Adipositas beim Hund
Wird das Normalgewicht eines Hundes um über 15 Prozent überschritten, spricht man von Adipositas. Übergewicht und Fettleibigkeit schränken die Lebensqualität des Hundes stark ein. Im schlimmsten Fall ist die Lebenserwartung um 1 – 2 Jahre verkürzt.
Adipositas erkennen
Der Blick auf die Waage ist entscheidend, denn der ermittelte Wert lässt sich gut mit dem für die Rasse standardisierten Wert vergleichen. Dennoch müssen Abweichungen bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden. So ver- ändert sich das „Idealgewicht“, wenn der Hund für seine Rasse besonders groß oder klein ist.
Der „Body-Mass-Index“ (BMI) berechnet das Körpergewicht geteilt durch die Schulterhöhe und ermöglicht, das Verhältnis zwischen Körpergewicht und Körpergröße zu beurteilen. Allerdings sind auch hier die stark schwankenden rassespezifischen Unterschiede zu groß, um eine zuverlässige Aussage treffen zu können.
Eine einfache Möglichkeit für die Beurteilung dick, dünn oder normal ist die optische und haptische Begutachtung. Diese Methode hat sich mit der Bezeichnung „Body-Condition-Scoring“ durchgesetzt.
Wie sieht der Hund aus?
Hier muss ebenfalls rassespezifisch bewertet werden. Es gibt aber ein paar Dinge, die generell gelten. So kann man sich hinter den Hund stellen und möglichst von oben auf seinen Rücken schauen. Es sollte zwischen Hüfte und Brustkorb ein schmaler Abschnitt „Taille“ erkennbar sein. Bei langhaarigen Hunden lässt es sich besser beurteilen, wenn zusätzlich links und rechts in Schulterhöhe beide Hände aufgelegt werden. Dann streicht man seitlich in Richtung Schwanz bis zur Hüfte, so lässt sich die Taille erfühlen. Beim Beurteilen des Hundes im Profil sollte darauf geachtet werden, dass die letzte Mahlzeit mindestens 2 Stunden zurückliegt. Durch einen vollen Magen oder bei Hunden, die zu Blähungen neigen, kann es zu Abweichungen kommen. (Ständige Blähungen immer abklären lassen!)
Im Profil des Hundes wird nun der Übergang vom Brustkorb zum Bauch beurteilt. Während die Linie des Brustkorbs eine eher konvexe Bogenführung hat, kommt es ab Höhe des Magens zum Wendepunkt und die Linie wird konkav. Bei übergewichtigen Hunden ist die Linie durchgängig konvex. Bei langhaarigen Hunden wird bauchseits vom Brustkorb über den Bauch in Richtung Schwanz gestrichen. Dabei lässt sich der Brustkorb gut ertasten und der Übergang zum Bauch muss fühlbar sein.
Des Weiteren können am Verhalten des Hundes Rückschlüsse über das Gewicht gezogen werden. So brauchen übergewichtige Hunde bei ihren Gassirunden häufiger eine Pause, sie kommen schnell aus der Puste, haben deutlich weniger Antrieb, lassen sich nur kurz zum Spielen animieren und benötigen längere Regenerationszeiten.
Adipositas-Ursachen
- Ernährungsfehler
- Rassebedingte Disposition
- Kastration
- Alter
- Mangelnde Bewegung
- Erkrankungen/Medikamente
Adipositas-Folgen
- Verstärkte Gelenkabnutzung durch zu hohe Belastung
- Rückgang der Gelenkflüssigkeit durch mangelnde Bewegung
- Gefäßprobleme durch vermehrte Ablagerung
- Organprobleme, häufig betroffen sind Herz, Leber und Nieren
- Hautprobleme durch herabgesetztes Putzverhalten (Einige Stellen können nicht mehr erreicht werden!)
- Antriebslosigkeit, durch Schmerzen bedingt
Therapiemaßnahmen
ERNÄHRUNGSPLAN ERSTELLEN
Zunächst müssen Ernährungsplan und Tagesablauf geprüft und optimiert werden. Eine zu schnelle Gewichtsabnahme sollte vermieden werden. Besser ist es, ein Konzept zu entwickeln, das dauerhaft von Hund und Halter durchgehalten werden kann.
Im Therapieplan werden Zeiten zum Erreichen des Zieles und kleine Zwischenziele festgelegt. Ein Ernährungstagebuch kann dabei eine hilfreiche Ergänzung sein. Erfolge können dokumentiert werden und motivieren zum Durchhalten.
GEEIGNETES DIÄTFUTTER
Diäthundefutter gibt es als Fertigfutter in verschiedenen Varianten. Es ist in Tierfachgeschäften, bei Tierärzten und Tiertherapeuten zu beziehen. Man sollte sich aber immer beraten lassen. Alternativ kann Futter selbst zusammengestellt werden. Es ist darauf zu achten, dass man kohlenhydratarm füttert. Der Hauptfutteranteil sollte aus hochwertigen Prote inquellen bestehen. Die festgelegte Tagesration darf nicht überschritten werden, am besten vorportionieren. Wichtig: Kleine Leckerli für Zwischendurch zählen mit in die Tages ration und sollten ebenfalls vorportioniert werden.
Kalorienarme Leckerli sind zu bevorzugen. Einige Hunde akzeptieren Möhre und Gurke als Leckerli sehr gut. Wer es mit Fleisch mag, sollte es mit getrockneter Lunge probieren. Prinzipiell gilt: Leckerli weitestgehend vermeiden! Sie sind, verbunden mit zu wenig Bewegung, die häufigste Ursache für Übergewicht.
