HOMÖOPATHIE: Die Ledum-Lüge
Wenn die ersten wärmeren Sonnenstrahlen auf die Erde treffen, erwachen die Lebensgeister von Mensch und Tier. Frühlings- und längere Sommertage locken mit mehr Zeit zu ausgedehnten Spaziergängen mit dem Hund, die Ausritte werden länger und auch unsere Hauskatzen weiten ihre Streifzüge wieder aus. Zeitgleich beginnt die sog. Zeckensaison. Die kleinen Blutsauger kriechen wieder aktiv zutage und unsere Tiere – und natürlich auch wir – werden von diesen Parasiten als Wirt genutzt.
Es ist bekannt, dass Zecken Krankheiten übertragen, wie z. B. Borreliose, Babesiose, Hepatozoonose. Also kommt immer wieder die Frage nach dem richtigen und v. a. wirkungsvollen Schutz für unsere Tiere auf. Die gängigen Spot-on-Präparate sind ziemliche Chemiekeulen und viele Tierhalter suchen nach Alternativen.
Im Internet, in Hundeschulen und auch in diversen Magazinen findet man dann viele Tipps und Empfehlungen von Bernsteinkettchen über alternative Spot-ons bis hin zu homöopathischen Zeckenbiss-Prophylaxe-Empfehlungen, welche heute näher hinterfragt werden sollen. Diese lauten dann in etwa so:
„… Eine weitere Möglichkeit zur Bekämpfung eines Zeckenbefalls bietet die Homöopathie. Hier ist v. a. ein Mittel zu nennen: Ledum in der Potenz C200. Davon sollte man einem Hund je nach Größe 3–5 Globuli geben und diese Gabe nach 2–3 Wochen wiederholen …“
Dieser Tipp wird auch noch anders mit noch höheren Potenzangaben weitergereicht:
„… Ich habe eine Ausbildung zum Tierhomöopathen absolviert und kann folgendes homöopathische Mittel nur empfehlen … Ledum D1000 … davon 1 Mal im Monat 10 Stück … Verabreichen Sie das Mittel das ganze Jahr, und schon nach 2 Monaten (solange braucht das Mittel, bis es wirkt) ist Ihr Hund vor den meisten Zecken verschont …“
Sogar Apotheken bieten „Anti-Zecken-Globuli“ an, welche dann homöopathische Komplexmittel sind: Hier die Inhaltstoffe aus dem Beipackzettel:
- Borrelia Nosode Sdf. D30
- Borrelia Nosode Sdf. D200
- Pyrogenium Nosode D30
- Echinacea D4
- Lachesis D12
- Ledum D30
- Ledum D200
- Ferrum Phospor. D12
- Vincetoxicum D8
- Hypericum D12
Auch hier ist wieder Ledum mit von der Partie.
Natürlich wissen wir als Tierheilpraktiker, die die Homöopathie nach den Regeln Hahnemanns anwenden, dass diese Verordnungen nicht richtig sind und unseren Tieren sogar Schaden zufügen.
WAS IST ALSO KLASSISCHE HOMÖOPATHIE? WAS HAT IHR BEGRÜNDER SAMUEL HAHNEMANN DARÜBER GEDACHT? WIE WIRKT DIE HOMÖOPATHIE ÜBERHAUPT?
Im Organon hinterließ uns Hahnemann all sein Wissen, sowohl um die Heilkunst Homöopathie als auch über die Indikation der Arzneiwahl. Also, wann wissen wir als Homöopath, welches Mittel wir verordnen müssen?
Zitat aus dem Organon § 18:
„.. der Inbegriff aller, in jedem einzelnen Krankheitsfalle wahrgenommenen Symptome und Umstände die einzige Indikation, die einzige Hinweisung auf ein zu wählendes Heilmittel sei.“
Dies zeigt klar, dass wir nur anhand von Symptomen und Umständen homöopathisch verordnen können. Alles andere ist nicht im Sinne Hahnemanns. Wir können also nicht OHNE vorhandene, wahrgenommene Symptome verordnen, denn sie alleine zeigen an, in welcher Art und Weise der Organismus in seiner Lebenskraft verstimmt ist. Und hier setzt unsere Verordnung an: an der Umstimmung der verstimmten Dynamis.
