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Mastitis bei Milchkühen: Wirtschaftsfaktor Eutergesundheit

Mastitis beim Rind

Hauptursachen: Stallhygiene und Melkfehler

Unter einer Mastitis wird eine entzündliche Erkrankung des Euters verstanden, die durch verschiedene Erreger und Faktoren entstehen kann. Sie gehört weltweit zu den verlustreichsten Krankheitskomplexen bei Milchkühen und stellt damit einen bei Diagnose und Therapie zu beachtenden Wirtschaftlichkeitsfaktor dar. In Europa werden pro Laktation bis zu 50 Prozent der Milchrinder mit mastitisauslösenden Keimen infiziert. Ein Großteil der Übertragungswege ergeben sich dabei durch mangelnde Stallhygiene und Melkfehler. Das Hauptaugenmerk bei der Betreuung und Behandlung von Milchrindern ist somit auf das Euter und die damit in Verbindung stehenden Hygienemaßnahmen zu legen. Denn nicht nur für das Rind selbst ist das Wohlbefinden von elementarer Bedeutung, sondern auch für Bauern und Landwirte im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit ihres Betriebes.

Mastitis ist eine Faktorenerkrankung

Für die Entstehung einer Euterentzündung sind viele Einschlussfaktoren zu berücksichtigen, deshalb ist die Mastitis den Faktorenerkrankungen zuzurechnen. Krankmachende Erreger reichen alleine nicht aus, um eine Mastitis auszulösen, Faktoren, wie Stallhygiene, Fütterungsmanagement und Melktechnik kommen hinzu. Rinder, insbesondere Milchkühe, verfügen über eine gute körpereigene Abwehr und eine natürliche Blut-Euter-Schranke, die ein Eindringen von Erregern bei normaler Immunabwehr des Tieres unmöglich macht. Faktoren, wie mangelnde Stallhygiene, die zur Verschmutzung des Euters führen, feuchte Einstreu, Zugluft, schlechte Klauenpflege, Fehler in der Melktechnik, ungenügendes Ausmelken, verschmutztes Melkzeug oder auch Fütterungsfehler oder Futterumstellungen, können die Immunabwehr der Rinder schwächen und damit zur Entstehung einer Euterentzündung beitragen.

Umwelt- oder Kuhassoziierte Erreger

Ist die Abwehr des Tieres geschwächt, können Bakterien und Hefen über verschiedene Wege ins Euter eindringen und eine Mastitis auslösen. Prinzipiell kann man dabei zwischen Umwelt-assoziierten und Kuh-assoziierten Erregern unterscheiden. Kuh-assoziierte Erreger sind Erreger, die von Rind zu Rind oder beim Melken übertragen werden. Die Erreger gelangen dabei über den Strichkanal, die Zisterne oder die Milchgänge in das Euter. Möglich ist aber auch eine hämatogene, lymphogene oder galaktogene Erregerübertragung. Dabei dringen die Erreger über Wunden an der Euterhaut oder an den Zitzen ins Euter ein. Hämatogen wird die Blut-Euter-Schranke überwunden, lymphogen dringen die Erreger über Wunden an Euter- oder Zitzenhaut ein, galaktogen werden die Erreger durch Melk- oder Haltungsfehler über den Menschen übertragen.

