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Futtermittelallergie vs. Unverträglichkeit

THP 1 20 final Page10 Image1Nicht alles, was nach einer Allergie aussieht, ist auch eine Allergie. Im normalen Sprachgebrauch wird  Allergie oft als Synonym für Überempfindlichkeit verwendet. Oft stecken aber z. B. Unverträglichkeitsreaktionen hinter den Beschwerden des Tieres und nicht unbedingt allergische Vorgänge. Eine  Allergie liegt nämlich nur dann vor, wenn es eine immunologische Reaktion im Körper gibt, d. h. eine  Reaktion zwischen einem Antigen und einem Antikörper.
Das Wort „Allergie“ kommt aus dem Griechischen und setzt sich aus den Begriffen „allos“ (anders)  und „ergos“ (Tätigkeit) zusammen. Es steht für eine veränderte Reaktionsfähigkeit des Immunsystems. Eine Allergie ist also eine überschießende Reaktion des Immunsystems auf körperfremde Substanzen der Umwelt. Die Anzahl der betroffenen Tiere, die an Allergien leiden, steigt von Jahr zu Jahr.

Kurzer Ausflug ins Immunsystem

Um Allergien besser zu verstehen, muss man ein wenig über den Aufbau und die Arbeit des Immunsystems Bescheid wissen. Das Immunsystem schützt den Körper vor Krankheitserregern wie Bakterien, Viren, Pilzen, Parasiten, anderen körperfremden Stoffen und veränderten körpereigenen Zellen (Krebszellen). Da es sehr viele Aufgaben hat, ist es sehr komplex aufgebaut und besteht aus verschiedenen Zellen und Botenstoffen. Man unterscheidet dabei die angeborene unspezifische von der erworbenen spezialisierten Abwehr, wobei uns bei Allergien nur die letztere interessiert.
Damit das Immunsystem seine Aufgabe als körpereigenes Abwehrsystem wahrnehmen kann, muss es Stoffe oder Erreger als „fremd“, d. h. nicht körpereigen, erkennen können. Von Geburt an lernt das Immunsystem, vom Körper aufgenommene Stoffe als „gut“ oder „böse“ einzuordnen und, wenn notwendig, darauf zu reagieren. Diese Reaktion bezeichnet man als „Immunantwort“.
Diese sehr gezielte Abwehr durch das Immunsystem erlaubt eine schnelle Reaktion auf Fremdstoffe. Spezialisierte Lymphozyten (Immunzellen) bilden dabei das „Gedächtnis“ des Immunsystems. Wenn sie mit körperfremden Stoffen (Antigenen) in Berührung kommen, „erinnern“ sie sich ein Leben lang an sie und können bei erneutem Kontakt eine rasche spezifische Abwehr einleiten. Im Körper entsteht so über die Zeit eine riesige Bibliothek an Lymphozyten, die unterschiedliche Antigene erkennen, um den Körper zu schützen.

THP 1 20 final Page11 Image1Entstehung von Allergien

Wie genau Allergien entstehen, ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Sicher ist, dass der Allergie eine Störung des Immunsystems zugrunde liegt. Das Immunsystem reagiert bei einer Allergie unangemessen auf Stoffe, die für den Körper nicht gefährlich sind.
Auch bei der Entstehung einer Allergie ist ein wiederholter Kontakt mit dem Allergen Voraussetzung. Beim ersten Kontakt mit dem Stoff treten noch keine Symptome auf, der Kontakt bleibt unbemerkt. Die fehlgeleiteten Lymphozyten merken sich jedoch diesen Stoff als „fremd“, es findet eine Sensibilisierung statt. Bei einer Futtermittelallergie bildet das Immunsystem auf bestimmte Eiweißstrukturen in einem Nahrungsmittel diese spezifischen Gedächtniszellen, es entstehen Immunglobulin E (IgE)-Antikörper. Bei erneutem Kontakt mit dem Allergen „erinnert“ sich das Immunsystem an das Allergen und kann innerhalb kürzester Zeit alle verfügbaren Abwehrmechanismen aktivieren. Wenn das Tier also dieses Nahrungsmittel nach der Bildung dieser Gedächtniszellen erneut aufnimmt, erkennen die IgE-Antikörper den vermeintlichen Feind und versuchen diesen abzuwehren. Es kommt zu einer allergischen Reaktion, die sehr unterschiedlich ausfallen kann.

