Aufzucht von Kätzchen: Tagebuch von Flaschenkindern
Vorgeschichte der Kätzin
Mitte Juli wurde eine Kätzin zusammen mit ihren Kitten auf einem Feldweg aufgefunden. Beide wurden ins Tierheim gebracht, wo bei der Eingangsuntersuchung festgestellt wurde, dass die Kätzin erneut tragend war. Sie wurde auf den Namen Dolly getauft. Es dauerte nicht lange, bis sie Bärbelchen, eines ihrer Kitten, nicht mehr akzeptierte und sogar attackierte. Da Bärbelchen schon alt genug war, um selbstständig feste Nahrung aufzunehmen, wurden die beiden getrennt und Dolly in einer Box untergebracht, in der sie in Ruhe werfen konnte.
Grunddaten
Katze Dolly warf am 14.08.2015 vier gesunde Kitten, 2 Kätzinnen und 2 Kater, die wir später Antonia, Pünktchen, Charles und Gandalf nannten. Untypischerweise gebar Mutterkatze Dolly am frühen Morgen, denn normalerweise werfen unsere Tierheimkatzen vorwiegend nachts. Die Geburt war nicht ganz unproblematisch und es dauerte mehr als zweieinhalb Stunden, bis alle vier Kitten auf der Welt waren.
TAG 1 – Ich hatte gerade den ersten Monat als Angestellte im örtlichen Tierheim hinter mich gebracht und war schon recht eingespannt. Der normale 8-StundenTag, wie ihn vielleicht einige unter Ihnen kennen, existiert in Berufen mit Tieren generell nicht. Kurz vor 12, also knapp vor der eigentlichen Mittagspause, kam meine Kollegin und erzählte mir, dass etwas mit Mutterkatze Dolly nicht stimme. Sie wolle nicht fressen und verhalte sich auch ansonsten eigenartig. Nach einem kurzen Blick auf Dolly war mir klar, dass es ihr tatsächlich nicht gut ging. Ich rief sofort in der Tierklinik an und bat darum, sie mögen noch ein paar Minuten auf mich warten. Die Kätzin hatte massive Schmerzen im Bauchraum und biss mich beim Abtasten durch die Tierärztin kräftig in die Hand. Das Krankheitsbild war schnell geklärt und die Diagnose lautete Mastitis (Gesäugeentzündung). Dolly bekam Schmerzmittel und Entzündungshemmer sowie ein Antibiotikum. Die 13 Tage alten Kitten mussten sofort vom Muttertier getrennt werden. Erstens aufgrund der Medikation, zweitens, um den Milchfluss einzudämmen, denn das milchproduktionsanregende Hormon Oxytocin wird bei Katzen nur ausgeschüttet, solange die Kätzchen in Sicht-, Riech- oder Hörweite der Mutter sind. Dolly durfte zurück ins Tierheim, kam allerdings zur Überwachung und zu Medikamentengabe auf die Quarantänestation. Ihre vier Babys wurden während meiner Abwesenheit von meiner Kollegin mit Wärmescheiben versorgt. Somit war klar, dass die vier Kitten Flaschenkinder werden würden. Nach Absprache mit meinen Eltern und meinem Lebensgefährten erklärten wir uns bereit, die Aufzucht von Antonia, Pünktchen, Charles und Gandalf zu übernehmen. Die Augen geöffnet, die Ohren am entfalten und sie waren in der Lage, sich mit den Füßchen auf dem Bauch rutschend über den Boden fortzubewegen (Startgewicht: Antonia ca. 190g, Pünktchen ca. 195g, Charles ca. 210g, Gandalf ca. 205g).
Unterbringung
Die vier Kitten wurden in eine zugluftfreie Zimmerecke in ein Katzenkörbchen gelegt, in das eine Wärmescheibe platziert werden konnte. Im Gegensatz zu Kitten, die bei ihrer Mutter aufwachsen, sollte die Umgebungstemperatur statt 21 ca. 30 Grad Celsius betragen (angelehnt an Dr. med. vet. Natalie Dillitzers Buch „Tierärztliche Ernährungsberatung“). Außerdem sollte auf ausreichende Luftfeuchtigkeit geachtet werden. Weil die Kleinen sich bereits selbstständig fortbewegen konnten, wenn auch nur langsam, stellten wir ein handelsübliches Kleintierfreilaufgehege auf, um die Kätzchen vor möglichen Gefahren wie Einklemmen hinter der Tür oder Herunterfallen bei möglichen Kletterversuchen zu schützen.
Fütterung
Für die Aufzucht verwendeten wir als Ersatzmilch Royal Canin Babycat Milk. Die Kätzchen waren anfangs nicht sonderlich begeistert über die handwarme Flüssigkeit, sodass wir minimale Mengen an Kondensmilch untermischten, um den Geschmack attraktiver zu machen. Doch da die Kitten anfangs nicht bereit waren, ihre Mäulchen für die Fütterung zu öffnen, fiel uns das Ernähren sehr schwer. Mit 5ml-Spritzen und jeder Menge Geduld brachten wir nach einer Weile dennoch tröpfchenweise die Milch in die Katzen. An das Trinken aus Nuckelflaschen war jedoch noch nicht zu denken. Nach jeder Fütterung mussten die Bäuchlein zur Anregung der Verdauung gerieben werden. Im Normalfall leckt die Mutter nach dem Säugen die Bäuche und den Analbereich der Jungtiere, um den Verdauungstrakt zu stimulieren. Die Entleerung der Blase klappte bei allen vier Kitten von Anfang an, nur Stuhl wurde am ersten Tag nicht abgegeben. Die erste Nachtschicht stand an, denn die Kitten mussten alle 2 Stunden, manchmal auch im 1,5-Stunden-Rhythmus gefüttert werden. Das Ziel war eine tägliche Gewichtszunahme von ca. 10 g.
