Darmgesundheit beim Hund: Prävention und Therapie
Die Gründe für Blähungen, Verstopfung und Durchfälle beim Hund können vielfältig sein. Um chronischen Erkrankungen vorzubeugen und akute Beschwerden zu lindern, stehen Entgiftung und Aufbau der Darmflora auf dem Behandlungsplan.
„Laika hat die Operation gut überstanden“, hatte die Tierärztin gesagt. Bei der Hundeseniorin musste eine Granne aus dem Bein entfernt werden. Über eine Woche lang hatte der Border-Mix ein hochdosiertes Breitbandantibiotikum und starke Schmerzmittel bekommen. Es dauerte nicht lange, da zeigten sich die Folgen zuerst mit Verstopfung und im Anschluss mit Durchfall. Bei der erneuten Vorstellung bei der Tierärztin wurde ein weiteres Antibiotikum und eine Schonkost verordnet. Doch der Durchfall blieb und hielt Hund und Besitzerin ordentlich auf Trab.
Laikas Geschichte ist nur eine von vielen, die beschreibt, wie sich – wenn es ungünstig verläuft – eine chronische Darmerkrankung entwickeln kann. Nicht selten beginnt für Mensch und Tier ein Kreislauf mit immer neuen Versuchen, die Verdauungsprobleme wieder in den Griff zu bekommen. Deshalb ist es unabdingbar, den Gründen auf die Spur zu kommen. Auslöser können neben der Folge von Antibiotika und invasiven Eingriffen auch Allergien, Futterunverträglichkeiten, zu häufige Wurmkuren, Stress, Veränderungen, Ängste, Überforderung oder hohe körperliche Belastung sein.
AUFGABEN VON DÜNNDARM UND DICKDARM
Im Dünndarm wird Gutes von Schlechtem getrennt. Dort entscheidet sich, welche Nahrungsbestandteile für den Körper wichtig sind und welche als Abfallstoffe an den Dickdarm weitergeleitet werden, um sie auszuscheiden. Ist das Gleichgewicht im Dünndarm gestört, gelangen Giftstoffe in die Leber. Auf Dauer führt das zu schweren Schäden bis hin zur Vergiftung. Ganzheitlich betrachtet, spiegelt sich im Dünndarm auch das Seelenleben des Hundes wider: Stress, Überforderung und Angst wirken sich auf die Verdauung aus. Der Dünndarm ist die Schnittstelle zur Außenwelt. Durch die Nahrung, die der Hund aufgenommen hat, steht der Magen-Darm-Trakt mit der Außenwelt in Verbindung. Dem Dickdarm fällt die Aufgabe zu, dem Nahrungsbrei Mineralien und Wasser zu entziehen, ihn zu festem Kot zu formen und diesen schließlich auszuscheiden. Die Darmschleimhaut sorgt dafür, dass der Kot gleitfähig bleibt und problemlos abtransportiert werden kann. Sie ist mit Billionen von Bakterien überzogen, die für sich ein kleines Ökosystem bilden: die Darmflora.
DARMFLORA
Der Begriff „Interstitielles Mikrobiom“ fasst alle Mikroorganismen im Darm zusammen, die den Dünndarm und den Dickdarm von Menschen und Tieren besiedeln. Zusammengefasst sind dies Bakterien, Viren, Einzeller und Hefen, die sich im Darm angesiedelt haben und deren Zahl vom Magen bis zum Dickdarm ansteigt. 99 Prozent aller Bakterien, die auf Menschen und Säugetieren leben, sind im Darm zu finden. Entsprechend wichtig sind ihre Aufgaben und ist ihre Bedeutung für den Wirt. Sie unterstützen aktiv die Verdauung und helfen dem Organismus, Nahrungsbestandteile zu verwerten, sie versorgen die Zellen in der Darmschleimhaut mit Energie, produzieren Folsäure, Biotin, Vitamin B2, B12 und das für die Blutgerinnung wichtige Vitamin K. Unabdingbar sind diese Mikroorganismen für die Stärkung des Immunsystems. Sie verhindern, dass sich schädliche Keime in der Schleimhaut einnisten und Infektionen verbreiten können.
GIFTIGE KEIME UND WUCHERNDE BAKTERIEN
Wird das Mikroklima im Darm z.B. durch eine längere Gabe von Antibiotika oder zu häufige Wurmkuren nachhaltig gestört, kann das fatale Folgen haben. Denn durch eine Veränderung der Bakterienzusammenstellung (Dysbiose) wird die Darmschleimhaut durchlässiger, sodass sich potenzielle Krankheitserreger leichter einnisten und vermehren können und das Immunsystem nachhaltig schädigen. Pathogene Keime produzieren Giftstoffe (Enterotoxine), die die Bildung von Sekret fördern und damit eine Entzündung der Darmschleimhaut auslösen.
