Fälle aus der THP-Praxis für die Praxis
VON MONIKA HEIKE SCHMALSTIEG
Gerade als Tierheilpraktiker werden Sie erleben, dass es nicht immer die 08/15-Fälle sind, die Ihnen begegnen. Deshalb richten wir gemeinsam den Blick auf die kuriosesten und interessantesten Fallstudien der letzten 20 Jahre.
DAS ENDE EINES LEIDENSWEGES
Gesund kam Jack Russel Terrier Jack mit seinen 5 Jahren zu FamilieJ. auf den Reiterhof. Was für ein herrliches Leben hatte ihn erwartet, doch bereits nach wenigen Tagen stellten sich Probleme ein: gereizte Augen, die man dann mit Euphrasia-Augentropfen behandelte, und Rötungen in Nase und Rachen, verbunden mit Husten, gefolgt von einem Entzündungsgeschehen, das schließlich mit einem Antibiotikum behandelt wurde. Doch nichts hat geholfen, und auch ein Allergietest brachte ein negatives Ergebnis.
Jack war am liebsten nur noch draußen und mochte gar nicht mehr ins Haus. Deshalb wurde nun der Fokus auf sein rastloses Gemüt gelegt und mit Ruta (nach Hans-Martin Steingassners „Homöopathische Materia Medica für Veterinärmediziner“) behandelt, das auch zu seinen gereizten Augen passte. Geholfen hat es leider ebenfalls nicht. Daraufhin hatten sich die Besitzer entschlossen, Hunderte von Kilometern zu mir zu fahren, was ich allerdings nicht für zielführend hielt, weil es eine weitere Belastung für Jack dargestellt hätte. Außerdem lag meine Vermutung bei einem Problem im Haus. Ich sehe mir bei solchen Fällen gerne selbst die Umgebung meiner Patienten an, und ich musste ohnehin durch Zufall in Richtung des Reiterhofs. Als ich dort ankam, merkte ich schnell, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes den richtigen Riecher hatte. In der „Dreckschleuse“, also dem Eingang vom Stall ins Wohnhaus, befanden sich Putzsachen. Die Fressnäpfe und Futtervorräte von Jack standen in einem Waschbecken neben der Dusche, in der auch Jack ab und zu abgeduscht wurde. Ein stechender Geruch erreichte mich aus der Putzecke. Ich fand Desinfektionsreiniger mit Chlor, Essigreiniger und Zitronensäure. Diese Mittel lösen eine giftige Reaktion aus, auch wenn sie nicht miteinander vermischt werden. Schon kleinste Moleküle in der Luft genügen, um Chlorgas zu bilden, das Jacks Symptomatik hervorgerufen haben könnte. Auch die Reinigungskraft klagte manchmal über Atemnot und lüftete deshalb kräftig beim Saubermachen.
Die „Therapie“ lag also klar auf der Hand: Die Putzmittel mussten alle entsorgt und ein Neutralreiniger angeschafft werden. Jack bekam dann noch eine Weile Ruta C30, und die Symptomatik verschwand. Auch ging er dann wieder gerne mit ins Haus. Nur seine Ruhelosigkeit behielt er, aber diese ist ja typisch für einen Jack Russel, der gefordert werden möchte.
Mein Fazit: Niemals Putzmittel mischen, sondern sich lieber nur für eines entscheiden, oder die unterschiedlichen Reiniger nacheinander benutzen. Auch sollten hierzu immer verschiedene Putzlappen und/ oder Bodenwischer verwendet, die Putzmittel getrennt gelagert und die Räume gut gelüftet werden.
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