Heilkraft am Wegesrand: Gute Kräuter für Hunde und Katzen
Artgerecht lebende Hunde und Katzen fressen oft instinktiv die richtigen Kräuter, um Beschwerden zu lindern oder einen Mangel auszugleichen. Die Heilkraft von Brennnessel, Ringelblume und Co. können sich Menschen zunutze machen, um den vierbeinigen Hausgenossen bei Erkrankungen zu helfen und sie gesund zu erhalten.
Der Einsatz von Heilkräutern zur Behandlung von Wunden, Beschwerden, Schmerzen oder zur Stärkung des Immunsystems bei Tieren ist ebenso alt wie die Verwendung für den Menschen. Tatsächlich geht vieles, das der Mensch über die Wirkung von Kräutern weiß, auf Beobachtungen im Tierreich zurück. Aufzeichnungen darüber gab es bereits im Mittelalter, sogar im antiken Rom. „Zahlreiche Pflanzen wurden (umgangssprachlich) nach Tieren benannt, die sie (als Medizin) nutzten“, schreibt die Biologin und Umweltwissenschaftlerin Cindy Engel in ihrem Buch „Wild Health“ (Animal Learn, 2002). Beispiele dafür sind die Katzenminze, das Hunds- und Ziegenkraut, Gänsefuß und Hasensalat.
Bei Hunden, Katzen, Pferden und anderen Haustieren schlägt die Pflanzenheilkunde sogar noch besser als beim Menschen an, weil die Tiere hochsensibel darauf reagieren.
Instinktiv suchen Wild-, Nutz-, aber auch artgerecht gehaltene Haustiere bestimmte Kräuter, um z.B. Mängel in der Ernährung auszugleichen. Hunde- und Katzenbesitzer können oft beobachten, wie Mieze und Bello Gras fressen. Dabei suchen sie gezielt Stellen auf einer Wiese aus, an denen die Quecke (Hundskraut) wächst. Die darin enthaltenen Ballaststoffe kurbeln die Darmtätigkeit an. Die Quecke hilft ihnen außerdem, einen Brechreiz auszulösen, wenn ihnen etwas quer im Magen liegt.
Obwohl Caniden (Hunde, Wölfe, Kojoten etc.) und Katzen passionierte Jäger und Fleischfresser sind, nehmen sie mit ihrer Beute auch pflanzliche Kost auf, die sich noch in deren Magen-Darm-Trakt befindet. Auf diese Weise versorgen sie sich mit wichtigen Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen. Biologen konnten sogar beobachten, dass Wildtiere oft große Strecken zurücklegen, um bestimmte Kräuter zu finden.
PIONIERIN DER KRÄUTERHEILKUNDE
Juliette de Bairacli Levy widmete sich sieben Jahrzehnte lang der Kräuterheilkunde und der naturnahen Aufzucht von Tieren. In den USA gilt die 2009 im Alter von 97 Jahren verstorbene Frau als Großmutter der Naturheilkunde. Tatsächlich ist sie eine Pionierin auf dem Gebiet. Ihr Wissen und ihr Erfahrungsschatz sind Grundlage für alle, die sich intensiv mit der Thematik befassen möchten. Der Verlag Drei-Hunde-Nacht hat ihren Klassiker „Das Kräuterhandbuch für Hund und Katze“ wieder aufgelegt.
Für Bairacli Levy gingen artgerechte Haltung, der Verzicht industriell gefertigten Futters zugunsten einer naturnahen Ernährung und die Kräuterheilkunde Hand in Hand. Wann immer möglich, setzte sie Kräuter zur Behandlung von z.B. Durchfall, Hauterkrankungen, Schmerzen oder Verstauchungen ein.
BRENNNESSEL UND CO.
DURCHFALL kann verschiedenste Ursachen haben, die von allergischen Reaktionen über die Aufnahme verdorbener Nahrung bis hin zu organischen Schäden (Leber, Niere etc.) reichen können. Sowohl Juliette de Bairacli Levy als auch die Heilpraktikerin Angela Münchberg empfehlen in solchen Fällen, das Tier fasten zu lassen. Denn jedwede Nahrungsaufnahme würde den Verdauungstrakt und den Organismus nur belasten. Neben frischem Wasser mit einem Klecks Honig lässt sich der Heilungsprozess durch die Gabe von 1 – 2 Löffeln Heilerde, einem Tee aus Heidelbeerblättern und zerstampftem Salbei unterstützen.
HUSTEN, besonders wenn der Schleim festsitzt, lässt sich mit einem Auszug aus Süßholzwurzel und Honig behandeln. Ein hinzugefügter Salbeiauszug nimmt dem Tee die Süße und wirkt gleichzeitig desinfizierend im Rachenraum.