Das filigrane Gleichgewicht wird ebenfalls gestört, wenn sich Bakterien ausbreiten, die normalerwiese nur in geringer Anzahl im Darm zu finden sind und dort wichtige Aufgaben, z.B. die Bildung von Vitamin B, übernehmen. So können zu viele Escherichia-coli-Bakterien lange Durchfallphasen auslösen.
MOROSCHE KAROTTENSUPPE
Ein bis zwei Tage anhaltende Durchfälle können gelegentlich auftreten. Sie sind ein natürlicher Reinigungsprozess des Körpers. Vielleicht hat der Vierbeiner eine Futterumstellung nicht vertragen, im Winter Schnee gefressen, reagiert sensibel auf Stress oder besondere körperliche Anstrengungen. In der Regel normalisiert sich die Konsistenz des Kotabsatzes recht schnell wieder. Insbesondere dann, wenn der tierische Patient nach einem Fastentag mit Bereitstellung von ausreichend Frischwasser noch zwei bis drei Tage eine Morosche Karottensuppe bekommt. Die Morosche Karottensuppe ist eines der besten Hausmittel bei Darminfektionen für Mensch und Tier. Entwickelt hat sie der Heidelberger Kinderarzt Prof. Dr. Ernst Moro im Jahr 1908. Durch ein überlanges Kochen von Möhren bilden sich spezielle Zuckermoleküle (Oligosacharide), die sich an die Darmwand heften und damit das Andocken gefährlicher Keime und Bakterien blockieren.
Bessert sich durch die Gabe der Karottensuppe der Durchfall, kann nach wenigen Tagen wieder das gewohnte Futter in kleinen Portionen gegeben werden. Unterstützend wirken in dieser Phase natürliche Durchfallmittel wie Heilerde und Probiotika (lebende Mikroorganismen, die sich auf der Darmschleimhaut ansiedeln und vermehren).
ERNSTE SYMPTOME FRÜHZEITIG ERKENNEN
Hält der Durchfall weiter an oder tritt nach kurzer Zeit erneut auf, und lässt sich zudem Blut im Stuhl nachweisen, so ist das als ernstes Problem zu werten und unbedingt ein Tierarzt aufzusuchen. Im Idealfall ist dieser offen für alternative Behandlungsansätze und greift nicht gleich zu einem Antibiotikum. Zwar verspricht dessen Einnahme eine vermeintlich schnelle Besserung, führt aber in den meisten Fällen dazu, dass die Probleme nach kurzer Zeit zurückkommen oder sich verschlimmern.
Oft wir damit ein sich immer weiter verkürzender Zyklus in Gang gesetzt, der zur chronischen Darmerkrankung führen kann, die dann oft durch Kortisongaben in den Griff gebracht werden soll. Für betroffene Vierbeiner und ihre Besitzer bedeutet das aber der Beginn eines Auf und Ab zwischen kurzzeitiger Verbesserung und erneut auftretenden blutigen Durchfällen, die wiederum eine noch höhere Kortisondosis nach sich ziehen.
DÜNNDARM- ODER DICKDARMERKRANKUNG?
Hält der Durchfall länger als eine Woche an, spricht man von einem chronischen Geschehen. In diesen Fällen muss die Ursache unbedingt durch einen Tierarzt abgeklärt werden. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob der Durchfall vom Dünndarm oder vom Dickdarm ausgeht, ob die Bauchspeicheldrüse geschwächt ist oder eine Störung bei der Bildung von Gallenflüssigkeit vorliegt. Auch ein Tumor als Grund kann nicht ausgeschlossen werden. Je differenzierter die Diagnose vom Tierarzt gestellt wird, desto gezielter kann ein Therapieplan erarbeitet werden. Chronischer Dünndarmdurchfall geht mit fast flüssigem oder fettigem Kot einher, der in großen Mengen ausgeschieden wird. Der Hund ist schlapp, müde und verliert schnell an Gewicht. Ist hingegen der Dickdarm beteiligt, so ist der Kot mit Schleim überzogen und oft mit hellem Blut vermischt. Die Kotmengen sind geringer als bei Dünndarmdurchfall und der Gewichtsverlust lässt sich erst später beobachten. Allerdings leiden die Tiere meist unter Blähungen und Bauchschmerzen, die mit Darmgeräuschen verbunden sind, und die Hunde verspüren ständig den Drang, Kot abzusetzen.
ENTGIFTUNG UND DARMSANIERUNG
Darmprobleme müssen nicht zwangsläufig mit einem Antibiotikum behandelt werden. Es gibt Alternativen, die mit etwas Geduld zu einer wesentlichen Verbesserung des Wohlbefindens des tierischen Patienten führen. Eine Umstellung der Ernährung auf Rohfütterung ist hier eine erste Maßnahme. Mit Hilfe einer Ausschlussdiät lassen sich allergieauslösende Nahrungsbestandteile definieren und eliminieren. Vermieden werden sollten Getreide (Glutenunverträglichkeit), zu Beginn der Futterumstellung auch Obst und Milchprodukte (Ausnahme: laktosefreier Hüttenkäse, Joghurt). Hingegen ist es wichtig, auf ausreichend Ballaststoffe zu achten. Empfehlenswert ist die Gabe von Darmbakterien, auch von pflanzlichen Enzymen und Vitamin B12.
