Skip to main content

Serie Pferdernährung: Grundfutter

Die einfache und doch schwierige Basis der Pferdefütterung

Futtermittel für Pferde werden in Grundfutter und Kraftfutter eingeteilt. Wie die Bezeichnungen schon vermuten lassen, bildet das Grundfutter die unverzichtbare Basis, während das Kraftfutter bedarfsabhängig eingesetzt wird. In diesem Teil geht es um das Grundfutter, also Weidegras, Heu, Silage etc. Hier stellt sich nun die Frage: Was sollte in die Raufe?

FUTTERGRUNDLAGE VON PFERDEN

Rohfaserreiche Pflanzen, insbesondere Gräser und Kräuter, bilden die natürliche Futtergrundlage der Pferde und sind aufgrund der anatomischen und physiologischen Gegebenheiten lebensnotwendig. Als Faustzahl gilt hierbei die tägliche Menge von 1,5 kg Trockensubstanz Raufutter pro 100 kg Lebendgewicht des Pferdes, also z.B. bei einem Trockensubstanzgehalt von 85 Prozent ca. 12 kg Heu pro Tag für ein 600 kg schweres Pferd.

DIE GÄNGIGSTEN GRUNDFUTTERMITTEL SIND

  • Frisches Weidegras
  • Heu
  • Grassilage
  • Heulage
  • Wiesencobs

FRISCHES WEIDEGRAS

Weidegras ist das wichtigste Grundfutter für Pferde – und dennoch ist die Weidefütterung eine große Herausforderung für den Pferdehalter. Warum ist das so? Weidegras ist ein Naturprodukt und wird daher in seiner Zusammensetzung und Qualität von vielen Faktoren beeinflusst, die sich regional stark unterscheiden. Bodenqualität, Niederschläge, Temperatur und das Relief sind die klassischen natürlichen Einflussfaktoren auf die Pflanzengesellschaft der Weide. Hinzu kommen die Beeinflussungen durch den Menschen über die Auswahl des Saatgutes, die Düngung, die Nutzungsintensität und die Pflege der Flächen. Man muss sich nur einen Fußballplatz und eine Alpenwiese vorstellen und bekommt sofort eine Ahnung davon, wie unterschiedlich Grasflächen sein können!
Pferde haben in der Auswahl ihrer Futterpflanzen und in der Beweidung ein sehr spezielles Verhalten, das darauf beruht, im Laufe des Tages recht lange Distanzen zurückzulegen und dabei auf einer großen Fläche die gewünschten Futterpflanzen auszuwählen. Als Faustzahl gelten 0,5 ha pro Pferd als Besatzstärke. Häufig stehen in der Pferdehaltung entsprechend weite Flächen gar nicht zur Verfügung, sodass es schnell zu einer Überweidung und einer negativen Veränderung der Pflanzengesellschaften kommt. Viele Kräuter, die von Pferden gerne aufgenommen werden und die wichtige gesundheitsfördernde Eigenschaften haben, reagieren empfindlich auf eine intensive Nutzung und verschwinden immer mehr von den Weideflächen.
Viele Pferdeweiden wurden in der Vergangenheit z.B. für die Rinderhaltung oder als Mähflächen genutzt. Auf diesen Flächen finden sich daher oftmals Grassorten, die zwar sehr energiereich und ertragsstark sind, für die Verdauungsphysiologie des Pferdes jedoch aufgrund ihres geringen Rohfaseranteils und des hohen Eiweiß- oder Fruktangehaltes negativ zu bewerten sind und sogar gesundheitsschädlich sein können (Hufrehe, Koliken, Stoffwechselstörungen).

EINE OPTIMALE PFERDEWEIDE SOLLTE

  • ausreichend weitläufig sein (wobei eine kleine Weide besser als gar keine ist)
  • eher überständig sein, also faserhaltige, ältere Pflanzen enthalten
  • eine breite Pflanzengesellschaft aus Gräsern und Kräutern umfassen
  • fruktanarme Grassorten beinhalten (z.B. Rotschwingel, Wiesenlieschgras)
  • regelmäßig gepflegt werden (Abäppeln, Abschleppen, Nachmähen, Düngen, Nachsäen)