TAG 2 – Antonia verweigerte ziemlich heftig die Fütterung. Sie machte uns daher große Sorgen, denn sie war ohnehin schon die Leichteste des Wurfes. Zur Stärkung des Immunsystems und um Schnupfen vorzubeugen, gaben wir den Kitten Feliserin aufs Näschen. Pünktchens rechtes Auge war etwas verklebt und wurde mit Floxal behandelt. Auch an Tag 2 zeigten die Kitten leider keinen Kotabsatz.
TAG 3 – Die Kitten krabbelten inzwischen recht munter umher und suchten sogar Körperkontakt. Mithilfe einer neuen Saugflasche von Gimpet konnte das Trinken für die Kätzchen wesentlich vereinfacht werden, sodass wir die 5ml-Spritze glücklicherweise beiseitelegen konnten. Dann setzte Pünktchen als erste weichen, hellen Kot ab.
TAG 4 – Antonia trank immer noch sehr schlecht, aber wenigstens nuckelte sie mittlerweile selbstständig. Die Kater setzten nun auch das erste Mal Kot ab.
TAG 5 – Nun setzte auch Antonia zum ersten Mal Kot ab, was wir als sehr gutes Zeichen werteten.
TAG 6 – Die Kitten fingen an zu zahnen und waren dementsprechend quengelig. So oft es ging, verbrachten wir Zeit bei den Kätzchen oder ließen sie bei uns liegen, während wir ein Buch lasen oder fernschauten.
TAG 7 – Nun weigerten sich die Kitten, alleine in ihrem Körbchen zu schlafen und schrien nachts und nach der Fütterung, wenn sie keinen Körperkontakt bekamen.
TAG 8 – Inzwischen konnten wir auch selbstständigen Urinabsatz beobachten.
TAG 9 – Mit 21 Tagen brachen die ersten Backenzähne beim gesamten Wurf gleichzeitig durch.
TAG 10 – Die Kätzchen nahmen zum ersten Mal Nassfutter auf (Animonda Baby Pate, das wir mit lauwarmem Wasser verdünnten). Am besten gelang dies bei der anfangs so fressunlustigen Antonia.
TAG 11 – Die Neugier bei den Kitten wuchs und sie erkundeten bereits die Höhle des Kittenkratzbaumes, krabbelten im Zimmer umher, kamen auf Zuruf und beim Klopfen mit dem Finger auf den Boden sofort angerannt.
TAG 12 – Die Schlafzeiten verkürzten sich und der Hunger wurde größer. Die Kätzchen wollten die Welt erkunden und nahmen nun eine Menge unserer Zeit in Anspruch. Da wir uns die Arbeit zu viert teilten, wurde zum Glück allen Katzen genug Aufmerksamkeit zuteil.
TAG 13 – Während wir immer müder wurden, schliefen die Kitten kaum mehr. Kot wurde inzwischen regelmäßig selbstständig abgesetzt.
TAG 14 – Antonia fraß eigenständig aus der Nassfutterschüssel und ging zum ersten Mal zum Urinieren aufs Kittenklo. Die Kätzchen waren 26 Tage alt und es stand ein Kontrollbesuch bei der Tierärztin an. Außerdem wollten wir die Katzen so früh wie möglich an Tierarztbesuche und den Transportkorb gewöhnen, um später keine Probleme bei den Behandlungen zu bekommen.
TAG 16 – Gandalf spielte das erste Mal mit einem Ball.
TAG 21 – Die Kitten konnten jetzt ihre Krallen einziehen und willkürlich wieder ausfahren.
TAG 23 – Während Antonia liebend gern Nassfutter fraß, war Charles davon absolut nicht angetan und bestand immer noch auf seine Aufzuchtmilch. Die Kitten hatten inzwischen ein ordentliches Gewicht von 320 – 400g erreicht.
TAG 24 – Im Alter von 36 Tagen ging dann auch Charles an das Nassfutter.
Weiterer Verlauf
Die erste Impfung gegen Katzenschnupfen und Katzenseuche war mit 8 Wochen fällig. Zwischenzeitlich waren alle vier Kätzchen zu gesunden und agilen Jungkatzen herangewachsen und durften nach der Impfung auch endlich ihre Mitbewohnerinnen Polly (9 Jahre) und Candy (6 Jahre) kennenlernen. Die Nachimpfung erfolgte 4 Wochen nach der ersten Impfung. Damit war die Grundimmunisierung abgeschlossen.
Um die Katzen, die in ihrem weiteren Leben Hauskatzen bleiben sollten, zu beschäftigen, wurde ab der 7. Woche mit dem Clickertraining begonnen und sie wurden ans Geschirr gewöhnt. Bis auf Antonia gingen die Kätzchen gerne ein wenig in den Garten und besuchten auch mal unsere Nachbarin in ihrer Wohnung.
Kastriert wurde der ganze Wurf dann im Februar nach abgeschlossenem Zahnwechsel. Da uns die vier Rabauken mittlerweile sehr ans Herz gewachsen waren, beschlossen wir, sie zu behalten. Sie verstehen sich inzwischen gut mit unseren älteren Ladys und wir freuen uns schon auf ihren ersten Geburtstag!
JANA BARTH
TIERHEILPRAKTIKERIN
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