Skip to main content

Elefanten-Hilfsprojekt: Elephant Nature Park in Chiang Mai – Thailand

THP 1 19 gross Page54 Image1Ein Geschenk der Erde

Thailand zählt zu den beliebtesten Urlaubsländern der Europäer, und gerade wir Deutschen schätzen die Freundlichkeit der Thailänder sehr, deren König Maha Vajiralongkorn viel Zeit in Deutschland verbringt und als sehr tierlieb gilt. 

Ich  selbst habe oft meinen Urlaub in Thailand verbracht und durch Gespräche mit Mönchen und inländischen Tierschutzorganisationen erfahren, dass Tempel und Vereine, die sich um Hunde kümmern, regelmäßig vom König mit Futter versorgt  werden. 

Eine schöne Geste, die jedoch bei genauerer Betrachtung der tierischen Lebenssituation in Thailand längst nicht  ausreicht. Zwar haben sich die Thailänder mit ihren frei lebenden Hunden und Katzen arrangiert, lassen sie bei sich leben  und geben ihnen Futter, verschwenden aber kaum einen Gedanken daran, was in ihrem Land mit denjenigen Tieren passiert, die sie uns Touristen in allen erdenklichen Arten als Souvenir anpreisen – den Elefanten.

 

Handeln ohne nachzudenken

THP 1 19 gross Page55 Image2Ferne Länder wie Thailand, die uns Europäern in ihrer Kultur fremd sind und uns gerade deshalb faszinieren, verleiten uns leider schnell, Dinge ohne Hinterfragung zu tun. Eines dieser Dinge ist das Reiten auf Elefanten. Wir kennen Elefanten nur aus dem Zoo, als Zirkusattraktion und aus Filmen, in denen es immer selbstverständlich war, dass die Dickhäuter ihr Vorderbein anheben, damit wir Menschen aufsteigen, um auf ihnen reiten zu können. Dass es sich bei Elefanten jedoch nicht – wie bei unseren Pferden – um Haustiere, sondern um Wildtiere handelt, darüber denken viele Touristen nicht nach. Insofern wundert es nicht, dass Elefantenreiten in Thailand zu den Haupttouristenangeboten zählt. Würden wir uns Gedanken darüber machen, dass ein Elefant ein Wildtier ist und was passieren musste, dass er uns auf sich reiten lässt, dann würden viele es nicht mehr tun und damit einen großen Beitrag zum Tierschutz leisten, denn wenn die Nachfrage sinkt, sinkt auch das Angebot. Wie viel Leid die Tiere ertragen mussten, damit wir auf ihnen reiten können, lässt sich an den Ohren erkennen. Elefanten werden mit glatten Ohrrändern geboren, und diese behalten sie in freier Wildbahn bis an ihr Lebensende. Betrachtet man die Elefanten, die den Touristen zum Reiten angeboten werden oder die dem Menschen als Arbeitstier dienen müssen, wird man feststellen, dass die Ohrränder extrem zerfranst und beschädigt sind. Elefantenohren sind sehr sensibel und mit vielen Nerven durchzogen. Sie dienen dem Elefanten auch zur Kommunikation. Diese Sensibilität hat sich der Mensch in der Züchtigung des Dickhäuters zunutze gemacht und die Ohren mit Eisenhaken malträtiert. Die Schmerzen, welche die Tiere dabei erleiden müssen, sind unfassbar, aber verdeutlichen, warum es uns Menschen überhaupt möglich ist, uns so ein großes, starkes Tier unterzujochen.