HEU

Heu ist getrocknetes Mähgut einer Wiese – daher gelten für die Zusammensetzung und die Qualität des Heus die gleichen Kriterien wie für eine Weide. Beeinflusst wird die Heuqualität darüber hinaus von der Gewinnung und der Lagerung. Die Konservierung des Schnittgutes erfolgt bei der Heugewinnung ausschließlich durch Trocknung. Der Trockensubstanzgehalt von Heu sollte bei mindestens 85 Prozent liegen. Durch den Wasserentzug wird der Verderb, der durch Mikroorganismen und Sauerstoffeinwirkung ablaufen würde, gestoppt. Nach der Einlagerung sollte das Heu für 6 – 8 Wochen bei guter Belüftung ruhen und nicht an Pferde verfüttert werden, da in dieser Zeit noch Keime und Bakterien aktiv sein können, bis es zur Keimruhe kommt. Bei falscher Lagerung, insbesondere wenn das Futter nass wird, kann sich im Heu Schimmel bilden. Oft befinden sich die Schimmelsporen für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar im Heu. Staubiges Heu ist meistens von Schimmel befallen, sodass die Schimmelsporen beim Aufschütteln des Futters verteilt werden und die Gesundheit von Pferd und Mensch beeinträchtigen können.

GUTES PFERDEHEU SOLLTE

  • von Flächen mit gesundem Boden und einem artenreichen Pflanzenbestand geerntet werden
  • nicht zu nah am Boden gemäht werden, um Verunreinigungen durch Erde und Clostridien zu vermeiden
  • ausreichend lange getrocknet werden, um Schimmelbildung zu vermeiden
  • trocken gelagert werden
  • hellgrün gefärbt sein und frisch duften
  • wenig Staub enthalten

GRASSILAGE

Für die Herstellung von Grassilage wird das Gras relativ früh gemäht, der Rohfasergehalt ist also vergleichsweise gering, der Proteingehalt relativ hoch. Allein dieser Umstand macht die Grassilage zu einem für Pferde im Grunde nicht geeigneten Futtermittel. In der Grassilage erfolgt die Konservierung durch Vergärung, ähnlich wie bei der Herstellung von Sauerkraut. Die im Gras enthaltenen Zuckerstoffe und Proteine werden durch Milchsäurebakterien fermentiert. Dadurch entsteht ein sehr saures Futter mit niedrigem pH-Wert und geringem Trockensubstanzgehalt von ca. 45 Prozent. Diese Übersäuerung muss vom Organismus ständig ausgeglichen werden, da das Verdauungssystem der Pferde nicht auf saueres Futter ausgerichtet ist. Durch den Prozess der Vergärung bilden sich zudem verschiedene Biogene Amine (z.B. Histamin), die stark Leber und Stoffwechsel belastend sind. Eine gute Grassilage für Pferde gibt es also im Grunde nicht. Daher sollte dieses Futtermittel am besten gar nicht und allenfalls als Notlösung über eine kurze Zeit an Pferde verfüttert werden.

HEULAGE

Wie der Name schon vermuten lässt, ist die Heulage eine Mischform aus Heu und Grassilage. Zur Herstellung von Heulage wird das Mähgut anfangs genauso behandelt wie bei der Heugewinnung, es wird jedoch nicht bis zu einem Trockensubstanzgehalt von 85 – 90 Prozent getrocknet, sondern mit einer Trockensubstanz von 60 Prozent (teilweise auch mehr) eingebracht. Die Heulage wird in Ballen gepresst und mit Folie umwickelt. Im Gegensatz zu Grassilage kommt es aufgrund des höheren Trockensubstanzgehaltes jedoch nur zu einer geringgradigen Konservierung durch Vergärung. Zudem sind durch die stärkeren Lufteinschlüsse des trockenen Materials schlechtere Bedingungen für den Fermentationsprozess gegeben. Die Konservierung der Heulage in den eingewickelten Ballen findet zum größten Teil durch CO2 statt, das sich durch die Umbauprozesse unter Luftabschluss bildet. Da der pH-Wert nicht so stark absinkt wie bei Grassilage, werden verschiedene Krankheitserreger möglicherweise nicht abgetötet. Dies betrifft insbesondere Clostridien, die z.B. über Kadaver von Mäusen ins Futter gelangen und die für Pferde tödliche Krankheit Botulismus auslösen können.
Da die Heulage nicht so stark sauer ist wie Grassilage, ist dieses Futtermittel grundsätzlich für Pferde geeignet. Allerdings ist auch hier mit einer Stoffwechselbelastung durch den niedrigen pH-Wert zu rechnen. Zudem wird bei der Heulage-Fütterung oftmals die Entstehung von Kotwasser beobachtet. Dies hängt möglicherweise mit dem höheren Wassergehalt des Futters zusammen. Wissenschaftlich konnte ein Zusammenhang jedoch noch nicht nachgewiesen werden. Ebenso wie beim Heu ist zu beachten, dass nur hochwertigste Heulage an Pferde verfüttert werden darf. Aufgrund der vielen Fehlerquellen, die bei der Heulagegewinnung vorhanden sind und das Futter ungeeignet für Pferde machen können, sind regelmäßige Qualitätskontrollen des Futters extrem wichtig, um Gesundheitsschäden der Pferde zu vermeiden. Da die Heulage in witterungsbeständige Folie eingewickelt wird, ist die Lagerung dieses Grundfuttermittels für die Wintermonate deutlich einfacher als die von Heu. Daher sind inzwischen viele Pensionsställe dazu übergegangen, Heulage zu füttern. Heulage ist in der Regel staubärmer als Heu und kann daher für Pferde mit Atemwegserkrankungen eine denkbare Alternative zu Heu sein.

