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Serie: Unsere Tiere und ihre G´schichterl

Presented by THP 6 18 Page52 Image1

Die Auffangstation für Reptilien in München kümmert sich schon lange nicht mehr nur um wechselwarme Tiere wie Reptilien, Amphibien, Fische und Avertebraten, sondern seit einigen Jahren auch um  exotische Säugetiere. In dieser Serie möchten wir Ihnen unsere Tiere und die verschiedenen Tierarten, um die wir uns bemühen, vorstellen und näherbringen. Jedes unserer Tiere hat eine Geschichte  hinter sich, die wir hier mit Ihnen teilen wollen.

THP 6 18 Page52 Image2Die Affen Alison und Aoki

Vor 4 Jahren wurden wir gebeten, ein Schneeaffenweibchen aufzunehmen. Wir hatten gerade Anlagen für Makaken umbauen lassen, da eine Gruppe von 6 – 8 Tieren aus Privathand an uns abgegeben werden sollte. Die Besitzerin dieser Affen hatte es sich dann aber doch noch anders überlegt. Der Besitzer der nun angekündigten Schneeaffendame hatte das Tier gegen ein behördliches Verbot angeschafft, als Gesellschaft für seinen behördlich genehmigten verwitweten Bärenmakakenmann. Genehmigt war lediglich die Haltung des ursprünglich vorhandenen Bärenmakakenpärchens bis ans Lebensende der Tiere, aber keine Aufnahme weiterer Affen, da die Haltung nicht den heutigen Anforderungen an eine art- und tiergerechte Haltung erfüllte. Die Makaken saßen in reizlosen gekachelten Räumen ohne Außenanlage mit wenig Tageslicht. Doch Bärenmakaken (Macaca arctoides) und Schneeaffen/Japanmakaken (Macaca fuscata) sind völlig unterschiedliche Arten mit anderem Herkunftsgebiet, unterschiedlichen Sozialverhaltensweisen bzw. Kommunikationsmöglichkeiten und anderer Lebensweise. Da also das neue Japanmakakenweibchen mit dem Bärenmakaken nicht ausreichend kommunizieren konnte, hatte sie sich verängstigt in ein kleines Nebenabteil zurückgezogen, das die Größe und den gekachelten Charme einer Duschkabine besaß. Statt das Tier wie eigentlich möglich und sinnvoll zu beschlagnahmen, setzten die Behörden den Halter unter Druck, dass er das illegal gehaltene Weibchen „freiwillig“ in der Auffangstation abgab. Somit entstehen für die Behörden keinerlei Kosten, und die Auffangstation, die auf Spenden und Einnahmequellen wie Beschlagnahmen angewiesen ist, bleibt auf allen Kosten alleine sitzen. Hier hätten sämtliche Kriterien für eine behördliche Beschlagnahmung vorgelegen, zumal die Herkunft dieser Schneeaffendame nach wie vor im Dunkeln liegt. Die Haltung mag in den 1960er- und 1970-Jahren noch zeitgemäß gewesen sein, heutzutage stellt sie eher ein veraltetes Affengefängnis dar, in dem kein solch intelligentes Tier mehr leben sollte.

Bei uns angekommen, tauften wir die völlig verängstigte Affendame „Alison“, nach Alison Cronin, der Direktorin von Monkey World in England, die uns in der Vergangenheit mehrfach helfend und beratend zur Seite stand. Unser neues Affenmädchen Alison war in hohem Maße verhaltensauffällig, völlig in sich zurückgezogen, sie saß tagelang auf ihrer Sitzstange, starrte ins Leere, nahm keine Notiz von den Pflegern oder ihrer Umwelt, kam lediglich zum Fressen kurz auf den Boden, um dann wieder zu ihrer Stange zurückzukehren. Sie zeigte Tendenzen zur Automutilation (Selbstverletzung) und rupfte sich das Fell aus. Aufgrund der fraglichen Herkunft sowie ihrer Verhaltensstörungen und des unbekannten Alters entschieden wir uns, Alison erst einmal in unserer Obhut zu behalten und zumindest vorerst keinen Platz in einer anderen Gruppe in einem Zoo zu suchen, was allerdings bedeutete, dass wir einen weiteren Schneeaffen finden mussten, da eine Einzelhaltung hochsozialer Tiere tierschutzrelevant ist. Glücklicherweise besaß die Wilhelma (Zoo in Stuttgart) ein Schneeaffenmännchen, das nicht zur Zucht geeignet war, da er, ein rangniedriges Tier, nicht nur 2 miteinander verwachsene Finger, sondern auch noch eine leichte Wirbelsäulenverschiebung (Skoliose) hat. Da die Wilhelma die Haltung ihrer Schneeaffen reduzieren bzw. ganz aufgeben wollte, wurde uns „Aoki“ als „Dauerleihgabe“ zugänglich gemacht und konnte in Stuttgart abgeholt werden. Hier sind wir dem Direktorium und der Kuratorin sehr zu Dank verpflichtet.

Alison und Aoki wurden zu Beginn natürlich getrennt gehalten. Zunächst konnten sie sich nur hören, dann wurden sie langsam aneinander gewöhnt. Anfangs konnten sie sich durch ein Fenster sehen, dann riechen, dann durch ein Schmusegitter vorsichtigen Körperkontakt aufnehmen. Als Alison und Aoki durch das Gitter hindurch gut kommunizierten, wobei Aoki immer gern so tat, als würde Alison ihn nicht interessieren, und er heimlich dann doch immer nach ihr schaute, was einfach an einen verknallten Kindergartenbub erinnerte, wurde das Gitter entfernt und die beiden konnten zueinander. Eine innige Liebesbeziehung haben sie nicht, aber sie interagieren gut, betreiben gegenseitige Fellpflege, am liebsten wenn keiner es sieht, es ist eine freundschaftliche Zweckgemeinschaft. Alison zeigt keine Verhaltensauffälligkeiten mehr und rupft sich nicht mehr das Fell aus. Für die Paarbindung wäre das gemeinschaftliche Aufziehen eines Jungtiers zwar von Vorteil, aber da in den Anlagen keine Jungtieraufzucht möglich ist und die Nachzucht von Schneeaffen auch nicht zu den primären Zielen einer Tierschutzeinrichtung gehört, hat Alison einen Hormonchip implantiert, damit sie nicht schwanger wird.

Alison und Aoki genießen jetzt in der Auffangstation ihr Leben mit großzügigen Außenanlagen, viel Licht, abwechslungsreichem Futter, Naturboden, natürlichem Bewuchs und aufwändigem, pfiffigem Enrichment durch die Tierpfleger, um sie auch geistig auf Trab zu halten.

DR. MARKUS BAURDR. MARKUS BAUR

FACHTIERARZT FÜR REPTILIEN
LEITER DER AUFFANGSTATION FÜR REPTILIEN,  MÜNCHEN E. V.

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Zeichnung: Isabel Grefen

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