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Unsere Tiere und ihre G´schichterl

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Die Auffangstation für Reptilien in München kümmert sich schon lange nicht mehr nur um wechselwarme Tiere wie Reptilien, Amphibien, Fische und Invertebraten, sondern auch um exotische Säugetiere. In dieser Serie möchten wir Ihnen unsere Tiere und die verschiedenen Tierarten, um die wir uns bemühen, vorstellen und näherbringen. Jedes unserer Tiere  hat eine Geschichte hinter sich, die wir mit Ihnen teilen wollen.

THP 3 19 Final Page42 Image1Bereits im ersten „Mein Tierheilpraktiker“-Magazin diesen Jahres berichteten wir von unseren Waschbären und den Problemen, die wir aufgrund der Rechtslage mit diesen Tieren leider haben:
Zitat aus dem Artikel 01/19: Waschbären stehen in der EU leider auf der Liste der invasiven Arten und unterliegen der EUVerordnung Nr. 1143/2014 über „Invasive gebietsfremde Arten von unionsweiter Bedeutung“ bzw. ihrer Durchführungsverordnung 2016/1141. Streng genommen dürfen Tierarten, die auf dieser Liste geführt sind, nicht mehr gehalten, importiert, gehandelt, gezüchtet, transportiert, aufgenommen oder aufgezogen werden, weder von Privathaltern noch von Zoos, Tierheimen oder Auffangstationen (die hier vom Gesetz wie Gewerbetreibende behandelt werden).
Man darf mit ihnen nicht züchten, sie weder bei sich aufnehmen, auch nicht als Vermittlungstiere, noch transportieren. Selbst sozialen Tieren, denen ihr Partner gestorben ist, darf man nach deutscher Auslegung der Verordnung keine neuen Artgenossen zuführen (Nachstellverbot).

Politisches Chaos

Zwar gibt es einen Managementplan für den Waschbären – im Gegensatz zu vielen anderen Arten aus der Liste – der es erlaubt, verwaiste Jungtiere aufzuziehen und in Tierheimen zu pflegen, jedoch ist dies nach wie vor nicht bundeseinheitlich umgesetzt und es herrscht, gelinde ausgedrückt, Chaos. Dies liegt daran, dass die Wahl der Mittel aus den Managementplänen mehr oder weniger „frei wählbar“ sind, strengere Maßnahmen ergriffen werden können, wenn Mitgliedsstaaten dies wünschen, und die Empfehlungen der EU-Kommission nur sehr zögerlich angenommen oder umgesetzt werden. Daher existieren nach wie vor keine gangbaren Regelungen für Einrichtungen des Tierschutzes und der teils vorherrschende Aktionismus bei der geforderten Bejagung ist degoutant und alles andere als waidgerecht. So besteht derzeit kein Schutz für Jungtiere oder Junge führende Mütter … Weder die Bundes-, noch größtenteils die Landespolitik bekleckern sich aktuell mit Ruhm.

Von A nach B verboten

Kurz vor Ostern erhielten wir einen Anruf aus München: Eine Holzlieferung aus Norwegen hatte offenbar für eine norwegische Waschbärdame ausgesehen wie das perfekte Kinderzimmer. Unbemerkt war sie im Container eingeschlossen worden und hatte den langen Weg per Schiff und Lkw ohne Futter und Wasser, dafür aber vier Waschbärbabys säugend, ausharren müssen. Als der Container in München ge- öffnet wurde, rannte sie panisch davon und ließ die zwei Wochen alten Babys zurück. Sofort machten wir uns auf den Weg, die Babys abzuholen, zu untersuchen, um dann, spät abends kurz vor Ladenschluss, noch schnell Aufzuchtsmilch und Fläschchen zu besorgen. Wie bereits erwähnt sind sowohl Aufzucht als auch Transport von Waschbären theoretisch, ihr Transport von A nach B aber ganz sicher verboten. Das Tierschutzgesetz verbietet aber, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufü- gen, und die Tötung eines Tieres ohne vernünftigen Grund ist ebenso verboten. Die Überlegung, auf welche Weise wir uns denn jetzt bevorzugt strafbar machen wollten, fiel leicht: Der Schutz von Tieren ist in unseren Augen um ein Vielfaches wichtiger als die Gefahr, die von einer „invasiven“ Art ausgeht, die man zudem ja ausbruchsicher unterbringen und im weiteren Lebensverlauf zeugungsunfähig machen, also kastrieren kann. Hier muss auch ganz klar formuliert werden, dass – mit Ausnahme vielleicht der in Massen von unverantwortlichen Menschen ausgesetzten Schmuckschildkröten – sicherlich die allergeringste und steuerbarste „Gefahr“ von in menschlicher Obhut gepflegten Tieren ausgeht! Gerade beim Waschbären, aber auch dem Marderhund rührt die „Quelle des Unheils“ daher, dass Tiere zu Jagdzwecken, wie viele Hirsche, Mufflons oder Jagdfasane, angesiedelt wurden, um sie zu bejagen, und nicht wenige Populationen gehen auf entlaufene oder „befreite“ Tiere aus Pelzfarmen zurück. Dies gilt auch für den Amerikanischen Nerz, der dem heimischen europäischen Vertreter das Überleben schier unmöglich macht.

Dem Knast dann doch entkommen

Die Waschbärmutter hatte sich zwar ganz hervorragend um ihre vier Kinder gekümmert – sie waren allesamt sauber und flohfrei – aber die lange Fahrt ohne Futter und Wasser für die laktierende Mutter war sicher nicht der perfekte Start ins Leben. Alle vier waren dehydriert, leicht unterkühlt und hätten ein wenig mehr auf den Rippen vertragen können. Von den vier Waschbärkindern überlebten daher auch leider nur zwei: Harald und Heidi. Die beiden Geschwister sind inzwischen absolut fit, wachsen und gedeihen prächtig, und verzaubern jeden, der das Glück hat, sie einmal live erleben zu dürfen.
Die Mutter wurde ein paar Wochen später mit behördlicher Genehmigung per Falle eingefangen und lebt nun auch in der Auffangstation für Reptilien, München. Leider konnte sie vorerst nicht mehr mit ihren Kindern zusammengeführt werden, da bereits zu viel Zeit verstrichen und ihre Milch versiegt war. Wir führen mit den entsprechenden Behörden Kontakt, haben sie informiert und erreicht, dass alle drei Tiere nun offiziell bei uns leben dürfen und als legal oder zumindest „geduldet“ angesehen werden. Es bleibt zu hoffen, dass bald eine generell gültige, tierschutzkonforme Regelung erarbeitet wird, die es Auffangstationen, Tierheimen und Wildtierstationen ermöglicht, tierschutzgerecht mit den gelisteten „invasiven“ Tierarten (seien es Waschbären, Marderhunde, Muntjacs oder andere) zu agieren, ohne jedes Mal wieder und wieder „mit einem Bein im Knast“ zu stehen. Möglich und machbar wäre dies, allerdings scheint gewissen Regierungsstellen der Wille zur Umsetzung oder schlicht die Einsicht hierfür noch zu fehlen. Wir jedenfalls werden nicht aufhören, eine solche Regelung einzufordern und dafür zu streiten, notfalls auch vor Gericht.

DR. MARKUS BAURDR. MARKUS BAUR

FACHTIERARZT FÜR REPTILIEN
LEITER DER AUFFANGSTATION FÜR REPTILIEN,  MÜNCHEN E. V.

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Fotos: © Auffangstation für Reptilien e.V.

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