Die Wiese hinter dem Regenbogen: Abschied nehmen gehört zum Leben
Jeder Tierbesitzer hat sich sicherlich schon einmal mit diesem traurigen Thema des Tiersterbens befasst oder befassen müssen: Wie ist es oder wie wird es sein, wenn sich das geliebte Tier auf die Reise macht? Es ist einfach, dieses unangenehme Thema weit von sich zu schieben, aber aus eigener Erfahrung weiß ich auch, dass es einem leichter fallen kann, wenn man sich schon im Vorfeld damit befasst.
Bis heute musste ich mich von 19 geliebten Fellnasen verabschieden und selten hat sich ein Tier von alleine auf die Reise gemacht, oft musste krankheitsbedingt durch Euthanasie geholfen werden. Unser Tierarzt weiß, dass ich alle Tiere auf ihrem letzten Weg begleite und sie bis zum letzten Atemzug in meinen Armen halte.
Wenn alle veterinärmedizinischen und naturheilkundlichen Maßnahmen ausgeschöpft wurden, man wochenlang alles getan hat, sich die Nächte für das geliebte, kranke Tier um die Ohren gehauen hat und es trotzdem immer schwächer wird und keine Heilung mehr möglich ist, weiß man, dass es das Beste ist, das Tier zu erlösen, und man wird sich doch immer die gleichen Fragen stellen:
- War es mein Fehler?
- Was habe ich übersehen?
- War ich unfähig?
- Warum?
Die Trauer ist groß, der Verlust schmerzt – dabei gehört der Tod doch zum Leben dazu
Über das große „Ungewisse“, das im Anschluss kommt, wird auch jeder Einzelne von uns sein eigenes Bild haben. In meinen Gedanken und meinem Herzen existiert eine Wiese hinter dem Regenbogen. Das geliebte Tier reist über die Regenbogenbrücke zu dieser Wiese, all seine Schmerzen und Gebrechen gehören der Vergangenheit an. Es tobt mit all den anderen Tieren, die schon vorausgegangen sind, über die immergrünen Wiesen, und ganz egal, um welche Tierart es sich handelt, alle sind Freunde – Raubtiere oder Fressfeinde gibt es dort nicht.
Die Temperatur liegt immer bei angenehmen 20⁰ Celsius, es fließt ein kleiner Bach durch die Wiesen, dessen Wasser köstlicher schmeckt als das hier auf Erden. Abends kuscheln alle vorausgegangenen Muckel dicht zusammen in einem gemütlichen Bau und erzählen sich Geschichten – bis wir uns dann irgendwann wiedersehen.
Es gibt viele Möglichkeiten, sein Haustier zu bestatten
Auf einem Tierfriedhof, eine Einäscherung oder, bei kleinen Heimtieren, auch eine Beerdigung im eigenen Garten. Jeder wählt, was für ihn persönlich am geeignetsten und würdevollsten erscheint.
Leider haben viele Besitzer nicht den Platz oder die finanziellen Möglichkeiten, eine solche Bestattung durchzuführen und müssen ihr Tier an die Tierverwertung übergeben. Auch damit muss man umgehen und auch das gehört zu diesem Thema dazu. Meine Tiere wurden alle eingeäschert und bekommen nach der Rückführung ihr eigenes, für sie ausgesuchtes Urnengefäß. Für jede Fellnase habe ich aus deren Lieblingskuscheldecke ein kleines Säckchen genäht, in welchem die eingeschweißte Asche nun aufbewahrt wird.
Alle sind bei mir, alle sind in ihrem Zuhause. Auf einer Kommode, aufgestellt mit vielen Bildern, Kerzen und einem frischen Blumenstrauß (jeden Samstag, vor allem im Frühjahr zur Tulpenzeit).
Erinnerungen und Rituale, die die Sehnsucht nach meinen verstorbenen Tieren erträglicher machen sollen. Die Augen schließen und noch genau fühlen, wie sich von jedem Einzelnen das Fell angefühlt hat. Das mache ich sehr oft und erinnere mich.
Es ist ein trauriges und sehr emotionales Thema, und jeder wird anders damit umgehen. Und wenn der Schmerz zu unerträglich wird, sollte man sich nicht scheuen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Es wäre vielleicht auch ein weiteres Tätigkeitsfeld für Tierheilpraktiker und Therapeuten, Gesprächskreise anzubieten, in denen sich Betroffene über den Verlust ihrer Tiere austauschen können. Bei diesem Thema sollte niemand alleine gelassen werden, denn die Trauer kann genauso groß sein wie beim Verlust eines geliebten Menschen.
Zu Trauer kann sich dann Wut mischen, wenn aus dem Freundeskreis oder von Arbeitskollegen dann noch der berühmte Satz kommt: „Es war doch nur ein Tier!“ Nein! „Es“ war ein Teil meiner Familie, und da habe ich das Recht auf Trauer! Und diese Zeit muss und sollte man sich nehmen dürfen.
SYLVIA RECH
TIERHEILPRAKTIKERIN
MOBILE TIERHEILPRAXIS IN FELSBERG/ SAARLAND
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