Expedition ins Azawakh-Tal: Auf den Spuren eines Rassehundes
Eine Reise zu den Hunden Afrikas
Die Azawakhs gehören zu den noch sehr ursprünglichen Windhundrassen, deren Herkunft sich auf Teile der afrikanischen Sahelstaaten wie Mali, Niger und Burkina Faso erstreckt. Da die Rasse in den 90er Jahren in Europa noch relativ unbekannt war, wurden einige Azawakh- Liebhaber neugierig und begannen den Azawakh in seinem Ursprungsland zu besuchen. 1993 wurde der gemeinnützige Verein ABIS zur Erhaltung der reinblütigen Windhunde der Tamashek- (Tuareg) Nomaden gegründet. Um die Rasse der Azawakh auch in Europa zu etablieren und die Ursprünge der Rasse zu erforschen, hat sich der Vereins dazu entschlossen, Expeditionen nach Burkina Faso, Mali und Niger durchzuführen. Wir wollten die Azawakhs in ihrem natürlichen Umfeld erforschen, die Wertschätzung der Rasse innerhalb der Nomadenvölker stärken und Welpen für die Zucht nach Europa importieren.
Der Azawakh ist seit jeher bei den Tuareg-Nomaden ein treuer Jagdbegleiter und Beschützer des Lagers mitsamt dem zum Lager gehörenden Vieh. Unsere ABIS-Expedition begann in Tin Akoff / Burkina Faso und führte uns nach Mali bis ins östliche Azawakhtal.
Meine Aufgabe war die Überwachung der Kühlkette des Transportes der 500 Dosen Tollwutimpfstoff, die wir für die in der Region Tin Akoff lebenden Azawkhs sowie die statistische Erfassung der Hunde in Burkina Faso und Mali auf unsere Reise mitnahmen. Außerdem oblag mir die medizinische Betreuung unserer Reisegruppe und, soweit es unsere Mittel erlaubten, die medizinische Nothilfe in den von uns aufgesuchten Siedlungen und Nomadenlagern, sowie der Hunde, Pferde und des Nutzviehs.
Auf unserem Weg ins östliche Azawkhtal besuchten wir zunächst mehrere Nomadenlager, in denen wir sehr schöne erwachsene Hunde, aber leider keine Welpen vorfanden. Am zehnten Tag erreichten wir Inekar, den östlichsten Punkt unserer Expedition, wo wir einen ortsansässigen Führer anheuern konnten. Dieser berichtete uns, dass wir seit acht Jahren die ersten Fremden seien, die diese Region bereisten. Er versprach, uns in die Nomadenlager zu führen, die zurzeit Welpen hätten. Der Weg dorthin war beschwerlich und brachte nicht nur uns, sondern auch unsere Fahrzeuge an die Belastungsgrenze. Der Weg führte über alte Kamelpfade, teils über Dünen und teils auch durch Geröllwüsten, bis wir nach den ganzen Strapazen endlich ein recht großes Nomadenlager erreichten.
Unser Blick fiel sofort auf eine kleine, etwa vier Wochen alte Hündin mit einer dunklen Decke. Die Besitzer der Hündin führten uns in das Lager der Mutterhündin, wo wir die restlichen Welpen und den wahrscheinlichen Deckrüden begutachten konnten. Zum Abschied schenkte uns das Oberhaupt des Lagers die kleine Hündin mit der dunklen Decke. Damit besaßen wir den ersten Welpen unserer Reise. Unseren zweiten Welpen erhielten wir bereits im nächsten Lager. Dort hatte sich eine Mutterhündin mit ihren zwei Welpen, einer hellsandfarbenen und einer roten Hündin, in ihre Wurfhöhle zurückgezogen. Die Nomaden erlaubten uns, einen Welpen auszusuchen und wir entschieden wir uns für die rote Hündin. Wir nannten sie Mariam.
Auf der Suche nach einem Platz zur Mittagsrast bemerkten wir plötzlich im Gegenlicht auf einem Dünenkamm die wunderschönen Silhouetten zweier Azawakhs. Als wir die Hunde erreichten, sahen wir, dass es sich um einen Rüden und eine Hündin mit Gesäuge handelte. Diese Mutterhündin war hellsandgestromt und entsprach von Körperbau und Ausstrahlung genau meinem Wunschbild eines Azawakhs. Und sie hatte Welpen! Da ich meinem Mann versprechen hatte müssen, keinen weiteren Hund für unser heimisches Rudel mitzubringen, blieb ich, um nicht schwach zu werden, zunächst bei unserem Lagerplatz und bereitete das Mittagessen vor, während die anderen Expeditionsmitglieder ein Touareg-Camp besuchten. Als das Essen fertig war, kamen meine Freunde mit zwei kleinen Rüden zurück. Begleitet wurden sie vom Lagerchef, dessen Sohn, einigen Frauen und Kindern und der Mutterhündin nebst zweier erwachsenen Rüden. Der Touareg-Chef und sein Sohn baten mich um Verbandstoffe und Medikamente, die ich ihnen gerne gab. Anschließend forderten sie mich auf, ebenfalls in ihr Lager zu kommen und überreichten mir dort als persönliches Geschenk eine hellsandfarbene gestomte Welpenhündin, die ein Ebenbild ihrer wunderschönen Mutter zu werden versprach. Nun hatten wir insgesamt fünf Welpen zu versorgen.
Am nächsten Tag entdeckten wir in einem Nomadenlager eine hochelegante rote Hündin mit ihrem Wurf. Nachdem wir uns die Welpen angesehen hatten, durften wir uns wieder eine Hündin als Geschenk aussuchen, was wir gerne annahmen. Wir tauften sie auf den Namen Taytok. Zurück in Tin Akoff wurden unsere sechs Welpen von Ayad Ag Inchanan, unserem Führer und ABIS Vertrauensmann in Tin Akoff, wie selbstverständlich aufgenommen. Eine erwachsene Hündin blieb auch in unserem Lager in Tin Akoff und bewachte die Welpen. Einen Tag später gab diese Hündin sogar Milch! Einer der Rüden aus dem Azawakhtal blieb bei unserem Führer Ayad Ag Inchanan und hat sich prächtig entwickelt, wie wir später erfuhren. Ein anderer Welpe, die kleine Alhamziat, lebt heute in Bayern bei einer Freundin von mir, zusammen mit einer Münsterländer-Hündin, einer Neufundländer-Hündin, einer Azawakh-Hündin und ihrer Ziehmutter, einer Amerikan Bulldog-Hündin. Auch sie hat sich prächtig entwickelt, ebenso wie die anderen vier Welpen, die heute ebenfalls in Deutschland leben.
Christiane Thier-Rostaingl
Heilpraktikerin in Berlin mit homöopathischer Ausbildung für Mensch und Tier
Selbstständig in eigener Praxis
Tätigkeitsschwerpunkte: Homöopathie, Neuraltherapie, Akupunktur
Seit 1993 fast jährliche Expeditionen nach Burkina Faso, Mali, Niger
Fotos: © Thier-Rostaingl