THP 1 19 gross Page56 Image1Wille kann Berge versetzen

Bei einem meiner Thailandurlaube haben wir uns von Piak, einem Touristenführer, in der Hoffnung, freilebende Elefanten zu treffen, durch einen Nationalpark fahren lassen. Das Glück, tatsächlich Elefanten zu sehen, blieb uns verwehrt, sodass Piak uns etwas Gutes tun wollte und uns zu einem Hotel brachte, das in Besitz von drei Elefanten war, die den Touristen zum Reiten zur Verfügung standen. Der Anblick dieser drei angeketteten Elefanten trieb uns die Tränen in die Augen, und der Blick in die traurigen Elefantenaugen ließ uns nicht mehr los. Zurück in Deutschland fingen wir an zu recherchieren und stießen dabei auf eine Thailänderin, die sich für die Rettung und das Wohl der Elefanten in ihrem Land einsetzt und einen Park gegründet hat, der von Touristen besucht werden kann, aber auch für Tierärzte, Tierheilpraktiker und andere tierliebe Menschen die Möglichkeit der Mitarbeit bietet.

Ein Stück Land in den Bergen Chiang Mais

THP 1 19 gross Page56 Image2Sangdeaun „Lek“ (zu Deutsch „Kleine“) Chailert ist eine in der Nähe von Chiang Mai geborene Thailänderin, deren Großvater als Schamane seines Dorfes verletzte und kranke Dorfbewohner sowie Tiere behandelte. Früh lernte Lek so die Wichtigkeit des Respektes und der Liebe zu allen Lebewesen. Schon als junge Erwachsene sah sie den schrecklichen Umgang ihres Volkes mit den Elefanten und schwor sich, etwas dagegen zu tun. Elefanten, die sich in menschlicher Obhut befinden und schlecht behandelt werden, freizukaufen, ist für einfache Thailänder jedoch kaum möglich, da privat gehaltene Elefanten in Thailand einen durchschnittlichen Wert von 60.000 Euro erreichen. Lek Chailert gab trotzdem nicht auf, überzeugte ein vermögendes amerikanisches Ehepaar von ihrem Vorhaben, sich für das Wohl und den Erhalt der Elefanten in Thailand einzusetzen, und kaufte mit deren Hilfe ein großes Stück Land in den Bergen von Chiang Mai.

THP 1 19 gross Page56 Image3Zu dieser Zeit wurden viele Elefanten, die ihr Leben lang arbeiten mussten und nun mit gebrochenen Hüften, gebrochenen Beinen und verlorenem Augenlicht nicht mehr arbeiten konnten, billig abgegeben. Lek kaufte diese Tiere frei, pflegte sie, gab ihnen Futter und Freiheit auf ihrem Land. Zwar konnten nicht alle Elefanten ihr neues Leben lange genießen, da sie so schwer verletzt waren, dass sie schon kurze Zeit nach ihrer Rettung verstarben. Trotzdem hat Lek sie freigekauft, damit sie wenigstens in Freiheit sterben durften. Denjenigen, die überlebten, hat sie einen Mahood (Pfleger) zur Seite gestellt, der sich 24 Stunden um das Tier zu kümmern hat. Bis zum heutigen Tag hat Lek so viele Elefanten gerettet, dass sie immer wieder neues Land dazukaufen musste, um den Tieren auch den nötigen Freiraum bieten zu können.

Patchwork unter Tieren

THP 1 19 gross Page57 Image1Auch wenn es Lek in erster Linie um die Rettung der Elefanten ging, zögerte sie nicht lange, als Hunde, Katzen und Rinder im Jahr 2011 in Bangkok durch eine Überschwemmungskatastrophe zu ertrinken drohten. Sie machte sich mit ihren Helfern auf den Weg und rettete aus den Fluten, was zu retten möglich war. So leben im Elephant Nature Park, wie sie ihr Stück Land in den Bergen von Chiang Mai nennt, heute nicht nur gerettete Elefanten, sondern auch Hunde, Katzen und Rinder. Alle Tiere, bis auf diejenigen, die sich in stationärer Behandlung oder Quarantäne befinden, genießen hier die Freiheit. Jedes Tier kann sich frei bewegen und wird umsorgt. Elefanten, Rinder, Hunde und Katzen leben hier wie eine große Familie in Harmonie zusammen. Es wurde eine Hundeklinik und ein großes Cats-Kingdom mit drei Katzenhäusern errichtet sowie eine Klinik für Elefanten und Rinder.

