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Money, Money, Money: Buchhaltung für den Tierheilpraktiker

AdobeStock 158770741Über Geld spricht man nicht. Stimmt das? Nein, denn beschäftigt man sich mit dem Steuerrecht, sollte man anfangen, über Geld nachzudenken und auch mit den richtigen Leuten über Geld zu sprechen. Denn Geld ist das, was das Steuerrecht zum Inhalt hat. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen einen Fahrplan geben, wie ein typischer Tierheilpraktiker als Einzelunternehmer, der seine Patienten in eigener Praxis und/oder bei Hausbesuchen behandelt, seine betrieblichen Belange rund ums Geld handhaben sollte. Ein Tierheilpraktiker behandelt Patienten, ergo gelten die Patientenbesitzer als Auftraggeber, die für die jeweilige Behandlung eine Rechnung bezahlen.

BUCHHALTUNGSPFLICHT VS. AUFZEICHNUNGSPFLICHT

Mit seiner Arbeit erzielt der Tierheilpraktiker Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit. Darüber hatte ich in Ausgabe 3/21 bereits ausführlich informiert. Er hat daher die Grenzen der Buchführungspflicht nach §§ 140, 141 AO einzuhalten. Üblicherweise überschreitet ein Tierheilpraktiker diese Grenzen nicht und bleibt, wenn er nicht freiwillig zur Buchführung und zur Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG wechselt, lediglich aufzeichnungspflichtig. Der Gewinn wird entsprechend § 4 Abs. 3 EStG. über die Einkommensteuererklärung nach einer einfachen Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt.

ZUSATZDOKUMENTATION

Die Behandlung des Tieres wird üblicherweise in einer Patientenakte festgehalten. Die Dokumentation beinhaltet sowohl Angaben zum Tier als auch Angaben zum Patientenbesitzer. Damit führt der Tierheilpraktiker eine zur eigentlichen Buchhaltung zusätzliche Dokumentation, die als Kunden- und Leistungsverzeichnis gewertet und bei einer Betriebsprüfung zum Abgleich der Buchhaltung mit herangezogen werden kann.

ZAHLUNGSWEGE

Patientenbesitzer bezahlen die vom Tierheilpraktiker gestellte Rechnung in der Regel bar oder überweisen den aufgeführten Betrag aufs Bankkonto des Praxisinhabers. Beide Zahlungswege müssen klar unterschieden und separat organisiert werden. Im Fall einer Überweisung ist es möglich, dass sich der THP die betrieblichen Einnahmen statt auf ein Praxiskonto auf sein privates Bankkonto einzahlen lässt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der klaren Trennung von privaten und betrieblichen Einnahmen ist davon aber abzuraten. Es ist sinnvoll und sicherer, ein rein betriebliches Bankkonto einzurichten, über das alle betrieblichen Vorgänge abgewickelt werden. Der gesamte Zahlungsverkehr wird dann in den Kontoauszügen dokumentiert und kann leicht nachvollzogen werden.

KASSENFÜHRUNG

Bei Barzahlungen sieht es anders aus. Ich möchte nicht behaupten, dass diese Art des Zahlungsverkehrs kompliziert ist, aber es gilt einiges zu beachten, zumal die Formvorschriften zur Führung ordnungsgemäßer Kassenaufzeichnungen umfangreich sind. Immer in der Annahme, dass der Tierheilpraktiker nur aufzeichnungspflichtig ist und seinen Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, hat er das Zu- und Abflussprinzip zu beachten. Das bedeutet, dass er nur alle tatsächlich zu- bzw. abgeflossenen Zahlungen zur Gewinnermittlung für die jährliche Einkommensteuererklärung zu berücksichtigen hat.

