Labor: Bluttransfusion bei Hund und Katze
Bei tiefen Schnittverletzungen, blutigen Operationen, Magengeschwüren, Milzriss sowie bei bestimmten Erkrankungen kann eine Bluttransfusion die entscheidende, lebensrettende Maßnahme sein. Beim Menschen muss dazu vorher die Blutgruppe bestimmt werden, um keine Abwehrreaktion des Immunsystems auszulösen, da diese ebenfalls zum Tod führen kann. Die Humanmedizin unterscheidet dabei zwischen AB0- und Rhesus-System. Lässt sich das auch auf unsere Haustiere übertragen?
BEGRIFFLICHKEITEN
Blutgruppen gibt es bei allen Haustieren. Die Einteilung geht auf die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) zurück, die je nach Tierart eine andere Oberfläche aufweisen, auf der Eiweiße anhaften, die als Antigene wirken. Entsprechend dieser lassen sich die Erythrozyten dann in Gruppen einteilen. Beim Hund gibt es davon über 12, beim Pferd 8, bei der Katze nur 3. Während sich die Blutgruppen der Katze wie beim Menschen in A, B und AB unterteilen lassen, werden sie beim Hund DEA (Dog Erythrocyte Antigen) genannt und durchnummeriert. Daraus lässt sich bereits erahnen, dass sich unsere Haustiere in Sachen Blutgruppe nicht nur vom Menschen unterscheiden, sondern auch ein deutlicher Unterschied zwischen Hund und Katze vorliegt.
BLUTTRANSFUSION BEIM HUND
Hunde besitzen keine Antikörper gegen fremde Blutgruppen, sodass eine Bluttransfusion, wenn sie zum ersten Mal durchgeführt wird, bedenkenlos ohne vorherige Blutgruppenbestimmung ablaufen kann. Abwehrstoffe gegen fremdes Blut werden erst gebildet, wenn der Hund mit diesem bereits in Kontakt gekommen ist. Ein Problem ist daher erst bei wiederholter Bluttransfusion zu erwarten. Aufgrund der vielen verschiedenen Blutgruppen findet sich beim Hund jedoch selten ein passender Spender, sodass bei einer wiederholten Bluttransfusion immer mit einer Unverträglichkeitsreaktion gerechnet werden muss. Als fremd wird vor allem die Blutgruppe DEA 1.1 erkannt, deshalb wird darauf von Tierärzten am häufigsten getestet.
BLUTTRANSFUSION BEI DER KATZE
Bei Katzen lassen sich Unverträglichkeitsreaktionen bei Bluttransfusionen mit dem Menschen vergleichen, allerdings tragen 96 Prozent aller Katzen die Blutgruppe A, sodass die Gefahr einer Unverträglichkeitsreaktion deutlich geringer ist. Jedoch werden bei Rassekatzen die Blutgruppen B und AB bevorzugt gesehen, sodass bei diesen unbedingt eine Kreuzprobe vor jeder Transfusion durchgeführt werden sollte. Diese zeigt an, ob Spender und Empfänger kompatibel sind und eine Bluttransfusion bedenkenlos durchgeführt werden kann. Bei Europäisch Kurzhaarkatzen (Hauskatzen) liegt fast ausschließlich Blutgruppe A vor, sodass bei diesen im Notfall eine Transfusion auch ohne Kreuztest okay ist. Daher dienen diese Katzen Kliniken und Praxen oft als Blutspendekatzen.
BLUTGRUPPENHÄUFIGKEIT BEI RASSEKATZEN
Zustande kommen die einzelnen Blutgruppen bei Katzen durch einen autosomal dominanten Erbgang, wobei sich die Blutgruppe A meist dominant gegenüber B vererbt. Das bedeutet, dass nicht nur alle AA-Erbgänge Blutgruppe A tragen, sondern auch die meisten AB-Erbgänge. Nur bei einem ganz kleinen Prozentsatz der Katzen wird die A-Dominaz unterdrückt, sodass bei diesen wenigen mit AB-Erbgang die Blutgruppe AB auftreten kann.
UNVERTRÄGLICHKEITSREAKTION
Katzen mit Blutgruppe A besitzen Antikörper gegen Blutgruppe B, und Katzen mit Blutgruppe B besitzen Antikörper gegen Blutgruppe A. Passen bei einer Bluttransfusion die Blutgruppen von Spender und Empfänger nicht zusammen, kommt es beim Empfänger zu einer Unverträglichkeitsreaktion, die meist schwerwiegend ist. Bei Hunden tritt eine derartige Reaktion erst bei wiederholter Bluttransfusion mit falscher Blutgruppe auf, bei der Katze sofort. Das Tier zeigt dann Symptome wie Speicheln, Ruhelosigkeit, Erbrechen und Atemnot. Das Herz-Kreislaufsystem wird oft so sehr belastet, dass die Tiere in einen Schockzustand fallen. Katzen mit Blutgruppe B reagieren heftiger auf eine falsche Blutgruppe als solche mit Blutgruppe A. Katzen mit Blutgruppe AB besitzen keine Antikörper, sodass bei ihnen auch keine Reaktionen zu erwarten sind.
