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Kuscheln mit dem Bison? - Gedanken vom tier-menschlichen Diwan

Bison zum optimieren optEtwas Besonderes begegnete mir, nachdem ich einen Pick-up mit der Aufschrift „Bison Farm“ an der Tanksäule neben mir entdeckte. Ich fuhr hinterher … und landete in einem naturbelassenen Gelände, auf dem eine Herde Bisons stand. Eine über 2 Meter hohe Einzäunung war zwischen den Wechselweiden angebracht, um den Tieren einen offenen Rückzugsort zu ermöglichen.

Stephan Ruhnow-Thieße lebt mit seiner Familie in Schneeren (bei Neustadt am Rühenberge) einen Traum von Freiheit. Auf Ausstellungen suchte er nach alternativen Fleischrindern, um neben Zucht und Fleischkonsum auch etwas Gutes zu tun. Durch den Deutschen Bisonzuchtverband, der 2004 gegründet wurde, um diese majestätische Tierart zu erhalten, entdeckte er die Bisons. Im 16. Jahrhundert lebten etwa 25 – 30 Millionen Bisons in Nordamerika. Ende des 19. Jahrhunderts blieben nach massenhaften Vernichtungen der Bestände nur wenige Hundert übrig.

Dank der Gründung des Yellowstone Nationalparks 1872 erhielten die Bisons noch rechtzeitig ein Rückzugsgebiet. Ab dem 15. Januar 1883 war die Jagd der meisten Tiere im Park verboten. Wilderei stellte jedoch nach wie vor ein großes Problem dar, selbst nachdem die US-Army in Fort Yellowstone 1886 die Betreuung des Parks übernommen hatte. 1894 lebten in ganz Nordamerika nur noch rund 800 Tiere, die als die letzten freilebenden Bisons der Vereinigten Staaten galten, davon etwa 200 in Yellowstone. Mittlerweile wurden einige Tiere für Züchtungen exportiert. So kamen die Bisons auch nach Deutschland. Sie leben in Herden mit Bullen und Kühen, sind genügsame Raufutterverwerter, die im Sommer das Gras der Weiden (Büffelgras, Kräuter, Moose, Flechten) und im Winter Heu, Heusilage und Stroh fressen.
Der Bison ist ein tagaktives Tier mit dunkelbraunem Fell, das den Buckel des Vorderkörpers überzieht. Das Winterfell ist dichter und dunkler, im Sommer wechselt es zu einem helleren, dünneren Fell.

Läuferisch erreichen Bisons eine Geschwindigkeit von bis zu 50 km/h trotz ihres hohen Gewichtes von bis zu 900 kg (weibliche Tiere wiegen die Hälfte). Damit zählen sie als die größten nordamerikanische Säugetiere. Der beim Männchen bis zu 3,80 Meter und beim Weibchen bis zu 2,40 Meter lange Körper trägt einen dreieckförmigen Kopf mit kurzen, gebogenen Hörnern und einem kräftigen Bart, der bis zum Hals reicht. Beim Statuskampf innerhalb der Herde setzt der Bison seine Hörner ein, um die Rangfolge zu klären. Ein Bison kann bis zu 40 Jahre alt werden und mit 3 Jahren das erste Mal Kalben.

Bisons sind sehr gute Schwimmer, denn der hohe Auftrieb des Körpers lässt sie beim Schwimmen weit aus dem Wasser ragen. Bisons benötigen zum Überleben wesentlich weniger Wasser als Rinder bzw. verwerten es besser. Einmal jährlich erhalten sie hier im Park eine Wurmkur, die meist über das Wasser gegeben wird. Ihre Klauen nutzen sich im Gelände von alleine ab. Sollte tatsächlich mal ein Tierarzt vonnöten sein, muss es sich um einen Spezialisten handeln, denn Bisons sind keine Kuscheltiere. Das zeigt sich schon beim Setzen der Ohrmarken. Sie können individuell äußerst aggressiv reagieren.

Bison auf dem Divan 78 mit ZiegeDabei wollte ich so gerne mit einem Kalb kuscheln! Kein Problem, meinte Stephan, denn seine Schwester hat Ziegen, und die spielen immer Amme, falls mal eine Bisonmutter ihr Kalb nicht säugen will. Die Hoffnung, dass eine andere Bisonmutter das fremde Kalb säugt, ist vergeblich, denn in freier Natur geht es bei Bisons immer nur um das eigene Überleben. Also fuhren wir zur Ziegenherde, um mit einem Bison zu kuscheln.

Bison auf dem Divan 77Koki, ein kleiner Bisonbulle, der gerade mal 3 Wochen alt, sehr zutraulich und kräftig ist, stupst mich an und fordert die Kuhmilch aus dem Eimer ein. In einigen Monaten ist das nicht mehr möglich, denn sobald er selbst fressen und das Futter verwerten kann, geht er zurück in die Herde. Mit ca. 3 Jahren wird er dann geschlachtet, es sei denn, Koki findet einen Liebhaber, der ihn als Jungbulle kauft. Der Bison ist eine sehr langsam wachsende Rasse mit wenig Fett, das Fleisch ist cholesterinarm und reich an Spurenelementen, daher beliebt bei Sportlern. Mittlerweile gibt es in Amerika „Food Lodges“, in denen sie extensiv gehalten werden.

In Stephans Park haben die Tiere keinen Stress, wenn sie geschlachtet werden, denn sie werden auf der Weide erschossen, ohne einen langen Transportweg in Kauf nehmen zu müssen.
Hier lerne ich, dass das nötig ist, um die Rasse zu erhalten. Außerdem brauche Stephan und seine Familie ja auch etwas zu essen. Mittlerweile hat es sich in der Umgebung herumgesprochen, dass Bisonfleisch eine gesunde Ernährung unterstützt, und dadurch viele Fans gefunden.
Lui, der 4-jährige Leitbulle, führt Stephans Herde an und hält den Nachwuchs an Jungbullen in der Herde im Zaum, damit sie die Mutterkühe in Ruhe lassen. Die Bisons sind eine leise Tierart und geben nur grunzartige Laute von sich. Stephan fährt abends oft zur Herde und genießt die Stille beim Beobachten. Das werde ich nun auch als Entspannungserlebnis Tierfreunden anbieten.

Bison auf dem Divan 60

Danke an Stephan und seine Schwester Carina, dass ich den Traum von wilder Freiheit der Bisons bei ihnen erleben durfte.

Bis zum nächsten Gedanken!
Ihre Monika Heike Schmalstieg

Fotos © M-H. Schmalstieg, S. Ruhnow-Thieße