INSEKTENSTICHE Frische zerquetschte Spitzwegerich- oder Petersilienblätter verhindern das Anschwellen der Einstichstelle sowie Schmerzen, sofern sie sofort aufgelegt werden. Hilfreich können auch der desinfizierende Saft einer Knoblauchzehe, Ringelblumensalbe oder eine Kamillenkompresse sein.
PARASITEN wie Flöhe, Milben oder Zecken nisten sich gerne im Fell ein. Vorbeugend kann man Hund und Katze mit einem Gemisch aus Rosmarin- und Eukalyptusöl zwei- bis dreimal wöchentlich gegen den Haarstrich einsprühen. Angela Münchberg empfiehlt, ein Mischverhältnis 1:1 von je 2 Tropfen Öl auf 10 ml Wasser in eine Sprühflasche zu geben und mit heißem Wasser aufzufüllen.
PRELLUNGEN SOWIE VERSTAUCHUNGEN können immer mal auftreten, z.B. beim wilden Spiel mit Artgenossen. Das Mittel der Wahl ist in solchen Fällen Arnika als Tinktur oder Salbe, die auf der entsprechenden Stelle aufgetragen wird. Auch Umschläge mit Arnika-Tinktur haben sich bewährt.
ÖLE, SALBEN, TEES UND TINKTUREN
Hunde und Katzen fressen einerseits frische Kräuter auf Spaziergängen, andererseits kann man sie in getrockneter oder frischer Form dem Futter beigeben. Dabei gilt, weniger ist mehr, und zwar nicht nur bezogen auf die Menge, sondern auch auf die Sorten. Denn Kräuter wirken mitunter sehr intensiv und können sich gegenseitig beeinflussen. Juliette de Bairacli Levy kam auf die Idee der Fütterung mit Kräuterpillen, die sich leicht aus Honig und etwas Vollkornmehl (bei Allergikern alternativ Heilerde) zubereiten lassen. Dazu einfach die Kräuter mit dem Mehl oder der Heilerde vermengen, mit dem Honig binden und zu Kügelchen formen.
Als Heilmittel empfiehlt sich die Herstellung von Tees, Tinkturen, Salben oder Ölen. Die einfachste Möglichkeit sind Tees, die aus mit heißem Wasser übergossenen Pflanzenteilen zubereitet werden. Die Mischung lässt man in der Regel 8 – 10 Minuten lang ziehen und seiht sie dann ab.
Bei einer Tinktur handelt es sich um einen Auszug, der durch Alkohol gewonnen wird. Sie kann innerlich sowie äußerlich angewendet werden. Sprays und Spülungen für die äußerliche Anwendung, z.B. bei Parasitenbefall oder Fellproblemen, kann man ein paar Tropfen eines Öls zugeben. Kräuter- öle und -salben sind fertig in Apotheken und Reformhäusern erhältlich. Sie lassen sich auch selbst herstellen. Als Salbengrundlage verwendet man Vaseline oder Schweineschmalz.
Wenn man Kräutersäckchen oder -kissen z.B. gefüllt mit Lavendel ins Körbchen zu Hund oder Katze legt, sorgen diese nicht nur für einen guten Schlaf, sondern vertreiben auch Parasiten, da diese den Duft nicht besonders mögen und den Platz daher meiden.
KRÄUTER SELBST SAMMELN
Wer selbst Kräuter sammeln möchte, sollte dabei folgende Grundregeln beachten: Anfängern empfiehlt Heilpraktikerin Angela Münchberg, ein Pflanzenbestimmungsbuch mitzunehmen, denn giftige und ungiftige Kräuter können sich sehr ähneln.
Kräuter nie an Straßenrändern, Bahndämmen oder in der Nähe von Industrieanlagen einsammeln, weil sie mit Abgasen belastet sind. Gleiches gilt für Kräuter, die an Wiesen und Feldrändern wachsen, die gedüngt oder besprüht werden.
Nur so viele Kräuter sammeln, wie wirklich gebraucht werden, und immer Pflanzen stehen lassen, um den Fortbestand zu sichern.
Nur die Bestandteile des Krautes mitnehmen, die verwendet werden. Kräuter sammelt man am besten an sonnigen Tagen und möglichst nicht früh am Morgen, wenn die Pflanzen noch feucht vom Tau sind.
Mondkalender geben Hinweise auf die besten Erntezeiten, weil je nach Mondstand die Säfte in den Pflanzen anders verteilt sind. Kräuterkalender zeigen die Blüh- und Erntezeiten an.