GUTE HEULAGE SOLLTE

  • von Flächen mit gesunden Böden und artenreichem Pflanzenbestand geerntet werden
  • möglichst hoch über den Boden gemäht werden, um Verunreinigungen durch Erde oder Clostridien zu vermeiden
  • während des Wickelvorganges sehr gut gepresst werden, um Lufteinschlüsse zu vermeiden
  • vollständig eingewickelt werden, um eine gute Konservierung und Lagerfähigkeit zu erreichen
  • einen Trockensubstanzgehalt von 60 – 70 Prozent haben
  • keine Schimmelnester, Erdklumpen oder Tierkadaver enthalten

WIESENCOBS

Für die Herstellung von Wiesencobs wird Gras warmluftgetrocknet, gehäckselt und pelletiert. Vor dem Verfüttern müssen die Cobs wieder eingeweicht werden. Durch diese Verarbeitungsform entsteht ein qualitativ sehr hochwertiges Futter, das als Heuersatz eingesetzt werden kann. Diese Form des Grundfutters eignet sich insbesondere für ältere Pferde, die Heu nicht mehr gut kauen können, oder zum Auffüttern von kranken sowie untergewichtigen Tieren.

WAS SOLLTE IN DIE RAUFE?

In den Sommermonaten ist Weidegang die beste Fütterung für Pferde. Die tägliche Dauer und die zugewiesene Fläche sind von den individuellen Gegebenheiten abhängig.
Für die Winterfütterung oder wenn im Sommer nicht ausreichend Weideflächen zur Verfügung stehen, ist Heu die beste Wahl! Die Vorteile der Heufütterung überwiegen deutlich gegenüber den wenigen Nachteilen, die durch staubiges Heu entstehen können.
Heulage ist für Pferde als Grundfutter geeignet, vorausgesetzt, sie ist von bester Qualität und wird vom Pferd individuell gut vertragen. Wenn kein oder wenig Heu zur Verfügung steht oder wenn keine geeignete Lagermöglichkeiten für Heu vorhanden sind, ist die Fütterung mit Heulage eine prüfenswerte Alternative zur Heufütterung. Voraussetzung sollte immer die individuelle Verträglichkeit sein. Um die Stoffwechselbelastung durch die Übersäuerung gering zu halten, ist es empfehlenswert, geeignete Futterergänzer wie Kieselgur einzusetzen und regelmäßig die Leberwerte zu kontrollieren bzw. eine Leberkur durchzuführen. Wenn es die Möglichkeit zur Heufütterung gibt, ist diese aber grundsätzlich vorzuziehen.
Auch für Pferde mit Atemwegserkrankungen, die besonders empfindlich auf Staub und Schimmelsporen reagieren, ist Heu das beste Grundfuttermittel – allerdings müssen dann die Möglichkeiten gegeben sein, das Heu entsprechend zu behandeln, um die Staubbelastung zu reduzieren. Geeignete Maßnahmen sind z.B. das Wässern oder Bedampfen. Da Grundfutter die Basis der Pferdefütterung darstellt und die Pferdegesundheit maßgeblich davon abhängig ist, sollte der Pferdehalter diesem auch entsprechende Aufmerksamkeit zukommen lassen. In Futterwerttabellen finden sich auch für Grundfutter Angaben über die Inhaltsstoffe. Dies sind jedoch Durchschnittswerte. Wenn man als Pferdehalter individuelle Futterrationen berechnen und seine Pferde bedarfsgerecht füttern möchte, ist es empfehlenswert, das eingesetzte Grundfutter analysieren zu lassen. Dieser Service wird über verschiedene Stellen, z.B. die Landwirtschaftlichen Untersuchungsanstalten (LUFA), angeboten.

Im nächsten Teil behandeln wir die Thematik „Kraftfutter für das Pferd“.

ANNETTE BARZ
DIPL.-AGRARINGENIEURIN
TIERHEILPRAKTIKERIN

TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
Tierzucht, -haltung und -fütterung, Allergiebehandlung, Studienleiterin der Paracelsus Schule Leipzig

KONTAKT
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Fotos: © Dozornaya – Adobe, © Encierro – Adobe, ©: Africa Studio – Adobe