Ziegenkolostrum kann die Entgiftung unterstützen, Vitalpilze – wie etwa der Hericium – wirken heilsam und sollten ebenfalls Teil der Therapie sein.
Die Homöopathie bietet verschiedene Möglichkeiten an, die für eine Behandlung bei akuter Symptomatik in Betracht kommen, z.B. Colocynthis (bei Blähungen und Durchfall), den Klassiker Nux vomica, der in keiner Hausapotheke fehlen sollte (bei Verdauungsstörungen, Durchfall, Blähungen etc.), oder Sulfur (wenn sich Verstopfung und Durchfall abwechseln oder stark riechender Kot nach zu häufiger Entwurmung abgesetzt wird).
Bei chronischen Symptomatiken können Schüßler-Salze unterstützend eingesetzt werden, z.B. Kalium chloratum (bei chronischer Darmentzündung oder Bauchkrämpfen).
EINLAUF, WICKEL UND UMSCHLÄGE
Feuchte Wärme lindert Bauchschmerzen und Blähungen. Dazu warme Dampfwickel über den Bauch legen und darüber eine nicht zu heiße Wärmflasche legen. Das entspannt den Darm.
Bei akuten Infektionen sowie bei Vergiftungen hilft eine Darmspülung (Einlauf). Entsprechende Klysopumpen gibt es in jeder gut sortierten Apotheke. Darüber wird Flüssigkeit in den After gespritzt, um feste Kotkrusten von der Darmwand zu lösen und zu festen Stuhl durch die Flüssigkeit (abhängig von der Größe des Hundes mit ¼ bis 1½ Liter Wasser auf Körpertemperatur) zu verdünnen. Die Spülung so oft wiederholen, bis die ausgeschiedene Flüssigkeit klar ist. Da diese Spülungen durchschlagenden Erfolg haben, wählt man dafür am besten einen Ort im Freien oder die Badewanne.
ALTERNATIVEN FÜR MAGENSÄUREBLOCKER
Abschließend noch ein Tipp für Vierbeiner, die ernährungsbedingt (durch Trockenfutter und viel Feuchtfutter) oft aufstoßen müssen, extrem speicheln, schmatzen oder Gras fressen: Statt Magensäureblocker lieber mehrmals täglich Ulmenrinde und Leinsamenschleim füttern und für die Zufuhr von Ballaststoffen auf Flohsamen zurückgreifen. Generell sollte in diesen Fällen über eine Umstellung auf Rohfütterung nachgedacht werden.
CLAUDIA HÖTZENDORFER
DIPL.-JOURNALISTIN
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
Autorin und Lektorin, Herausgeberin des Online-Magazins Duesseldogs.de,
Schwerpunkte: Ernährung, Gesundheit und Forschung
KONTAKT
REZEPT UND VERZEHREMPFEHLUNG ZUR MOROSCHEN KAROTTENSUPPE
GRUNDREZEPT
1kg Karotten waschen, die Enden abschneiden, schälen und in kleine Stücke schneiden. In einem großen Topf mit Wasser aufgießen und aufkochen. Danach 90 Min auf niedriger Stufe köcheln lassen. Zwischendurch umrühren und den Wasserstand kontrollieren, ggf. auffüllen. Karotten abtropfen, den Gemüsesaft auffangen und das Gemüse fein pürieren, danach 1 g Meersalz (1TL) für die Elektrolyte und den Saft wieder dazugeben. Hat der Hund Nierenprobleme, das Salz weglassen. Die Suppe sollte die Konsistenz von Dickmilch haben. Auf Zimmertemperatur abkühlen.
VERZEHREMPFEHLUNG
In akuten Fällen nach einem Fastentag in kleinen Portionen füttern. Zusätzlich ggf. noch etwas Hüttenkäse in den Brei geben. Wird die Verdauung besser, kann nach zwei bis drei Tagen wieder auf das gewohnte Futter umgestellt werden. Es empfiehlt sich trotzdem, für eine Weile noch den Möhrenbrei eine halbe Stunde vor jeder Mahlzeit zusätzlich zu füttern, um die Darmschleimhaut zu schützen.
HINWEIS ZUR MENGENANGABE
Sehr kleine Hunde 0,1 Liter, kleine Hunde 0,25 Liter, mittelgroße Hunde 0,5 Liter, große Hunde 0,75 Liter, sehr große Hunde 1 Liter.
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