Für die Ernte bestimmter Pflanzenteile gelten folgende Faustregeln: Blüten zu Beginn der Blütezeit schneiden. Vor und während der Blüte Blätter ernten. Zu Beginn des Frühjahrs und Herbstes Wurzeln ausgraben. Früchte zur Erntezeit pflücken, wenn sie reif sind. Nicht verwenden sollte man Bestandteile kranker Pflanzen (z.B. bei Läuse- oder Pilzbefall), vertrocknete, welke sowie gelb gefärbte Blätter, Blüten, Früchte oder Wurzeln. Um Blüten und Blätter beim Transport nicht zu zerquetschen, kann man sie in einem Korb oder einer Baumwolltasche sammeln.
TROCKNEN UND AUFBEWAHREN
Heilpflanzen, die unter Naturschutz stehen oder in bestimmten Gegenden nicht wachsen, lassen sich über Kräuterläden, Apotheken und gut sortierte Bio-Läden in getrockneter Form beziehen.
Für den Winter und als Vorrat kann man auf getrocknete Heilpflanzen oder frisch geerntete und dann schockgefrorene Kräuter zurückgreifen. Auf diese Weise bleiben wichtige Wirkstoffe, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente weitgehend erhalten.
Manche Heilkräuter lassen sich auf der Fensterbank kultivieren. Für Hobbygärtner, die sich einen Kräutergarten anlegen möchten, hat Angela Münchberg den Tipp, die Beete nicht nur mit den Namen der Pflanze, sondern auch mit ihren jeweiligen Verwendungsmöglichkeiten zu kennzeichnen, was sich in Notsituationen, in denen es schnell gehen muss, als hilfreich erwiesen hat. Denn damit können z.B. auch Familienmitglieder die benötigten Kräuter aus dem Garten holen.
Wurzeln und Rinden lässt man am besten im Backofen bei maximal 35°C trocknen. Dazu breitet man sie auf einem mit Küchenpapier ausgelegten Backblech aus. Während des Vorgangs muss die Backofentür einen Spalt offenbleiben (z.B. einen Holzlöffel dazwischen klemmen), damit die Feuchtigkeit abziehen kann.
Die gesammelten, klein geschnittenen, jedoch nicht gewaschenen Kräuter auf Tüchern oder unbedrucktem Papier großzügig ausbreiten. Der ausgewählte Ort sollte idealerweise gut belüftet, warm und trocken sein. Eine Alternative sind Kräuterbündel, die kopfüber aufgehängt und später zerbröselt werden. Für die Aufbewahrung empfehlen sich verschließbare Pappkartons, Papiertüten, Baumwolltaschen, die oben zugebunden werden, sowie dunkle Gläser, die mit einem Baumwolltuch verschlossen werden. Denn „selbst getrocknete Heilpflanzen unterliegen noch immer einem Stoffwechsel“, erklärt die Naturheilkundlerin Angela Münchberg. Bei einem Schraubverschluss könnte die Feuchtigkeit nicht entweichen und die Kräuter würden schimmeln.
HAUSAPOTHEKE
Angela Münchberg empfiehlt folgende Kräuter bzw. Kräuterheilmittel für die Hausapotheke: Arnika (Tinktur, Salbe), Ringelblumen (Tinktur, Salbe), Johanniskrautöl, Propolis (Tinktur), naturbelassener Honig und Knoblauchzehe. Dazu folgende getrocknete Kräuter: Eibisch, Holunderbeeren, Brennnesselblätter, Salbei, Gänseblümchen, Schafgarbe, Rosmarin und Queckenwurzel.
Ergänzen kann man das Sortiment mit Rescue-Tropfen und der Rescue-Salbe nach Dr. Bach, einem milden Desinfektionsmittel und homöopathische Hausmitteln.
Griffbereit sollten eine Pinzette, eine Zeckenzange, ein Flohkamm, Pflaster, Verbandsmaterial, Mullbinden, Bandagen, saubere Leintücher, Tupfer und ein Fieberthermometer sein. Für kalte und warme Anwendungen sowie Kompressen haben sich Körnerkissen bewährt.
BUCH-TIPPS
- JULIETTE DE BAIRACLI LEVY
KRÄUTERHANDBUCH FÜR HUND & KATZE
DREIHUNDENACHT VERLAG - ANGELA MÜNCHBERG
KRÄUTERBUCH FÜR HUNDE
CADMOS VERLAG - CINDY ENGEL
WILD HEALTH ANIMAL
LEARN VERLAG
CLAUDIA HÖTZENDORFER
DIPL.-JOURNALISTIN
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
Autorin und Lektorin, Herausgeberin des Online-Magazins Duesseldogs.de, Schwerpunkte: Ernährung, Gesundheit und Forschung
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