VATER-, MUTTER-, KIND-BLUTGRUPPE
Wie bei einer Bluttransfusion spielt die Verträglichkeit der Blutgruppen auch bei der Fortpflanzung von Tieren eine wichtige Rolle. Dessen müssen sich insbesondere Katzenzüchter bewusst sein, damit sie nicht Gefahr laufen, dass die Kitten nach der Geburt sterben. Betroffen sind vor allem Katzenbestände, in denen die Blutgruppe B häufig auftritt, wie British Kurzhaar, Kartäuser und Rag Doll.
Katzen mit Blutgruppe B tragen immer Antikörper gegen Blutgruppe A, und zwar unabhängig davon, ob sie mit Blutgruppe A zuvor in Berührung gekommen sind. Wird nun eine B-Katze von einem A-Kater gedeckt, werden die Kitten mit Blutgruppe A oder AB geboren. Da die Katzenmutter jedoch Antikörper gegen die Blutgruppe A in sich trägt und diese mit der Muttermilch an die Kitten übergibt, kann es, je nach Antikörper-Konzentration der Mutter, im Blut der Kitten zur Zerstörung der roten Blutkörperchen und damit schnell zum Tod kommen. Daher sollte eine B-Katze möglichst nie mit einem A-Kater verpaart werden und die Blutgruppenuntersuchung bei Katzenzüchtern zum Standard gehören. In reinen A- oder B-Zuchten können solche Unverträglichkeiten nicht auftreten, da niemals Antikörper gegen die eigene Blutgruppe gebildet werden. Die Blutgruppenunverträglichkeit der Katze lässt sich auch nicht mit der Rhesusinkompatibilität vergleichen, da bei Katzen sofort, bei Menschen erst ab der zweiten Schwangerschaft eine Unverträglichkeit auftritt.
Während der Schwangerschaft sind bei Verpaarungen von Katzen mit unterschiedlichen Blutgruppen keine Probleme zu erwarten, da die Antikörper die Plazentaschranke nicht durchbrechen und damit nicht von der Mutter auf den Embryo übertragen werden können.
In freier Natur tritt das Unverträglichkeitsproblem bei Katzen in der Regel gar nicht auf, da es sich bei den meisten freilaufenden und freilebenden Katzen um Hauskatzen handelt und diese alle Blutgruppe A tragen.
Sollte sich doch einmal eine Rassekatze im Freigang mit einer Hauskatze anderer Blutgruppe paaren, kann man das Kittensterben vermeiden, indem man die Kitten sofort nach der Geburt mit Ersatzmuttermilch versorgt und nicht an der Mutter säugen lässt. Innerhalb von 24 Stunden schließt sich beim Kitten die Darmschranke, wodurch der Darm keine Antikörper mehr durchlässt, sodass auch keine Unverträglichkeitsreaktion mehr auftreten kann.
SPENDERTIERE
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gibt für Hunde und Katzen, die als Blutspender eingesetzt werden sollen, bestimmte Richtlinien vor:
Hunde
- dürfen nicht im Ausland gewesen sein
- müssen mindestens 20 kg wiegen
- müssen mindestens 1 Jahr alt sein
- dürfen nicht trächtig oder säugend sein
- müssen eine Blutgruppenbestimmung aufweisen (DEA 1.1)
- müssen klinisch gesund und nach den Leitlinien der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (Stiko Vet) geimpft sein
- müssen nach den Leitlinien der ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) regelmäßig entwurmt und gegen Ektoparasiten geschützt sein
- müssen auf Infektionskrankheiten getestet sein
- dürfen zuvor niemals eine Bluttransfusion erhalten haben Katzen
- dürfen nicht im Ausland gewesen sein
- dürfen nicht als Freigänger gehalten werden und auch keinen Kontakt zu Freigängerkatzen haben
- müssen mindestens 4 kg wiegen
- müssen mindestens 1 Jahr alt sein
- dürfen nicht trächtig oder säugend sein
- müssen klinisch gesund sein
- müssen nach den Leitlinien der Stiko Vet geimpft sein
- müssen nach Leitlinien der ESCCAP regelmäßig entwurmt und gegen Ektoparasiten geschützt sein
- müssen eine Blutgruppenbestimmung aufweisen (A, B, AB)
- müssen auf Infektionskrankheiten getestet sein
- dürfen niemals zuvor eine Bluttransfusion erhalten haben
Die Verträglichkeit von Spendertieren und ihren Empfängern kann für Bluttransfusionen von Tierärzten getestet werden. Dazu wird Spender- und Empfängerblut vermischt und unter dem Mikroskop überprüft, ob eine Verklumpung der Blutzellen stattfindet. Ist das der Fall, liegt eine Unverträglichkeit vor.
DR. ISA FOLTIN
TIERÄRZTIN DIPL.-JOURNALISTIN
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
Medizinjournalismus, Wissenschafts- und Publikumsmedien, Vergleichende Radiologie bei Mensch und Tier
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