In § 34 können wir studieren, wie eine Kunstkrankheit – ausgelöst durch Arzneien – im Organismus wirkt. Die Kunstkrankheit bringt die Eigenschaft mit sich, die natürlichen Krankheiten zu heilen. Sie muss über eine größere Stärke verfügen als die natürliche Krankheit, um dies bewirken zu können. Dann aber versetzt sie das Lebensprinzip in eine ähnliche, krankhafte Stimmung und löscht so die natürliche Krankheit.
Um zu verstehen, wie Homöopathie wirkt, müssen wir uns mit Begriffen wie Erstwirkung und Nachwirkung vertraut machen, auch hierzu machen wir einen kleinen Ausflug in das Basiswerk aller schaffenden Tier-Homöopathen. Organon § 63 ff:
„Jede auf das Leben einwirkende Potenz, jede Arznei, stimmt die Lebenskraft um und erregt eine gewisse Befindens- Veränderung im Menschen … man benennt sie Erstwirkung. … Dieser Einwirkung bestrebt sich unsere Lebenskraft, ihre Energie entgegen zu setzen. Diese Rückwirkung gehört unserer Lebens-Erhaltungs-Kraft an und ist eine automatische Tätigkeit derselben, Nachwirkung genannt.“
Dies entspricht der Erst- und der Nachwirkung, die alle Arzneien im Organismus bewirken: Die Erstwirkung ist die direkte Auswirkung der Kraft einer Arznei auf den lebenden Organismus. Unter Nachwirkung versteht man die Antwort des Organismus auf die Erstwirkung.
Sowohl Erstwirkung als auch Nachwirkung sind kein Spezifikum der Homöopathie, diese beiden Reaktionen entstehen durch die Stimulation des Organismus in jedem Fall. Es ist egal, ob diese mit homöopathischen oder mit allopathischen Medikamenten passiert.
Die Nachwirkung der Arznei ist der Versuch des Organismus, die Stimulation durch die Erstwirkung wieder auszugleichen - also den Organismus ins Gleichgewicht zu bringen.
WAS GESCHIEHT NUN IN EINEM ORGANISMUS, WENN EINE ARZNEI OHNE SYMPTOME VERABREICHT WURDE? ALSO ZUM BEISPIEL BEI EINER LEDUM-GABE ALS ZECKENBISSPROPHYLAXE, WIE OFT EMPFOHLEN, ODER AUCH IN WIEDERHOLTEN GABEN VON HOCHPOTENZEN.
Wenn nun jede Arznei auf das Leben wirkt, dann wirkt auch Ledum C200, monatlich als Zeckenschutz gegeben, auf den Organismus. Nach dem Organon setzt die Heilwirkung in der Nachwirkung ein, wenn eine Arznei entsprechend nach den Symptomen passend gegeben wurde. Bei einer Zecken-Prophylaxe mit Ledum C200 wurde nicht nach den Symptomen verordnet, aber die Arznei Ledum wird wie jede andere Arznei im Organismus eine Erstwirkung und eine Nachwirkung verursachen. Durch die Arznei werden im Körper Symptome erzeugt, es entsteht eine Sensibilität, eventuell wird sogar eine neue Krankheit getriggert, also ausgelöst. Ein unpassendes, unnötiges homöopathisches Arzneimittel wird seine Spur im Organismus hinterlassen, es kann sich sogar ein neuer Layer bilden. Durch solche unbedachten Mittelgaben kann es geschehen, dass die Tiere auf einmal auf jeden Zeckenbiss ungewohnt heftig reagieren. Sie können Prüfungssymptome wie schwere rheumaähnliche Arthrosen mit Schmerzen und Steifheit an den Gelenken der Extremitäten entwickeln. Selten bringt jemand dies mit den unbedachten Ledum-Gaben zur Zeckenprophylaxe in Verbindung. Eher wird diagnostiziert: Das Tier wird jetzt älter. Stellen sich solche Symptome ein, sind diese auch oft nicht mehr homöopathisch therapierbar. Die Tiere leiden für den Rest ihres Lebens darunter, dass mal eben so ein „Tipp ausprobiert“ wurde.