Verschiedene Formen, verschiedene Erreger

Halle mit MelkmaschinenGrob lässt sich eine Mastitis in drei Formen einteilen:. die kontagiöse Form, die umweltbedingte Form und die abszessbildende Form. Auslöser der kontagiösen Form sind in erster Linie Staphylokokken, insbesondere Staphylococcus aureus, Staphylococcus agalactiae und Staphylococcus dysgalactiae. Die Übertragung dieser Mastitisform erfolgt von Kuh zu Kuh über den Menschen. Die Bakterien hängen am Melkzeug, an den Melktüchern oder an den Händen des Melkpersonals fest und werden beim Melkvorgang von einem Tier zum anderen durch Menschenhand weitergegeben. Die Stapholokokken dringen dabei über den Strichkanal ins Euter ein und lösen die Mastitis aus. Staphylokokken sind in Bezug auf Eutererkrankungen nur schwach pathogen, sodass betroffene Rinder in der Regel nur subklinisch erkranken. Aufgrund der fehlenden Symptome wird die Erkrankung häufig übersehen, oder erst sehr spät erkannt, sodass sich die Erreger ungehindert im gesamten Milchvieh-Bestand ausbreiten können. Will man den Zustand der nach außen hin unauffälligen Tiere überprüfen, kann man einen Schalmtest durchführen, bei dem die Zellzahl in jedem Euterviertel geschätzt werden kann. Liegt eine Mastitis vor, ist die Zellzahl im betroffenen Viertel deutlich erhöht. Gerät die betroffene Milchkuh in Stress oder wird einige Zeit nur ungenügend ausgemolken, kann eine sublinische Mastitis auch in eine akute Mastitis übergehen. Ist dies geschehen, ist das kranke Euterviertel deutlich gerötet und schmerzhaft und fühlt sich vermehrt warm an. Die Kühe haben Fieber, zeigen aber ansonsten ein ungestörtes Allgemeinbefinden. Das Milchsekret behält seinen Milchcharakter, enthält aber meist Flocken.
Die umweltbedingte Form der Mastitis wird von verschiedenen Keimen ausgelöst, darunter Staphylococcus uberis, Enterococcen, Eschericha coli, Klebsiella und Citrobacter. Die Übertragung ist mit Hygienemängeln im Stall assoziiert. Die Erkrankung selbst verläuft in der Regel akut. Die erkrankten Euterviertel sind vergrößert, stark geschwollen, zeigen zum Teil eine bläuliche Verfärbung und sind schmerzhaft. Der Milchcharakter des Sekrets ist aufgehoben, das Milchsekret ist dünn-wässrig und enthält meist Flocken geronnener Milch. Klinisch zeigen die Tiere Fieber, zum Teil auch Schüttelfrost, Apathie und reduzierten Appetit. Wird die Mastitis chronisch, treten die akuten Symptome in den Hintergrund und die Rinder wirken nach außen hin gesund. Mit der Zeit atrophiert das betroffene Euterviertel und bildet knotige Wucherungen, die palpatorisch nachgewisesen werden können. Das Milchsekret ist nicht unbedingt verändert, aber auf jeden Fall vermindert.
Die abszessbildende Form der Mastitis (Pyogenes-Mastitis, Holsteinsche Euterseuche) betrifft in der Regel ausschließlich Färsen und trockenstehende Kühe auf den Weiden. In seltenen Fällen tritt diese Form auch im Stall und bei laktierenden Tieren auf. Verursacher dieser Mastitisform ist Actinomyces pyogenes im Rahmen einer Mischinfektion mit anaeroben Bakterien. Bei der akuten Pyogenes-Mastitis kommt es zur eitrigen Mastitis und Galaktophoritis (Entzündung der Milchgänge), während es bei der chronischen Form zur Bildung von multiplen Abszessen kommt. Infiziert werden die Kühe meist über Wunden, über die sich die Erreger im Euter ausbreiten. In der frühen akuten Erkrankungsphase kann eine Therapie erfolgsversprechend sein, später flockt das Milchsekret aus, wird eitrig und riecht extrem unangenehm. Die Tiere sind in diesem Stadium nicht mehr zu retten und sollten im Hinblick auf ihren Gesamtzustand schnellst möglich geschlachtet werden, da bei Aufbrechen der Abszesse die Erreger hämatogen verschleppt und eine Sepsis auslösen können.

Die Diagnose ist einfach, aber nicht immer eindeutig

Manuelles Anlegen des MelkzeugsDa in manchen Betrieben bis zu 40 Prozent der Kühe von einer subklinischen Mastitis betroffen sind, was eine erhebliche Wirtschaftseinbuße hinsichtlich der Milchabgabe bedeutet, sollte das Milchsekret mittels Vormelkbecher zu jeder Melkzeit grobsinnig überprüft werden. So können Sekretveränderungen, wie Flockenbildungen, schnell und leicht erkannt werden. Auch die regelmäßige Durchführung eines Schalmtests zur Abschätzung der Zellzahl ist empfehlenswert. Die Milch eines gesunden Euters weist nicht mehr als 100.000 Zellen auf. Bildet die Milch Schlieren, so liegt der Zellgehalt bei über 150.000 Zellen, ist die Milch gelartig, sind es bereits mehr als eine Million Zellen. Ein erhöhter Zellgehalt in der Milch deutet auf einen Entzündungsprozess im Euter hin. Bei positivem Schalmtest-Ergebnis sind die Tiere deshalb als höchst verdächtig für Vorliegen einer Mastitis einzustufen. Ist das der Fall, kann die bakteriologische Untersuchung (BU) einer Viertelgemelksprobe, die aseptisch entnommen werden muss, weiterhelfen. Allerdings schließt ein negatives BU-Ergebnis eine Mastitis nicht aus, da sich die Erreger im Eutergewebe abkapseln können und dadurch mit der Milch nicht immer ausgeschieden werden. Daher sollte die Milch von verdächtigen Kühen unbedingt mehrmals untersucht werden. Eine weitere Diagnostikmöglichkeit ist die Durchführung einer Milchprobe. Die Milchprobe ist ebenfalls steril zu entnehmen, nachdem die Zitzen zuvor mit Alkohol gereinigt wurden. Die steril gewonnene Milch muss dann so schnell wie möglich in eine entsprechende Untersuchungsanstalt gesendet werden, wo sie ausgestrichen und bebrühtet wird, um einen Erregernachweis möglich zu machen. Gelingt der Nachweis, kann ein Antibiogramm Aufschluss über ein geeignetes Antibiotikum zur Therapie geben.

