Faszientherapie bei Pferden und Hunden
Was sind Faszien?
Faszien sind ein netzartiges Bindegewebe, das maßgeblich zur Stabilität und Elastizität des tierischen Körpers beiträgt. Es speichert Wasser und sorgt für geschmeidige Beweglichkeit. Faszien ziehen sich über weite Strecken hinweg durch den Körper und verfügen über eine direkte Verbindung zum vegetativen (autonomen) Nervensystem. Durch ihre Struktur sind Faszien ein perfekt aufeinander abgestimmtes Signalnetzwerk, das Informationen weiterleitet und sogar an Stoffwechselvorgängen beteiligt ist.
Die Bedeutung von Faszien
Im Körper umfassen Faszien verschiedene Strukturen, die den jeweiligen Aufgaben und Funktionen angepasst sind. Eine oberflächliche Faszienstruktur verfügt z. B. über eine faserige und lockere Eigenschaft, wohingegen Sehnen reiß- und zugfest sein müssen, um den jeweiligen Ansprüchen gerecht werden zu können. Lange Zeit war man sich über die wirkliche Bedeutung der Faszien nicht im Klaren. So spielten sie in der medizinischen Welt keine große Rolle. Mittlerweile ist bekannt, dass Faszien nicht nur eine Stütz- und Verbindungsfunktion zwischen den verschiedenen Strukturen des Körpers haben, sie dienen auch als Aufhängung der Organe. Durch die enthaltenen Rezeptoren sind sie gleichzustellen mit einem Sinnesorgan, über das der Therapeut einen Patienten bis hin zum Vegetativum erreichen kann. Zudem umhüllen Faszien Blutgefäße, Lymphgefäße und Nerven, die den Körper mit Boten- und Nährstoffen versorgen und über die Stoffwechselendprodukte zur Entsorgung abtransportiert werden. Wird dort dieses Bindegewebe funktionell eingeschränkt, kommt es zum Lymphstau, die Nerven werden gereizt und es entstehen Schmerzprozesse. Es ist erwiesen, dass Verklebungen, Verhärtungen oder Dysfunktionen an Faszien eine Schlüsselrolle bei einer Vielzahl von Beschwerden spielen, z. B. bei Muskelschmerzen. Auch wenn es im Bewegungsapparat zu Fehl-/ Überbelastungen oder Schonhaltungen kommt, werden Faszien in Mitleidenschaft gezogen. Dies führt zu weiteren Einschränkungen. Daher gewinnt die Erforschung und Behandlung von Faszien in der heutigen Medizin und Tiertherapie zunehmend an Bedeutung.
Faszienverklebungen und -verhärtungen können verschiedene Ursachen haben
• Stress
• Bewegungsmangel
• Verletzungen
• Überlastung
• Chronische Schmerzen
• Fehl- oder Schonhaltungen
• Genetische Faktoren
Um unsere Vierbeiner zu unterstützen, insbesondere wenn Anzeichen von Faszien-Beschwerden vorliegen, ist es wichtig, sorgfältig auf ihre Bedürfnisse und Verhaltensweisen zu achten. Die Bandbreite der ganzheitlichen Behandlungsformen wie Tierphysiotherapie oder
Hündin Lotta wird mit dem Faszienroller behandelt
Akupunktur ist groß und beeinflusst systemisch Schmerzen auf unterschiedliche Art und Weise. Eine Manipulation an verspannten oder verklebten Faszien führt im besten Fall zur lokalen Entspannung und somit zur Wiederherstellung der physiologischen Versorgung in Bezug auf Durchblutung, Lymphabfluss und Reizleitung der versorgenden Nerven.
Faszientherapie
Zu den verschiedenen Techniken, die in der Faszientherapie eingesetzt werden, zählen unterschiedliche Massagetechniken, Faszientraining, Akupunktur, verschiedene Faszienrollen und kinesiologisches Taping (spezielle Faszientechnik). Viele dieser Behandlungsmethoden Myofaszien lassen sich gut durch manuelle Faszientherapie lösen und mobilisieren. Verfestigte gelartige Kolloide können unter Einfluss mechanischer Kräfte vorübergehend flüssig werden. So können Verklebungen beseitigt werden. Die Nervenrezeptoren in den Faszien informieren über Körpergefühl und Schmerzwahrnehmung. In der Faszientherapie werden sie sanft angesprochen. Das kann zur spontanen Entspannung des Gewebes führen.
Der Skelettmuskel nimmt Einfluss auf das körperliche Wohlbefinden können zielführend mit der lokalen Vibrationstherapie (Novafon) kombiniert werden. Die lokale Vibrationstherapie hat den Vorteil, in die tiefer liegenden Strukturen vordringen zu können. Dies sorgt besonders schnell für Entspannung der umliegenden Muskulatur, Durchblutungsförderung, Verbesserung der Beweglichkeit und Flexibilität sowie Schmerzlinderung.
Warum Faszientherapie so wichtig ist
Der Körper des Tieres wird von Muskeln, Bändern, Sehnen und Faszien getragen. Sind diese Systeme in ihrer Funktion gestört, verhärtet oder überlastet, kann es durch Fehl- und Schonhaltungen zu einer Überbelastung der Gelenke und des knöchernen Skeletts kommen. Dadurch werden auch die umliegenden Strukturen in Mitleidenschaft gezogen. Arthrose und andere chronisch-schmerzhafte Prozesse können Folgen sein. Das zeigt, wie wichtig ein früher Ansatz auf faszialer und muskulärer Ebene in der Tierphysiotherapie ist.
Fallstudie Stute Soley, 16 Jahre: Probleme bei der Futteraufnahme und beim Kauen
Kieferblockade vermutet, durch Verhärtung des M. masseter (Kaumuskel), ausstrahlend auf den M. brachiocephalicus (Oberarm-Kopf-Muskel) und das umliegende Gewebe. Die Stute wurde auffällig durch deutlich verminderte Futteraufnahme und verhärtete Muskulatur im Halsbereich. Zuerst wurden klassische Massagetechniken angewandt, anschließend mit verschiedenen großen Faszienrollen aus Holz gearbeitet. Im Nachgang wurde mit dem Novafon behandelt. Im Fokus standen der M. masseter und der M. brachiocephalicus. Bereits nach kurzer Behandlungsdauer zeigte die Stute deutliche Entspannungszeichen.
Abschließend wurde eine Kinesiotaping-Anlage mit Faszientechnik auf den M. masseter angebracht. Selbstverständlich wird immer beidseitig gearbeitet. Nach der Behandlung konnte die Stute wie gewohnt Heu und Futter zu sich nehmen und war deutlich entspannter und beweglicher.
Georgina Löprich-Gräßler
Tierheilpraktikerin
Tierphysiotherapie, Tierpsychologie, Tierverhaltenstherapie, Kinesiotaping