KASSENFÜHRUNGSSYSTEME

Bei der Kassenführung, egal ob buchführungs- oder nur aufzeichnungspflichtig, unterscheiden wir zwischen der Kassenführung mittels elektronischer Kassenführungssysteme und der offenen Ladenkasse. Hier sei vorausgeschickt, dass eine Verpflichtung zur elektronischen Kassenführung nicht zwingend vorgeschrieben ist.
Die für die elektronische Kassenführung einschlägige Vorschrift des § 146 a AO regelt nur die gesetzlich einzuhaltenden Anforderungen an ein entsprechendes System. Wie Sie sich vielleicht noch erinnern, war dieses Thema längere Zeit unter dem Schlagwort „Schwarzbrot“ in den Schlagzeilen, da mit dieser Vorschrift neben der notwendigen Aufrüstung der elektronischen Kassen mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) auch eingeführt wurde, dass selbst für Kleinstbetragsrechnungen, z.B. beim Kauf eines Brötchens beim Bäcker, eine Belegausgabepflicht besteht. An dieser Stelle möchte ich Ihnen den Schutzzweck der Norm nahebringen. Der Gesetzgeber versucht, wie auch in allen anderen Bereichen der Kassenführung, die Formerfordernisse so zu gestalten, dass Integrität, Authentizität und Vollständigkeit der Aufzeichnungen möglichst sichergestellt werden.

KASSENFÜHRUNG OHNE ELEKTRONISCHE KASSENSYSTEME

Tierheilpraktiker arbeiten in der Regel mit einer „offenen Ladenkasse“. Das ist nach wie vor eine zugelassene Alternative zur Dokumentation der Bareinnahmen und -ausgaben. Wie eine entsprechende Organisation auszusehen hat, regelt weitestgehend § 146 AO. Hier heißt es in Abs. 1, die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und -ausgaben sind täglich festzuhalten. Weiter bestimmt Abs. 4, dass eine Buchung oder Aufzeichnung nicht in der Weise verändert werden darf, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Es muss festgestellt werden können, ob und wann Veränderungen an den Aufzeichnungen vorgenommen worden sind. Abs. 5 regelt, dass die erforderlichen Aufzeichnungen in einer geordneten Ablage von Belegen vorgenommen werden bzw. auf Datenträgern gespeichert werden können, sofern der Zweck der Aufzeichnungen innerhalb der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist (10 Jahre plus eigener Sicherheitszugabe von 2 Jahren aufgrund verfahrensrechtlicher Sondervorschriften) gewährleistet bleibt. Was bedeutet das nun für die praktische Handhabung von Bargeld im betrieblichen Bereich? Diese Frage kann erst schlüssig beantworten werden, wenn vorher die Fakten zu Rechnungslegung und Umsatzsteuer erklärt werden.

UMSATZSTEUER

Als THP sind Sie nach dem Umsatzsteuergesetz ein umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer. Dieser Unternehmerbegriff ist isoliert von den Begriffen in anderen Steuergesetzen zu betrachten. Sofern Sie aufgrund der Unterschreitung von bestimmten Umsatzgrenzen (steuerpflichtige Umsätze nach § 1 Abs. 1 UStG) innerhalb eines Kalenderjahres nicht unter die Anwendung der Kleinunternehmerregelung fallen (22.000 EUR für das vorangegangene Kalenderjahr und voraussichtlich 50.000 EUR im laufenden Kalenderjahr, vgl. § 19 UStG), haben Sie die übrigen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes zu berücksichtigen. Dazu zählt u.a. die hier nochmal separat festgelegte Aufzeichnungspflicht (§ 22 UStG), die Berechnung und der Ausweis des einschlägigen Mehrwertsteuersatzes (§§ 10, 12, 14 UStG), die Formerfordernisse an die Rechnungsstellung sowie die notwendig enthaltenen Mindestangaben (§ 14 UStG, §§ 31 f. UStDV). Es ist auch darauf hinzuweisen, dass ein umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen (quartalsweise oder monatlich) sowie zu einer Umsatzsteuer-Jahresmeldung verpflichtet ist (§ 18 UStG).
Das bedeutet, dass Sie nach dem Umsatzsteuergesetz zur Ausstellung und Aufzeichnung ordnungsgemäßer Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis sowie zur turnusmäßigen Meldung Ihrer Leistungen nach vereinbarten oder vereinnahmten Entgelten (§§ 16, 20 UStG) verpflichtet sind. Diese Meldung wird in der Regel nach tatsächlich vereinnahmten Entgelten vorgenommen. Sie ist aber nur auf Antrag zulässig (§ 20 UStG).

