Fallstudie: Phytotherapie bei bakterieller Zystitis
Mancher Halter von Hund oder Katze fühlt sich in einem wiederkehrenden Albtraum gefangen: Immer wieder leidet sein Vierbeiner an Blasenentzündungen. Zwar helfen Medikamente binnen weniger Tage – aber oft ist nach kurzer Zeit die Infektion zurück. Warum ein Antibiotikum hier nicht nachhaltig wirkt, ist einfach zu erklären. Die gute Nachricht: Es gibt Alternativen.
EIN TYPISCHES FALLBEISPIEL
Norwich Terrier Queeni hockt sich immer wieder zum Pinkeln hin, aber es tröpfelt nur. Manchmal winselt sie beim Versuch, Wasser zu lassen. Und so richtig munter wirkt sie auch nicht. Halterin Christine sorgt sich: „Mir scheint, sie hat eine Blasenentzündung – mal wieder.“
Leider neigen Blaseninfekte zur Rezidivierung – sie kommen ständig wieder. Vor allem weibliche Tiere sind häufig von Blasenentzündungen (med. Zystitis) betroffen. Sie haben im Vergleich zum männlichen Tier eine sehr kurze Harnröhre, sodass Bakterien aus der Umwelt oder aus dem Darm leicht in die Blase aufsteigen und eine Entzündung auslösen können. Dass solch ein Infekt nicht nachhaltig ausheilt, hat andere Hintergründe.
Auch Christine beschäftigte die Frage, warum Queeni immer wieder leiden muss. Die Antwort: Weil die Bakterien sich in einem Biofilm verstecken. Eine gummiartige Schutzschicht schützt sie vor Antibiotika und vor körpereigenen Immunzellen. So getarnt, warten die Krankheitserreger entspannt in der Harnblase ab, bis die Gefahr durch die Medikamente vorüber ist und sich die körpereigene Abwehr-Armee zurückgezogen hat. Bei nächster Gelegenheit vermehren sie sich wieder und lösen erneut schmerzhafte Entzündungen an der Blasenwand aus.
MIT DEN WAFFEN DER NATUR
„Wir müssen diesen Schutzfilm verhindern und die Harnblase von den Bakterien befreien“, erkläre ich der Hundebesitzerin. „Dazu greifen wir von mehreren Seiten an.“ Zum Glück bietet uns die Natur wirkungsvolle Mittel. Verschiedene Pflanzenwirkstoffe durchbrechen den Schutzfilm der schädlichen Bakterien und andere verhindern das Andocken der Keime an der Blasenwand.
Dennoch bitte ich Christine vorsorglich, beim Tierarzt Urin von Queeni auf Keimbelastung für ein Antibiogramm bestimmen zu lassen. Das dauert ein paar Tage, ist jedoch die einzige Möglichkeit, bei Bedarf ein gezieltes Medikament gegen die tatsächlich aktive Erregerart einzusetzen. Wir sichern uns damit ab: Es gilt, unbedingt ein Ausbreiten der Bakterien mit Aufsteigen in die Nierengegend zu verhindern, in der es zu einer Nierenbeckenentzündung mit Spätschäden kommen könnte. Das bedeutet: Sollte sich Queenis Blasenentzündung unter der Phytotherapie nicht schnell und deutlich bessern, benötigen wir keinesfalls ein Breitbandantibiotikum, sondern die Hündin bekäme sofort das vom Labor ausgetestete, für den bestimmten Keim wirksame Antibiotikum.
Zunächst aber leiten wir die alternative Therapie ein. Mit den Waffen der Natur wollen wir mehrere Ziele erreichen:
- Steigerung der körpereigenen Abwehr
- Verhinderung der Bildung des bakteriellen Schutzfilmes
- Unterbindung des Andockens der Bakterien an die Harnblasenwand
- Diurese, um Bakterien und ihre Bestandteile auszuspülen
Neue Studien zeigen, dass natürliche Inhaltsstoffe aus Birkenblättern, von Kresse, Meerrettich und Cranberry die Bildung des Biofilms schädlicher Bakterien hemmen können. Wir nutzen für Queeny die Kapuzinerkresse, die – wie auch Meerrettich – für ihre keimhemmende Wirkung bekannt ist und gleichzeitig das Immunsystem anregt.
Um zu verhindern, dass sich Keime an der Blasenwand anheften, eignen sich Cranberrys und Preiselbeeren. Christine soll über mehrere Wochen täglich 1 Teelöffel der frischen oder getrockneten Beeren ins Futter geben. Für Katzen und mäkelige Hunde gibt es spezielle Vet-Produkte (z.B. von Puur Natuur, alfavet, pernaturam) mit konzentriertem Cranberry-Extrakt – sicher zu dosieren und einfach zu verabreichen. Damit unser Patient viel trinkt, peppen wir sein Wasser mit etwas Sahne oder Fleischbrühe auf. Auch das Futter können wir mit Flüssigkeit „verlängern“, am besten mit einem harntreibenden Tee. Birkenblätter, Brennnessel und Ackerschachtelhalm regen Harnfluss und Stoffwechsel an. Goldrute, das zentrale Heilkraut bei Erkrankungen des Harnapparates, verstärkt die entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung. Im Sommer können wir uns dafür aus der Natur bedienen, ansonsten liefern Apotheken und Kräuterfachhändler die getrockneten Pflanzenteile oder fertige Teemischungen. Etwa 3–4 Wochen soll Queeni den Tee schlucken. Natürlich muss sie die aufgenommene Flüssigkeit wieder loswerden. Deswegen wird Christine mit ihrem Norwich Terrier täglich einige Extra-Gassirunden drehen. Ich tröste sie: „Das mag jetzt aufwendig erscheinen, aber damit haben wir eine gute Chance, dass Queeni nachhaltig Ruhe vor den Infektionen bekommt.“
Tatsächlich geht es der kleinen Hündin schon nach zwei Tagen deutlich besser. Es kam zu keinem weiteren Rezidiv, daher ist eine antibiotische Behandlung nicht notwendig.
BUCH-TIPP
Annette Dragun
Kräuter statt Tierarzt
Minerva Verlag
ANNETTE DRAGUN
TIERHEILPRAKTIKERIN
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
Homöopathie, Akupunktur, Blutegeltherapie, Phytotherapie, Bach-Blütentherapie, Autorin
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