THP 1 19 gross Page57 Image2Bis heute kauft Lek geschundene Elefanten frei, hat sich aber auch zur Aufgabe gemacht, die Menschen in ihrem Land über den Umgang mit dem Tier aufzuklären. Sie versucht, Hotels und Touristikbüros davon zu überzeugen, Elefantenreiten und Elefantenbaden aus dem Angebotsprogramm zu nehmen und stattdessen Elefantenfüttern und Spazierengehen mit Elefanten anzubieten. Es gibt so viele Tierschutzorganisationen in Europa und den USA, dass man meinen möchte, Europäer und Amerikaner wären aufgeklärt und Tierschutz-sensibilisiert, denn schließlich beschäftigt man sich in den jeweiligen Ländern intensiv mit artgerechter Haltung etc. Wenn dann aber Europäer und Amerikaner als Touristen nach Thailand kommen, wollen sie auf Elefanten reiten und Elefanten baden, ohne darüber nachzudenken, dass das alles andere als artgerecht ist. Elefanten baden zwar, tun dies aber hauptsächlich, um ihre Haut nass zu machen, damit der Lehm, mit dem sie sich anschließend bewerfen, haften bleibt, um die Haut vor der Sonne zu schützen. Sie tun dies nicht, um stundenlang im Wasser abgeschrubbt zu werden.

Der Elephant Nature Park heute

THP 1 19 gross Page57 Image3Viele Elefanten, die bei Lek im Park ihren Lebensabend verbringen dürfen, sind alt und mussten mehr als 50 Jahre lang schwere Sitze mit Touristen auf ihren Rücken ertragen, sodass ihnen dort keine Haare mehr wachsen. Andere mussten so hart arbeiten, dass sie mit gebrochenen Hüften und Sprunggelenken im Park ankamen. Einige der Elefanten, die aus dem Kriegsgebiet in Burma gerettet wurden, haben zerfetze Füße, da sie auf Minen getreten waren. All diese Verletzungen können bei Elefanten veterinärmedizinisch nicht geheilt werden, da die Lunge eines Elefanten sehr tief im Bauchraum sitzt, sodass eine Narkose weder im Liegen noch in aufgehängter aufrechter Lage möglich ist. Die Verletzungen können daher nur oberflächlich versorgt werden. Knochenbrüche wachsen daher meist schief oder mit Ausbildung eines Pseudogelenkes zusammen. Einige Elefanten sind so schwer verletzt, dass sie nur wenige Tage nach ihrer Rettung sterben und den Helfern nur noch bleibt, auf ihren Gräbern einen Baum zu pflanzen, der an den Verlust der Tiere erinnern soll.

THP 1 19 gross Page57 Image4Trotz der vielen Qualen, welche die Tiere im Laufe ihres Lebens erleiden mussten, sind die meisten freundlich geblieben oder nach ihrer Rettung und der hingebungsvollen Pflege im Park wieder freundlich geworden. Mahoods kümmern sich gut um die Tiere. Sie sind immer bei ihnen und versorgen sie mit Futter, halten aber Abstand, um dem Tier nicht das Gefühl zu geben, unfrei zu sein. Das nächtliche Verhalten der Tiere wird mit Kameras überwacht, sodass sehr alte Elefanten, die nachts unruhig sind und nicht schlafen können, auch nachts versorgt werden können. Ihnen zündet ihr Mahood alle zwei Stunden ein Feuer an, um ihnen Wärme zu spenden, da es aufgrund der Höhenlage Chiang Mais nachts sehr kalt wird.

