Alpakas hören dir immer zu - Gedanken vom tier-menschlichen Diwan
Dieser Satz gefiel mir, und dazu erhielt ich noch eine Einladung zum Kaffee mit frisch gebackenem Kuchen. Also machte ich mich auf zum Alpaka-Hof Pura Vida nach Kirchwahlingen und traf bei Frost und heißen Getränken unterm Ofenpilz Jens Uwe und Angela Meyer mitsamt einer Gruppe von weiteren interessierten Menschen. Jens Uwe erzählte uns alles über Alpakas:
Alpakas sind Neuweltkameliden aus Südamerika und gelten als die heiligen Tiere der Inka-Herrscher. Sie leben vorwiegend in Peru, Bolivien und Chile. In der westlichen Welt sind sie erst seit wenigen Jahren heimisch geworden und erobern mehr und mehr unsere Herzen. Ob als Zucht-, Therapie- oder Freizeittier, die sehr gute Wirkung dieser Tiere im psychologischen, physiologischen und auch sozialen Bereich, speziell bei älteren Menschen, ist wissenschaftlich anerkannt.
Haltung von Alpakas
Die gesetzlichen Vorgaben für Alpakas besagen, dass 2 Alpakas mindestens 1.000 m2 Freiraum benötigen und dass für jedes weitere Tier nochmal 100 m2 dazukommen. Jens Uwe und Angela Meyer halten diesen Platzbedarf für zu wenig und geben ihren Tieren deshalb mehr Auslauf. Ihre Fütterung besteht hauptsächlich aus Heu (Raufutter) und Gras, das von extensiv bewirtschafteten Weiden stammt. Dazu gibt es Mineralfutter und – je nach Gesundheitszustand der Tiere – auch mal Kraftfutter. Alle Alpakas werden regelmäßig geimpft und gegen Parasiten (Wurmkuren) behandelt. In den Wintermonaten bekommen die Tiere zusätzlich Vitamine.
Tragzeit und Wolle
Alpaka-Stuten werden in der Regel getrennt von Alpaka-Hengsten gehalten. Die Tragzeit von Stuten beträgt 11 Monate und 2 Wochen. Der Eisprung erfolgt während des Deckaktes, der 20 bis 30 Minuten dauert, sodass man hier durchaus sagen kann: „Die Alpaka-Stute ist allzeit bereit“.
In Europa wird der Deckakt vom Menschen gesteuert, denn Fohlen, die in den Wintermonaten geboren werden, sind meistens kleiner und daher nicht so widerstandsfähig wie die Fohlen, die in den Sommermonaten geboren werden. Für das Therapieangebot eignen sich die männlichen Tiere am besten. Sie sind ganzjährig einsetzbar, was bei gedeckten Stuten nicht möglich ist.
„Vermehrt“ man seine Herde, ist darauf zu achten, dass man die Fohlen nicht verhätschelt, denn das führt vor allem bei Hengsten zu einer nicht gewollten Fehlprägung.
Alpakas werden einmal jährlich geschoren. Dies ist aus zwei Gründen notwendig: Erstens sind Alpakas Wollproduzenten. Durch ihre thermoregulierende Wirkung ist die Wolle eine sehr beliebte Faser und besonders für Allergiker geeignet, da sie kein Lanolin (Wollfett) enthält. Zweitens verhindert man durch die Schur einen Hitzschlag im heißen Sommer. Bei winterlichen minus 2 Grad standen wir Zuhörer mit den Alpakas und Jens Uwe im offenen Stall und waren begeistert, wie selbstverständlich die Alpakas mit uns ihr Lager teilen und sich sogar anfassen ließen.
Man genießt das wollig-wohlige, flauschige Gefühl in der Hand und die Wärme, die diese Tiere ausstrahlen.
Dann winkte HP Angela Meyer mit der Kaffeekanne und wir gingen in die Diele, wo schon der Bullerjan ordentlich eingeheizt hatte. Der Kuchen duftete und wurde mit frisch geschlagener Sahne serviert.