BEWEGUNG
Wer mehr verbrennt, als er aufnimmt, reduziert sein Gewicht! Eine Möglichkeit, Energie zu verbrauchen, ist, das Bewegungsvolumen zu vergrößern. Langsam, aber konsequent sollte der Auslauf erhöht werden.
Der Spaß darf dabei nicht zu kurz kommen, wenn der Erfolg dauerhaft bestehen soll. Gemeinsam aktiv werden heißt es jetzt! Zusammen kleine Suchspiele durchführen, das fördert nicht nur die Hund-Mensch-Bindung, sondern ist gerade am Anfang geeignet, um das Maß der Bewegung an die aktuel le Leistungsfähigkeit anzupassen.
Um die Motivation für mehr Bewegung zu erhalten, empfehlen sich Hundegruppenangebote. So werden z.B. Hundewanderungen angeboten. Sport und Spaß in der Gruppe sind nicht nur für den Hund, sondern auch für den Hundehalter ein guter Motivationstrick. Denn auch wenn das Idealgewicht schon erreicht ist, gilt es am Ball zu bleiben und nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen.
PHYSIOTHERAPIE
In der Hundephysiotherapie wird der Grundumsatz des Hundes über verschiedene Maßnahmen erhöht, z.B. über den kontrollierten Aufbau von Muskulatur. Muskelgewebe ist ein – im Gegensatz zum Fettgewebe – gut durchblutetes Gewebe. Damit der Muskel arbeiten kann, muss der Kör per den Muskel mit Energie versorgen. Das führt insgesamt zu einem höheren Grundumsatz.
Über gezieltes Bewegungstraining, in dem Kraftübungen und Ausdauertraining kombiniert werden, kann das Therapieziel besser erreicht werden.
Das Trainieren auf dem Trockenlaufband wird unter fachkundiger Kontrolle der jeweiligen Leistung angepasst. Bei entsprechender Indikation werden die Gelenke durch das Anlegen von Bandagen entlastet und unterstützt.
Ein Vorteil beim Training mit dem Laufband ist die direkte Einsicht bezüglich verbrauchter Kalorien und zurückgelegter Strecke. So lässt sich der Therapieverlauf einfach dokumentieren und anpassen.
Bei sehr fortgeschrittener Adipositas kann mit Unterwasser Laufbändern trainiert werden, sodass der Hund nicht sein gesamtes Gewicht tragen muss.
Auch über die Stoffwechselaktivität kann Einfluss auf den Energieverbrauch genommen werden. In der Hundephysiotherapie arbeite ich mit speziellen Tape-Anlagen, diese wer den auf das Fell/die Haut geklebt und bewirken u.a. eine erhöhte Mikrozirkulation im Gewebe. Die Durchblutung wird erhöht, das Muskelgewebe erwärmt, somit wiederum Energie verbraucht.
Der Tape-Verband an Gelenken und Muskelpartien fördert die Beweglichkeit, unterstützt Bewegungsabläufe oder reduziert vorhandene Schmerzen.
NATURHEILKUNDE
Nach Anamnese und ausführlicher Ursachenfindung für eine Adipositas können in der Naturheilkunde zur Unterstützung einer Gewichtsreduktion verschiedene Mittel aus Homöopathie, Phytotherapie und Mykotherapie eingesetzt werden. Ich kann hier nicht alles vorstellen, möchte aber zum Schluss noch den Einsatz von Vitalpilzen hervorheben. Denn besonders bei reduzierter Kost darf die Nährstoffversorgung nicht zu kurz kommen!
Vitalpilzpulver ist sehr kalorienarm, aber reich an B-Vitaminen, Magnesium, Kalzium und Kalium. Es liefert pflanzliche Proteine, essenzielle Aminosäuren, Ballaststoffe, ungesät tigte Fettsäuren und wichtige Enzyme. Speziell der Maitake, der Klapperschwamm, kann helfen, Cholesterinspiegel, Blutfettwerte und Blutdruck zu senken. Er hat direkten Ein fluss auf die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspei cheldrüse und wirkt antioxidativ.
Persönliche Tipps und Tricks
DER HUND BETTELT HÄUFIG
- Sich selbst prüfen: Kann es wirklich sein, das der Hund Hunger hat, oder möchte er nur mehr Aufmerksamkeit? Beschäftigung statt Essen anbieten.
- Hund weg vom eigenen Esstisch, vor allem dann, wenn einem der schmachtende Blick weich macht.
- Regelmäßige Fütterungszeiten einhalten.
- Flüssigkeitsanteil im Futter erhöhen.
- Futter abwiegen.
- Zur Kontrolle Hund regelmäßig wiegen und den Ernährungsplan immer wieder den aktuellen Bedürfnissen anpassen.
FAMILIENMITGLIEDER HALTEN SICH NICHT AN DEN PLAN
- Alle in der Familie aufklären, wie schlimm Übergewicht für den Hund sein kann. Niemand möchte Schuld an Erkrankungen des vierbeinigen Freundes sein.
- Alle dürfen dem Hund aus der Dose mit der Tagesration Leckerli etwas geben. Ist diese leer, ist Schluss.
SANDY MAUL
TIERHEILPRAKTIKERIN IN EIGENER PRAXIS
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
- Klassische Homöopathie
- Phytotherapie
- Mykotherapie
- Bewegungstherapie
- Massagen
- Ernährungsberatung
- Dozentin an den Paracelsus Schulen
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