Ein gutes Hygienemanagement ist die beste Therapie

Ist eine Mastitis nachgewiesen, stellt die Antibiose die Therapie der Wahl dar. Allerdings sind richtige Melktechnik und ein gutes Hygienemanagement mindestens genauso wichtig und effektiv. Einerseits sollten die Euterviertel richtig ausgemolken werden, um Erreger und Toxine direkt auszuschwemmen, andererseits sollten die Zitzen aber auch vor und nach jedem Melkvorgang gründlich desinfiziert werden, um eine Erregerübertragung zu vermeiden. Dazu können Zitzendippmittel verwendet werden, die die Bakterien auf der Zitzenspitze abtöten und den Strichkanal versiegeln. Allerdings ist zu beachten, dass diese meist jodhaltigen Präparate oder chemisch-synthetische Desinfektionsmittel nicht bei biologischer Landwirtschaft verwendet werden dürfen. Vor dem Melken ist das Dippmittel durch Abwaschen der Zitzen wieder zu entfernen, um die Milch nicht zu verunreinigen. All diese Prophylaxemaßnahmen einschließlich einer gut durchdachten Stallhygiene gehören zu einem guten Hygienemanagement dazu, das maßgeblich zur Verhinderung einer Mastitis beitragen kann. Ein einwandfreies Hygienemanagement kann dazu beitragen, sodass auf die Gabe von Antibiotikum und den damit verbundenen Wartezeiten verzichtet werden kann. Trockene Einstreu, saubere Liegeflächen, Milchkuh-geeignetes Stallklima und gut geschultes Melkpersonal sind das A und O bei der Mastitisprophylaxe. Je akuter die Mastitis verläuft, desto wichtiger ist zum Beispiel ein häufiges Ausmelken des Euters. Empfehlenswert ist hierbei ein ein- bis zweistündiger Rhythmus. Bei sehr schmerzhaften und vermehrt warmen Eutervierteln können kühle Umschläge, getränkt in Essigwasser oder essigsaure Tonerde, zur Beschwerdebesserung führen. Die Euterviertel aber keinesfalls mit Kampfersalbe einreiben, denn das könnte den Zustand verschlechtern. Auch homöopathische Mitteln können sehr gut und effektiv eingesetzt werden, diese sollten aber individuell nach dem Zustand des Milchsekretes und dem Allgemeinzustand der Kuh ausgewählt werden. Wichtig ist auch, dass ein Niederlegen der Kühe nach dem Melken verhindert wird, da sich Strichkanal und Zitzenöffnung erst 30 bis 45 Minuten nach dem Melken wieder verschließen, sodass die Zeit direkt nach dem Melken die Hauptgefahr für das Eindringen von Erregern darstellt. Das Niederlegen der Tiere kann zum Beispiel durch ein geeignetes Futtermanagement verhindert werden, das mit den Melkzeiten gekoppelt ist.

Dr. Isa Foltin Dr. Isa Foltin
Tierärztin, Radiologin, Dipl. Journalistin
Tätigkeitsschwerpunkte: Medizinjournalismus für Pharmafirmen, Wissenschafts- und Publikumsmedien, vergleichende Radiologie bei Mensch und Tier, Spezialgebiet Kernspintomographie (MRT), Fachkunde in Nuklearmedizin
Dozentin an den Paracelsus Schulen, Redakteurin bei der Mittelbayerischen Zeitung, Chefredakteurin des Magazins „tiere life“, Redakteurin des VDTMagazins „Mein Tierheilpraktiker“
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Fotos: © Shutterstock

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