Allergietypen

WIR UNTERSCHEIDEN 4 ALLERGIEFORMEN:
Die allergische Reaktion vom SOFORTTYP (TYP 1) tritt innerhalb weniger Sekunden bis Minuten ein. Da bei der Entstehung IgE-Antikörper eine bedeutende Rolle spielen, spricht man auch von Antikörper vermittelter Sofortreaktion.
Die TYP II-Reaktion (ZYTOTOXISCHE REAKTION) ist selten. Sie entsteht durch Antikörper, die gegen Antigene an der Oberfläche von Zellen gerichtet sind. Dabei bilden sich Immunkomplexe aus Antigenen und Antikörpern, die zur Zerstörung der Zellen führen.
Beim TYP III (IMMUNKOMPLEXREAKTION) bilden sich ebenfalls Antigen-Antikörper-Komplexe. Daher bezeichnet man sie auch als Immunkomplex vermittelte allergische Reaktion. Über mehrere Zwischenschritte führt diese zur Freisetzung gewebe- und zellschädigender (zytotoxischer) Substanzen.
Die allergische Reaktion vom SPÄTTYP (TYP IV) tritt erst nach einer Reaktionszeit von 12 bis 72 Stunden auf. Bei ihrer Entstehung spielen die spezialisierten T-Lymphozy ten, die für das immunologische Gedächtnis verantwortlich sind, eine bedeutende Rolle. Typische Spätreaktionen sind z. B. die Kontaktallergie und die Futtermittelallergie. Da sich Reaktionen oft erst nach mehreren Tagen zeigen, ist es schwer festzustellen, was genau der Auslöser war. Klassische Symptome bei Futtermittelallergien sind Juckreiz, entzündete Hautstellen, Durchfall, Erbrechen und Blähungen.

Futtermittelallergie – ganz sicher?

Es gibt sehr viele Krankheitsbilder, die ähnliche Symptome und Beschwerden auslösen können wie eine Futtermittelallergie. Daher ist nicht alles immer eine Allergie, was auf den ersten Blick danach aussieht. Folgende Reaktionen im Körper haben ähnliche Auswirkungen:

ECHTE ALLERGIE
Hier reagiert das Immunsystem mit IgE-Antikörpern auf ganz bestimmte Eiweißstrukturen im Futter. Die Reaktionen treten danach immer bei Kontakt mit jenem Futtermittel auf.
MALABSORPTION
Durch eine Verdauungsstörung im Darm können Nährstoffe sowie Vitamine nicht ausreichend vom Körper aufgenommen werden. Es kommt zu Bauchschmerzen und Blähungen bis hin zu Darmkrämpfen und Durchfall, wenn größere Mengen des Futtermittels verzehrt werden.
TOXISCHE REAKTION
Bakterien, Schimmelpilztoxine und andere Schadstoffe in der Nahrung werden vom Körper nicht gut vertragen, es kommt zu Reaktionen wie Durchfall und Erbrechen. Die Symptome zeigen sich nur nach Aufnahme der belasteten Futtermittel.
ENZYMDEFEKT
Wenn dem Körper bestimmte Enzyme fehlen oder diese nur unzureichend vorhanden sind, können einige Nährstoffe nicht mehr richtig umgewandelt werden. Hierzu gehört z. B. die Laktoseintoleranz.

Wie sinnvoll ist ein Allergietest?

Neben der Futtermittelallergie, die mit einem immunologischen Vorgang einhergeht, gibt es viele nichtallergische Ursachen, die Reaktionen bei Aufnahme bestimmter Nahrungsmittel hervorrufen können. Diese bezeichnet man weitläufig als „Futtermittelunverträglichkeit“. Allein anhand der klinischen Symptome wie Juckreiz, Durchfall, Erbrechen etc. kann man zwischen Allergie und Unverträglichkeit nicht unterscheiden, da sie sich symptomatisch gleich äußern. Tatsächlich sind echte immunologisch vermittelte Nahrungsmittelallergien bei Hunden und Katzen jedoch eher selten.
Je öfter bestimmte Lebensmittel im Tierfutter verwendet werden, desto wahrscheinlicher ist eine Reaktion auf diese Stoffe. Kein Wunder also, dass Weizen, Soja, Mais, Rind und Huhn in Europa als häufige Auslöser für Allergien oder Unverträglichkeiten gelten, sind sie doch Hauptbestandteile im Großteil der gängigen Futtersorten.
Um dem betroffenen Tier zu helfen, ist eine gute Diagnostik notwendig. Es ist wichtig, herauszufinden, welche Nahrungsmittel nicht vertragen werden und, wenn möglich, aus welchem Grund. Nur so kann man sinnvolle Maßnahmen ergreifen.
Man kann zwar auch bei Hunden und Katzen einen Allergietest (IgE-Test oder Intrakutantest) in Bezug auf Lebensmittel machen, diese sind aber nicht immer absolut zuverlässig, da sie nur einen Weg abgreifen, der zu einer Allergie führt. Der IgE-Test stellt weder andere allergische Sensibilisierungsvorgänge noch nicht allergische Unverträglichkeiten dar. Außerdem liefert er manchmal falsche Ergebnisse. Bei Verdacht auf eine Futtermittelunverträglichkeit oder -allergie ist ein IgE-Test daher nicht unbedingt zielführend. Für die Diagnose von Umweltallergien (wie Pollen, Milben, Flohspeichel etc.) ist der Test sehr gut geeignet und man kann andere mögliche Auslöser der Symptome untersuchen.