Bei diesem feinen Genuss lauschten wir Frau Meyers Ausführungen über die Therapiewirkung der Alpakas
Damit Alpakas für die Therapie eingesetzt werden können, werden sie zunächst sozialisiert, damit sie unempfindlich auf Geräusche wie Auto-, Musik-, Kinderlärm und sonstige Störlaute reagieren und sich dabei auch noch anfassen lassen. Dennoch werden sie nicht dressiert, denn die besondere Eigenart von Nähe und Distanz soll erhalten bleiben. Betrachtet man als Beispiel einer geeigneten Alpaka-Thera pie das Krankheitsbild der Demenz, so können tiergestützte Aktivitäten und Therapien dazu verhelfen, dass demenzkranke Menschen durch Alpakas etwas Positives erfahren, ja sogar vermehrt Freude und Interesse empfinden und somit phasenweise aus ihrer Versunkenheit erwachen. Ein Zusammentreffen mit Alpakas stellt dabei nicht nur eine Abwechslung im Alltag dar – alte Menschen bekommen durch die Tiere wieder eine Verbindung zu sich selbst, sind zeitweise emotional stabilisiert und kommunizieren mit ihrer Umwelt. Und diese Kommunikation erfolgt nicht nur verbal, auch Berührungen, Gesten und Mimiken gehören dazu.
Beobachtungen, die man in der Therapie mit demenzkranken Menschen machen kann, sind
- Aktivierung des Langzeitgedächtnisses
- Deutlich erhöhte Konzentrationsfähigkeit
- Verbesserte Sprach- und Orientierungsfähigkeit
- Erinnerungen werden wach
- Lethargie wird überwunden
- Kognitive Prozesse werden gefördert
- Zulassen und Ausleben von Gefühlen
- Selbstwertgefühl wird gesteigert
- Steigerung der Feinmotorik
- Alpakas als „Brücke“, um ins Gespräch zu kommen
Alpakas hören emotional zu
Obwohl Menschen eine gemeinsame Sprache sprechen, ist die Kommunikation über Gefühle oft unklar. Die menschliche Sprache stößt dabei oft an ihre Grenzen, führt zu Missverständnissen, Verwirrungen. Höflichkeitsregeln, Scham, Angst vor Ablehnung oder die Gefühle zu verletzen beeinflussen das, was wir sagen, in hohem Maße, sodass unsere wahre Meinung oft nicht mit dem Gesagten übereinstimmt.
Durch nonverbale Anteile einer Nachricht kann die wahre Meinung mittransportiert werden. Je größer die Diskrepanz innerhalb einer Botschaft ist, desto unehrlicher wirkt sie und ruft beim Empfänger Verwirrtheit, Unsicherheit oder Verärgerung hervor. Derartige Unstimmigkeiten gibt es innerhalb von Mensch-Tier-Beziehungen nicht! Beim Kom munikationspartner Tier braucht der Mensch nicht zu befürchten, dass er bewussten Manipulationen ausgesetzt ist, denn Tiere sind nicht berechnend und zeigen uns Menschen immer direkt und deutlich, was sie wollen.
Höhere Säugetiere verfügen über eine dem Menschen ähnliche Affektskala. Sie zeigen – wie der Mensch – Freude, Erregung, Zärtlichkeit, Anteilnahme, Übermut, Erwartung, Langeweile, Trauer, Angst etc. Die Sprache der Alpakas wirkt geheimnis- und bedeutungsvoll zugleich, wenn sie mit ihren großen Augen und Ohren und ihren erhaben wirkenden Körperbewegungen Signale setzen. Hierdurch wird das ästhetische Empfinden ebenso angesprochen wie der Wunsch nach Fantasiewelten und Geheimnissen. Menschen, die als unkonzentriert und unaufmerksam gelten, beobachten Alpakas lange und ausgiebig, um herauszufinden, wie diese Tiere untereinander kommunizieren. Das alles spornt mich an, im bevorstehenden Frühling mit auf eine geführte Alpaka-Wanderung zu gehen.
Zum Abschluss zeigte uns Angela noch die gewonnene Wolle aus ihrer Herde und die daraus entstandenen Produkte. Ich erwarb 3 Paar Socken, die durch bestimme Enzyme selbstreinigend sind und wochenlang getragen werden können, bevor man das Gefühl bekommt, sie waschen zu müssen. So machte ich mich auf die „Socken“, mit dem Fazit: Alpakas – Wahre „Stimmungsaufheller“, ohne mit Arzt oder Apotheker Rücksprache halten zu müssen! Risiken? Keine. Nebenwirkungen? Allesamt erwünscht!
Bis zum nächsten Diwan-Gedanken
Ihre Monika Heike Schmalstieg
Fotos: © Steidi – Adobe, calypso77 – Adobe, Shutterstock, Monika Heike Schmalstieg