Pferde im Wintermodus
KÄLTE UND NÄSSE FORDERN TRIBUT
Kalt, dunkel, nass – keine Frage, der Winter zählt definitiv nicht zu den Lieblingsjahreszeiten unserer Pferde. Was jetzt im Training und im Gesundheitsmanagement beachtet werden sollte, erfahren Sie in diesem Artikel.
Wie ihre Vorfahren, die frei durch die Steppenlandschaften Asiens und Nordamerikas streiften, sind auch moderne Sport- und Freizeitpferde trotz Stallhaltung optimal an den Lauf der Jahreszeiten angepasst. Das gilt nicht nur für die „Robusten“ wie Norweger, Isländer oder Haflinger, sondern auch für die „Großen“, also die Warm- und Vollblutpferde. Die Anpassung an die jahreszeitlichen Wetterbedingungen und das in der Natur sich ändernde Futterangebot bedingen, dass unsere Vierbeiner, genau wie wildlebende Tiere in der Natur, derzeit ihren Stoffwechsel ein wenig heruntergefahren haben. Das bleibt nicht ohne Folgen für die tägliche Arbeit und die Versorgung: Pferde im „Wintermodus“ sind etwas weniger leistungsfähig als zu anderen.
Jahreszeiten. Gehen Sie es bei kalten Temperaturen im Training daher etwas moderater an. Beachten Sie auch, dass Ihr Pferd in der Aufwärm- bzw. Lösephase jetzt etwas länger braucht, um auf Touren zu kommen. Was nicht heißt, dass diese verlängerte Schrittphase ungenutzt vertrödelt werden soll – im Gegenteil. Hier ist die Kreativität des Reiters gefragt. Elemente aus der aktiven Bodenarbeit, also Stangen, Pylone und dergleichen, sind gute Helfer, um die Pferdemuskeln gezielt zu gymnastizieren. Eine andere Auswirkung im winterlichen Sparmodus ist, dass die Pferdehufe weniger durchblutet sind (Arteriovenöse Anastomose), um nicht wertvolle Körperenergie an den Boden zu verlieren. Das hat zur Folge, dass das Hufhorn schlechter mit Nährstoffen versorgt wird und langsamer wächst. Auch seine Qualität und Elastizität können dadurch leiden.
Auf das Stallklima achten
Für Pferde liegt die optimale Temperatur ganzjährig zwischen 7 und 15 °C. Wobei sie mit Kälte meist viel besser zurechtkommen als mit Hitze. Ein winterlich kalter Stall ist für sie – anders als für leidgeplagte, frierende Reiter – kein Problem. Das Kälteempfinden ihrer Menschen kann aber für die Tiere zum Problem werden. Nämlich dann, wenn im Stall sämtliche Fenster im Winter geschlossen bleiben, damit es die Pferde darin muckelig warm haben. Das bietet Krankheitserregern und Pilzen beste Bedingungen, sich zu entfalten. Die Folge beständig geschlossener Stallfenster sind spätestens im Frühjahr hustende Pferde, auf deren Schleimhäuten sich den Winter über alles Mögliche an Erregern getummelt hat. Die beste Gesundheitsvorsorge ist daher frische Winterluft in gut durchlüfteten Ställen.
Vernebeln gegen Husten
Atemwegsinfekte zählen im Winter zu den Klassikern der Erkrankungen, mit denen das Immunsystem der Pferde zu tun hat. Eine gute Therapie gegen hartnäckigen Husten ist das Vernebeln von Natriumhypochlorit (NaOCl). Entweder in Form einer Inhalationsmaske, die aber bei vielen Pferden zu Stress führt und eine Verengung der Atemwege bewirken kann. Unproblematischer ist es, mit einem Vernebler bzw. einer Nebeldusche in der Box die Atemluft des vierbeinigen Patienten zu vernebeln. Das feine Aerosol (0,5–5 µm MMAD) des Natriumhypochlorids gelangt bis in die feinsten Verästelungen des Bronchialsystems der Lunge und löst dort festsitzenden Schleim. Ebenso werden Staub- und Keimpartikel abgetötet und das Abhusten gefördert. Der reinigende Salznebel wirkt in den Atemwegen effektiv gegen Viren, Bakterien, Pilze und Sporen. Die mikrofeinen Nebeltröpfchen schweben lange in der Luft, sodass eine Hygienisierung der Raumluft erreicht werden kann. Durch einen Salznebel können Entzündungen gehemmt, die Durchblutung der Lunge verbessert und die Abwehrfunktion der Atemwege gestärkt werden. Zusätzlich wirkt die Vernebelung antiallergisch, pilzhemmend und abschwellend.
Großer Durst bei Kälte
Ein gesundes, den Außentemperaturen angepasstes Stallklima bedeutet auch, die Tränken regelmäßig zu kontrollieren, damit sie nicht

Ideal für die Winterfütterung ist gutes Heu.
zufrieren. Das wäre bei frostigen Temperaturen doppelt fatal, weil Pferde bei klirrender Kälte ebenso viel Waser brauchen wie in der Hitze des Sommers. Ein guter, allerdings nicht billiger Schutz sind beheizbare Tränken, die ebenfalls regelmäßig kontrolliert werden sollten, um die Wasserversorgung Ihres Pferdes sicherzustellen.
Angepasst füttern
Der winterlich reduzierte Stoffwechsel unserer Pferde hat bei der täglichen Fütterung seine Tücken. Denn einerseits braucht Ihr vierbeiniger Partner bei kalten Temperaturen mehr Energie, um seine Körpertemperatur zu halten. Andererseits bedingt dieser Sparmodus, dass nicht benötigte Kalorien vermehrt in Körperfett umgewandelt und gespeichert werden. Wer es mit dem Kraftfutter jetzt besonders gut meint, wird sein „Moppelchen“ im Frühjahr auf Diät setzten und überflüssige Pfunde abtrainieren müssen. Ein optimaler Wärmelieferant ist gutes Heu, von dem im Winter ruhig etwas mehr gefüttert werden kann.


KARSTEN KULMS
Tierheilpraktiker
Stallhygienisierung bei Atemwegserkrankungen, lichtinduzierte Behandlung von Sehnen-, Bänder- und Muskelschädigungen, Fachjournalist für Tierheilkunde, Experte für Pferde