Eliminationsdiät (Ausschlussdiät)

Die beste Behandlung einer Futtermittelallergie- oder -unverträglichkeit bei Hunden und Katzen besteht darin, die auslösenden Futterbestandteile zu vermeiden! Doch dazu muss man diese erst einmal herausfinden. Dafür eignet sich am besten die Ausschlussdiät. Alle bereits gefütterten Lebensmittel werden vorerst vom Speiseplan gestrichen. Hört sich einfach an, ist aber in der Praxis für die Tierbesitzer oft schwer umzusetzen.
Die Diät beginnt mit der Fütterung einer einzigen, dem Tier unbekannten tierischen Protein- und Kohlenhydratsorte für den Zeitraum von mindestens 8, besser 12 Wochen. Wenn diese Nahrungsmittel vertragen werden, können danach Schritt für Schritt neue Bestandteile zum Futter hinzugefügt werden. Am besten bewährt sich bei Ausschlussdiäten selbst zubereitetes Futter, weil man so alle Inhaltsstoffe kontrollieren kann.
Eine Ausschlussdiät muss immer korrekt und lange genug durchgeführt werden. Symptome wie Durchfall oder Blähungen verschwinden oft bereits innerhalb eines Monats. Hat das Tier zusätzlich zu den Magen/Darm-Problemen auch Juckreiz oder Ohrenentzündungen, dauert es manchmal sogar 3 bis 4 Monate, bis die geschädigten oder entzündeten Stellen abgeheilt sind. Oft wird erst nach dieser Zeit klar, wie viel Einfluss das Futter tatsächlich auf die Beschwerden hat. Häufig reagieren die Tiere nicht nur auf einen Bestandteil des Futters, sondern auf mehrere Futtermittel, oder es kommen Reaktionen auf Umwelteinflüsse (wie Pollen, Milben etc.) hinzu.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Ausschlussdiät ist die 100-prozentige Mitarbeit des Tierbesitzers. Nur wenn der Hund wirklich nichts anderes als die verabredete Diät zu sich nimmt, kann man beurteilen, ob die Eliminationsdiät tatsächlich anschlägt. Schon ein Leckerli oder beim Spaziergang gefressene Lebensmittelreste können den gesamten Ablauf der Diät zunichtemachen. Wichtig ist auch, dass die ganze Familie und alle betreuenden Personen mitmachen. Vorsicht: Bei Freigängerkatzen hat man oft keinen Einfluss darauf, ob die Katze draußen noch Mäuse frisst oder sich beim Nachbarn am fremden Napf bedient.
Wenn man die Ausschlussdiät erfolgreich durchgezogen hat, folgt der Provokationstest. Dieser soll bestätigen, ob wirklich bestimmte Bestandteile des Futters die Symptome beim Tier verursacht haben. Sollte tatsächliche eine Futtermittelallergie vorliegen, würden nach der Fütterung des alten Futters rasch wieder Beschwerden auftreten. Da diese Tiere aber oft einen langen Leidensweg hinter sich haben, sträuben sich viele Tierbesitzer verständlicherweise gegen den Provokationstest, denn man möchte dem Tier erneutes Leiden ersparen. Man kann ohne Provokation jedoch den letzten Beweis nicht erbringen, ob es genau das Futtermittel war.
Die Ausschlussdiät ist eine langwierige Angelegenheit, und ob letztendlich dieses oder jenes Futtermittel schuld an den Beschwerden des Tieres war, weiß man oft erst nach vielen Monaten. Man geht einen langen Weg, der für den Besitzer oft nicht einfach ist, aber dieser Weg zahlt sich aus, wenn man am Ende ein Futter für das Tier findet, das gut vertragen wird und die belastenden Beschwerden endlich zum Erliegen bringt.
Parallel zur Ausschlussdiät müssen unbedingt auch andere potenzielle Auslöser der Beschwerden, z. B. Umweltallergien oder Parasitenbefall, ausgeschlossen werden.

Fazit

Viele Hunde und Katzen leiden mittlerweile unter Beschwerden wie Juckreiz und Durchfall, die durch Bestandteile ihres Futters ausgelöst werden. Nicht immer handelt es sich dabei um echte Allergien, sondern um andere Formen der Unverträglichkeit. Da sich die Erkrankungen sehr ähnlich äußern, ist die Diagnostik nicht einfach. Um herauszufinden, welche Komponente im Futter vom Tier nicht vertragen wird, eignet sich jedoch in jedem Fall eine Ausschlussdiät. Korrekt durchgeführt ermöglicht diese Diät, Futterzusammensetzungen zu finden, die vom Tier problemlos vertragen werden, damit es wieder beschwerdefrei leben kann.

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