkerer Vergrößerung erscheint der scharfe Bereich jeweils flacher.

Ausleuchtung

Foto: PrivatQualität und Richtung des Lichtes können neben der richtigen Kameraeinstellung entscheidende Faktoren für die Qualität des Bildes sein. Stark einfallendes Sonnenlicht sollte generell vermieden werden, da es meist zu hart ist, um kleine Details noch adäquat darstellen zu können. Fotografiert man draußen, z. B. am Pferd, dann ist ein bewölkter Tag am besten geeignet, um gute Fotos zu machen, da die Wolkendecke wie eine große Softbox fungiert. Ist der Lichteinfall zu groß, sollte Schatten gespendet werden, um den Kontrast zu verringern und die Farben im authentischen Bereich zu halten. Oberlicht sollte generell vermieden werden, da es Schatten wirft, die sich ungünstig auswirken. Das beste Licht für Außenaufnahmen hat man am frühen Morgen und am frühen Abend. Fotografiert man tagsüber in geschlossenen Räumen, lässt sich das einfallende Licht meist gut durch Öffnen oder Schließen von Vorhängen oder Jalousien regeln. Man kann aber auch Beleuchtungskörper zum Ausleuchten der darzustellenden Region verwenden, sollte dann aber aufpassen, dass nicht Kunstlicht mit Tageslicht gemischt wird, da die Kamera sonst keine adäquate Farbeinstellung mehr definieren kann.

Foto: FoltinBlickwinkel

Der Blickwinkel des Fotografen kann gerade in der medizinischen Fotografie einen entscheidenden Einfluss auf das Endresultat des Fotos haben. Wichtige Körperareale können bei falschem Blickwinkel kürzer oder länger als in Wirklichkeit oder leicht verzerrt dargestellt werden, sodass es durchaus empfehlenswert ist, die Aufnahme direkt in gerader Linie zu schießen. Aufnahmen aus der Froschperspektive (von unten nach oben) sind für die medizinische Fotografie in der Regel ungeeignet, außer man möchte eine etwas futuristische Übersichtsaufnahme, z. B. im OP, anfertigen. Für Nahaufnahmen zur Falldokumentation sollten aber immer Aufnahmen im 90-Grad-Winkel zum Objekt auf Augenhöhe angefertigt werden. Auch kreative Unschärfen sind bei der klassischen Medizin- oder Wissenschaftsfotografie nicht gefragt, da sie zur sehr vom gewünschten Foto: Foltinwissenschaftlichdokumentarischen Charakter abweichen. Vorteilhaft ist es, bei kleinen abzubildenden Objekten ein Maßband oder Lineal daneben zu legen, um die Größenverhältnisse auf dem Foto hervorzuheben. Um medizinische Fotos für redaktionelle Artikel verwenden zu können, kann es sinnvoll sein, auch das ganze Tier zu fotografieren, damit der Leser eine Vorstellung vom Tier, der erkrankten Region und der Größe der erkrankten Region bekommt.

Fazit

Bei medizinischen Aufnahmen kommt es in erster Linie darauf an, dass das, was abgebildet werden soll, auch scharf abgebildet ist, denn nur so lässt sich der wissenschaftliche Wert dahinter erkennen und der entsprechende Fall richtig dokumentieren. Die Anschaffung eines guten Makro-Objektivs ist daher fast unerlässlich, insbesondere wenn die medizinische Falldokumentation zum Praxisalltag gehört. Bei der Übermittlung der Fotos für den redaktionellen Gebrauch ist darauf zu achten, dass die Bildgröße mindestens 1 MB und eine Auflösung von 300 dpi betragen muss. 72 dpi reichen lediglich für eine Online-Darstellung aus, nicht aber für den Druck.

FRANZISKA KRUG FRANZISKA KRUG
FOTOGRAFIN

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TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE

  • People-, Event- und Tierfotografie für die weltweit größte Bildagentur Getty Images
  • Mitherausgeberin von drei Tiermagazinen

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