Oftmals wird in diesen Empfehlungen vehement betont, dass die Tiere keine Zecken mehr haben. Ob dies wirklich so ist, kann schlecht bewiesen oder widerlegt werden. Was aber sicher ist: Sie haben keine Symptome, die für eine begründete Verordnung von Ledum sprechen. Somit werden sie unnötig dem homöopathischen Reiz von Ledum ausgesetzt und im schlechtesten Fall Symptome von Ledum entwickeln (siehe Steckbrief LEDUM).
STECKBRIEF LEDUM PALUSTRE
WISSENSWERTES: deutsch: der Sumpfporst, wilder Rosmarin, gehört zur Familie der nat. Ericaceae
SIGNATUR: wichtig bei akuten Verletzungen nach Biss- und Stichverletzungen; chronischer Anwendungsbereich bei Folgen nach Verletzungen, v. a. Rheumatismus; eiskalte Anwendungen verschaffen unglaubliche Erleichterung; Schmerzen steigen von unten nach oben
CAUSA: Stichwunden (scharfe spitze Gegenstände, Nadeln oder Nägel), Tierstiche, auch Bissverletzungen
KLINISCHER ANWENDUNGSBEREICH, ORGANBEZUG: Haut, Sehnen, Periost; Extremitäten, v. a. Rheumatismus, besonders an den Füßen (beim Tier die Phalanxen)
ALLGEMEINSYMPTOME: Mangel an Lebenswärme; Tier fühlt sich kalt an, dennoch verschlimmern äußere Wärme und Bettwärme (flieht aus Körbchen) die Beschwerden
GEMÜT: heftig, zornig, aufbrausend, zieht sich zurück
KOPF-ZU-FUSS
- Kopf: Stichverletzungen am Auge, „Blaues Auge“ nach Schlag mit starken Schmerzen im Auge
- Urogenitaltrakt: roter Niederschlag im Urin; je reichlicher der Niederschlag, desto besser geht es dem kranken Tier
- Extremitäten: Rheumatismus mit ödematösen, heißen und blassen Gelenken, äußerliche Kälte der Gelenke; später bilden sich harte Knoten; Neigung zu Knöchelverstauchung, Periost der Phalanxen ist gegen Druck empfindlich
- Haut: Insektenstiche und -bisse, häufig mit Entzündung und Schwellung; Tierbisse (auch Zeckenbisse, weil Zecke sticht), Stichwunden mit Eiterung, Nageltritt, Nagelgeschwüre, Huflederhautquetschung; Wunden in nervenreichen Gebieten (z. B. Krallen, Hufe); Verletzungen von Gewebe, die direkt auf Periost aufliegen; Folgemittel von Arnica
MODALITÄTEN
- AMEL: (eis)kalte Anwendungen bessern Gesamtzustand und Schmerzen, Kühlen des betroffenen Körperteils
- AGG: Ruhe, Bettwärme, Aufstehen
Noch etwas wäre anzusprechen: Das ist die Anwendung NACH einem Zeckenbiss. Auch hier gilt: Wenn Symptome da sind, dann ist es natürlich oftmals richtig, Ledum zu geben. Nun kann man aber nicht nach jedem Zeckenbiss eine Gabe Ledum verabreichen. Auch hier muss abgewägt werden, ob das Tier eine Verstimmung seiner Dynamis zeigt.
Diese leichtfertigen Empfehlungen bringen noch eine Gefahr mit sich: Die Tierbesitzer vertrauen und sind überzeugt, ihr Tier ist nun vor Borreliose oder anderen Krankheiten geschützt, also ist es unsere Pflicht als Tierheilpraktiker, auf solche Fehlinformationen aufmerksam zu machen und sie richtigzustellen.
ELKE KRIEGER
TIERHEILPRAKTIKERIN, TIERPHYSIOTHERAPEUTIN
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE:
- Tierphysiotherapie
- Traditionelle Chinesische Tiermedizin
- Phytotherapie
- Dozentin an den Paracelsus Schulen
MMAG. ISOLDE HEIM
TIERHEILPRAKTIKERIN, HUMANENERGETIKERIN
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE:
- Tierhomöopathie
- Traditionelle Chinesische Tiermedizin
- Phytotherapie
- Tierpsychologie
- Dozentin an den Paracelsus Schulen
CLAUDIA SCHWAIGER
TIERHEILPRAKTIKERIN
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE:
- Tierhomöopathie
- Tierphysiotherapie
- Tierpsychologie
- Dozentin an den Paracelsus Schulen