AdobeStock 384511795FORMERFORDERNISSE UND RECHNUNGSLEGUNG

Zahlt nun der Kunde für die erbrachte Leistung, wird ihm hierfür eine Rechnung mit den notwendigen Angaben ausgestellt. Befindet man sich bei der Rechnungssumme im Kleinbetragsbereich (§33UStDV), sind die Anforderungen an die Angaben auf der Rechnung etwas geringer. Eine Rechnung über Kleinbeträge liegt vor, wenn deren Gesamtbetrag 250 EUR nicht übersteigt. Hier reicht es, wenn folgende Angaben auf der Rechnung erfasst werden:

  • vollständiger Name und Anschrift des Therapeuten
  • Ausstellungsdatum
  • Umfang und Art der durchgeführten Leistung nebst Art und Menge eventuell gelieferter/verwendeter Gegenstände
  • Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag für die ausgeführte Leistung in einer Summe sowie der anzuwendende Steuersatz bzw. im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf. 

AUFZEICHNUNGSMÖGLICHKEITEN

Die Rechnung ist auch ein Beleg im Sinne der Kassenführung. Der THP hat die Möglichkeit, eine Rechnung auszustellen und den Empfang des dafür in bar erhaltenen Betrages auf der Rechnung zu bestätigen oder neben der Rechnung eine Quittung auszustellen. Grundsätzlich ist es bei Kleinbetragsrechnungen (brutto unter 250 EUR) auch denkbar, dass nur eine Quittung mit den notwendigen Mindestangaben erstellt wird.
Aufgrund der Aufzeichnungspflicht sind diese Vorgänge in chronologischer Reihenfolge zu erfassen. Hierfür ist ein Ablagesystem zu entwickeln, das den Erfordernissen der Einzelaufzeichnung, Vollständigkeit, Richtigkeit, Zeit und Ordnung standhält. Die getätigten Umsätze sollten daher entsprechend der ausgestellten Rechnungen täglich in ein Kassenbuch eingetragen werden. Hier ist von Aufzeichnungen mittels EXCEL oder WORD abzuraten, da diese von der Finanzverwaltung nicht anerkannt werden. Man kann stattdessen eine handschriftliche Übertragung führen oder eines der zahlreichen Angebote an rechtssicheren digitalen Kassenbüchern nutzen. In diesem Zusammenhang ist anzuraten, sich vor der Auswahl eines digitalen Kassenbuches mit seinem Steuerberater oder Buchhalter abzustimmen, um mögliche Vorteile im Digitalisierungsprozess nicht zu verpassen. So bieten viele Steuerbüros bzw. Buchhaltungsdienste ihre verwendeten Buchhaltungssysteme auch für Mandanten als digitale Kassenbücher an, die dann stö- rungsfrei in die Buchhaltung importiert werden können.

ORDNUNG IM BUCHHALTUNGSSYSTEM

Ein weiterer Punkt, der den Überblick über Einnahmen und Ausgaben erleichtert, ist Ordnung. Sortiert man von Anfang an seine geschäftsrelevanten Vorgänge nach Ausgangsrechnungen, Eingangsrechnungen, Kasse und Bank, kann nicht nur der Buchhalter später die Vorgänge leicht erfassen, sondern auch Sie selbst sich immer einen schnellen Überblick über Ihre aktuelle finanzielle Situation verschaffen.

FAZIT

Beschäftigen Sie sich mit der Struktur Ihrer Buchhaltung und bringen Sie eine Routine in die Vorgänge. Es hilft, Ihre Finanzen im Blick zu behalten, und bewahrt Sie im Falle einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt vor dem Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen Kassen- und Buch- bzw. Aufzeichnungsführung. Schätzungen und Hinzurechnungen durch das Finanzamt können Selbstständige empfindlich treffen, deshalb ist Ordnung und Nachvollziehbarkeit das oberste Gebot. Die hier gemachten Ausführungen ersetzen aber nicht eine auf den Einzelfall angepasste Beratung.

THP 6 21 300 Page49 Image1ANTOINETTE WINDBERG
DIPL.-WIRTSCHAFTSJURISTIN (FH)
STEUERBERATERIN
TIERHEILPRAKTIKERIN

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