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Tierverhaltenstherapie: Fälle aus der Praxis

Probleme im Mehrkatzenhaushalt

201505 Tierverhalten1Die beiden British-Kurzhaar-Kater Sammy (6) und Pedro (12) leben seit ihrem Absetzen in der geräumigen Dachgeschosswohnung ihrer alleinstehenden Besitzerin. Nie gab es Probleme zwischen den Katern, berichtet die verzweifelte Tierhalterin während der Erstkonsultation, und auch jetzt gäbe es keine Rangeleien oder Kämpfe zwischen den Tieren, alles sei friedlich wie immer. Doch seit einigen Monaten sei Pedro unsauber. Er verrichte sein kleines Geschäft vorzugsweise auf dem Bett seiner Besitzerin, scheue allerdings auch nicht vor frisch gewaschener Wäsche oder dem Sofa zurück.

Wir gehen systematisch vor. Häufig steckt hinter einem vermeintlichen Verhaltensproblem eine organische Störung. Jedoch erweist sich Pedro bei einer tierärztlichen Untersuchung als vollkommen gesund und wir finden kein Anzeichen auf eine Harnwegs- oder Nierenproblematik.
Bei längerer Beobachtung der beiden Kater in Interaktion fällt dem geschulten Auge jedoch sehr wohl eine deutliche Stress-Problematik auf. Der jüngere Kater besetzt bevorzugt höher gelegene Plätze wie das Sofa oder die Küchenzeile. Betritt der ältere Kater den Raum, wird er von Sammy fixiert und zeigt deutliche Anzeichen von Stress und Unsicherheit.

Die Diagnose ist eindeutig: Jahrelang war der ältere Kater der „Chef im Haus“ und dem jüngeren Tier im Rang überstellt. Nun, da Pedros Vitalität im fortschreitenden Seniorenalter nachlässt, beansprucht der jüngere Kater mehr und mehr dessen Position. Jedoch ist dieser Prozess durch Pedros innere Gegenwehr noch nicht abgeschlossen, sodass das Ranggefüge zwischen den beiden Katern bis dato ungeklärt bleibt. Jedes der beiden Tiere beansprucht die Position des Ranghöheren, was zu einem für das ungeübte Auge kaum merkbaren, für die Kater aber deutlichen Stress führt. Markieren des Reviers ist für die Katze ein Mittel, um Stress abzubauen, denn der Eigengeruch verleiht Sicherheit über die Verhältnisse. Pedro, der sich von Sammy verdrängt sah, wählte dieses Mittel, um ihm die „Besitzverhältnisse“ im Haus anzuzeigen.

Die Therapie gestaltet sich nicht ganz einfach. Die Besitzerin wird geschult, Sammys Rang zu stärken, damit sich eine klare Rangfolge ausbilden kann. Die Zahl der Katzentoiletten wird erhöht und beiden Katzen werden durch leichte bauliche Veränderungen Rückzugsorte geboten. Pedro wird zudem medikamentär zunächst mit Feliway®, Bach-Blüten und einer Diät mit vermehrter Zufuhr der Vitamine B12 und D sowie Magnesium unterstützt. Diese Maßnahmen wurden im Lauf der Zeit durch Gabe von Buspiron, einem anxiolytischen Medikament, erweitert, welches letztlich zur Lösung des Problems beitrug und Pedro davor bewahrte, ins Tierheim abgegeben zu werden.

Der bissige Dackel

201505 Tierverhalten2Der 12-jährige Rauhhaardackel Henry war zeitlebens ein richtiger Schatz, berichtet seine Besitzerin, eine sehr vitale ältere Dame, die ihren Hund auf den ersten Blick sehr gut im Griff zu haben scheint. Seit einiger Zeit mache ihr Henry jedoch vermehrt Probleme. Er habe einen anderen Rüden auf der Hundewiese gezwickt, zeige sich neuerdings deutlich nervös in der Dunkelheit, klebe in der Wohnung regelrecht an ihr und habe sie selbst aber auch schon einmal gebissen, als sie ihn ins Auto heben wollte. Die Besitzerin kann sich dieses merkwürdige Verhalten nicht erklären. Ein psychisches oder physisches Trauma habe nicht stattgefunden.

Bei der tierärztlichen Untersuchung kommen sehr schnell zwei Probleme ans Tageslicht: Henry hat deutliche Schmerzen in der Lendenwirbelsäule, welche sich als Spondylarthrosen mit nachfolgender Verspannung der Rückenmuskulatur herausstellen. Ferner leidet Henry an einer Schilddrüsenunterfunktion.
Durch die Rückenschmerzen fühlt sich Henry unwohler, weniger vital und unsicherer gegenüber anderen Hunden. Wird er schmerzhaft berührt, wehrt sich Henry bei Hund und Mensch durch Schnappen.
Eine Schilddrüsenunterfunktion beim Hund geht häufig mit gesteigerter Ängstlichkeit einher. Diese beiden Erkrankungen in Kombination erklären Henrys angst-aggressives Verhalten in der letzten Zeit.

Henry wird medikamentös und osteopathisch behandelt. Seine Angst vor der Dunkelheit legt sich rasch und der Rüde beginnt wieder, mit anderen Hunden zu spielen. Auch verfolgt er seine Besitzerin nicht mehr in der Wohnung. Er wirkt generell gelassener und lebensfreudiger. Einzig das Hochheben durch die Besitzerin toleriert er trotz der Behandlung nicht mehr, vermutlich in der Erwartung neuerlichen Schmerzes, den er mit der Aktion des Hochhebens assoziiert hat. Vertrauensstärkende Maßnahmen aus dem Formenkreis der Desensibilisierung und Gegenkonditionierung über einen Zeitraum von einem halben Jahr können letztlich auch bei diesem Problem Abhilfe schaffen.

Die Paracelsus Schule Hannover bietet ab Ende 2015 eine Ausbildung zum Tierpsychologen und -verhaltensberater unter der Leitung des Dozententeams Dr. Tatjana Höftmann (Kleintierpraktikerin, Tierverhaltenstherapeutin) und Michaela Wolf (Tierheilpraktikerin, Hundetrainerin) an.

Anmeldung und weitere Informationen auf www.paracelsus.de oder telefonisch unter 05 11 – 388 46 46

DR. TATJANA HÖFTMANN DR. TATJANA HÖFTMANN
TIERÄRZTIN, TIERVERHALTENSTHERAPEUTIN

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TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE

  • Innere Medizin
  • Dermatologie
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  • Reproduktionsmedizin
  • Tierverhaltenstherapie
  • Naturheilkundliche Verfahren
  • Dozentin an den Paracelsus Schulen

Fotos: © Master-L – Shutterstock, Csanad Kiss – Shutterstock

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