THP 1 19 gross Page58 Image1

Touristen können einen Tagesausflug oder einen Overnight-Ausflug zum Park buchen und dort einen oder zwei Tage mit den Elefanten, Hunden, Katzen und Rindern verbringen. Sie werden in Gruppen mit maximal acht Leuten aufgeteilt und jeder Gruppe wird ein Guide zugeteilt, der sie zu den Elefanten bringt, die freundlich sind und gefüttert werden können. Da alle Tiere auf dem Gelände frei, aber nicht alle freundlich sind, ist es verboten, sich ohne Guide auf dem Gelände zu bewegen. Das angebotene Programm ist gut gegliedert, sodass der Tag ausgefüllt ist. Reiten oder Baden mit den Elefanten ist nicht erlaubt, denn gerade das entspricht nicht dem Tierschutzkonzept des Parks. Streicheln und Füttern ist aber erlaubt, natürlich auch das Schmusen mit allen Hunden und Katzen. Wer mitarbeiten möchte, kann sich als Volontär bewerben und mehrere Wochen eine der Tierarten versorgen. Auch Tierärzte und Tierheilpraktiker sind willkommen und können mitarbeiten und dabei auch noch einiges über Elefanten lernen.

THP 1 19 gross Page58 Image2Die Unterkünfte im Park sind alt, aber sauber. Man sollte sich jedoch unbedingt etwas Warmes für die Nacht mitbringen, denn dann sinken die Temperaturen stark ab, und eine Heizung sucht man vergebens. Gegessen wird im Park ausschließlich vegetarisch, denn auch das gehört zu Leks Tierschutzgedanken. Sie kennt jeden ihrer Elefanten im Park mit Namen und seine Geschichte. Ich habe ihrem Vortrag gelauscht, sie interviewt und zu den Elefanten begleitet. Während der ganzen Zeit, die ich im Park verbrachte, hat sie nicht einmal um eine Spende gebeten. Das einzige, um das sie bat, war unsere Stimme, um ihre Tierschutzbotschaft nach draußen zu tragen.

Viele Adventure Parks, Touristikbüros und Hotels haben sich nach langjähriger und kontinuierlicher Aufklärung mittlerweile Leks Konzept angeschlossen und bieten Elefantenreiten und -baden nicht mehr an. Auch hat sie es geschafft, mit vielen anderen Parks eine Kooperation einzugehen, sodass diese nun ihr Konzept auch dort umsetzen und sich mehr auf den Tierschutz anstatt auf den Profit konzentrieren.

THP 1 19 gross Page58 Image3Manchmal hat man das Glück, Lek selbst im Park anzutreffen, und kann sich dann ihren Vortrag zum Leben der Elefanten in Asien anhören, der mit einem Video untermalt wird, das einem die Tränen in die Augen treibt und vor Fassungslosigkeit erstarren lässt. Mit spitzen, scharfen Haken werden den Tieren die Ohren verletzt und ihnen mit Stangen auf die Köpfe geschlagen, um sie gefügig zu machen.

Der Film raubt einem den Atem, und betrachtet man die Elefanten im Park anschließend genauer, erkennt man ihr Leid an den Ohren, die beidseits an den Rändern in Fetzen nach unten hängen. Es ist schrecklich, was der Mensch den Tieren antut, und nicht umsonst bezeichnen Leks Mitarbeiter und die Menschen um sie herum sie als „Geschenk der Erde“, wenn sie von ihr sprechen. Und wenn man ihren Umgang mit den Tieren und den Umgang der Tiere mit ihr sieht, weiß man, wie viel Wahrheit darin steckt, und wünscht sich mehr solcher Geschenke der Erde in allen Ländern dieser Welt.

DR. ISA FOLTINDR. ISA FOLTIN
TIERÄRZTIN
RADIOLOGIN
DIPLOM-JOURNALISTIN

TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE

  • Vergleichende Radiologie bei Mensch und Tier
  • Spezialgebiet Kernspintomographie
  • Medizinjournalismus für Pharmafirmen,  Wissenschafts- und Publikumsmedien
  • Dozentin der Paracelsus Schulen

KONTAKT
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Fotos: Krug

< zurück