Stresspunktmassage beim Pferd: Stresspunkte 12 – 15
Stresspunkt 12
Der Stresspunkt 12 ist der Pectoralis ascendens, der hintere Brustmuskel. Er befindet sich an der Unterseite des Bauches in der Gegend des Solarplexus.
Dieser Muskel hat die Aufgabe, das Vorderbein nach hinten zu ziehen. Probleme mit diesem Muskel zeigen sich bereits beim Satteln.
Pferde mit Muskelverspannungen in diesem Bereich haben meistens Sattelzwang. Im Galopp springen sie häufig um oder können den Galopp in den kurzen Seiten nicht halten, sie fallen aus. Gleichzeitig fehlt es ihnen an Raumgriff. Betroffen sind hiervon vorwiegend Spring-, Freizeit- und Schulpferde. Sie lassen sich schlecht oder nur unter Protest satteln. Den Bauchgurt anziehen bedeutet für sie Stress, sie weichen dem Druck aus oder beißen.
Seien Sie als Therapeut auf mangelnde Kooperationsbereitschaft eingestellt. Die Lage des Muskels ist nicht optimal, weil man als Therapeut in einer gebückten Haltung seitlich am Pferd steht.
Um zu vermeiden, gebissen zu werden, lasse ich die Pferde immer beidseitig anbinden. Mit kleinen Zirkelungen im Uhrzeigersinn beginne ich, die Muskelverspannungen zu lösen.
In ganz schweren Fällen mit akuten Verspannungen nehme ich einen Longiergurt und befestige an ihm ein feuchtes, warmes Handtuch mit Pfefferminz- oder Arnikaöl und lasse es 20 Minuten am Pferd, bevor ich mit der manuellen Therapie beginne. Hierbei ist es wichtig, dass der Druck durch den Longiergurt nicht zu fest ist, gleichzeitig aber stark genug, um das feuchte Handtuch zu halten.
Im Anschluss erfolgt eine Massage von ca. 20 Minuten auf jeder Seite. Ich beginne die Behandlung immer auf der rechten Seite des Pferdes und beende sie links.
Den Abschluss bildet das Aufdehnen des Muskels, indem ich das Vorderbein nach vorne ziehe. Erst rechts, dann links, immer im Wechsel, jeweils 3 – 5 Mal. Diese Behandlung erfolgt zweimal pro Woche. Erfahrungsgemäß dauert es nicht lange, bis der Muskel entspannt ist. Manchmal reicht schon eine Behandlung aus. Der Reiter bekommt die Hausaufgabe, den Sattel durch einen Fachmann noch einmal anpassen zu lassen. Im Trap und Galopp immer mit Bergauftendenz reiten.
Stresspunkt 13
Der Stresspunkt 13 entspricht dem Musculus latissimus dorsi, dem Vorderansatz des langen Rückenmuskels. Dieser ermöglicht das Strecken und Biegen der Wirbelsäule. Er liegt an der vorderen Seite der Sattellage am Rand des Schulterblattes. Verspannungen dieses Muskels können bei allen Pferden vorkommen, unabhängig von ihrer Nutzung.
Ursache ist immer eine zu enge Sattelkammer, sodass der Sattel drückt. Die Besonderheit ist, dass bei diesem Muskel nie nur eine Seite betroffen ist. Ich arbeite in diesem Bereich sehr gerne mit Strom, um eine Muskelentspannung zu erreichen. Diese Behandlung sollte nach fünf Tagen wiederholt werden.
Das Wichtigste ist jedoch, einen Fachmann zurate zu ziehen und den Sattel neu anpassen zu lassen.
Auch eine Fehlstellung des Reiters kann die Ursache sein. In diesem Fall sollte sich der Reiter einem Orthopäden oder anderen Facharzt vorstellen.
Wer die Arbeit mit einer Doppellonge beherrscht, kann hier sehr gute Erfolge erzielen.
Bei einer nicht so großen Schmerzproblematik kann das Pferd in allen drei Grundgangarten geritten werden. Ich empfehle, bis der Sattel wieder richtig passt, immer eine Bodenarbeit an der Hand, um eine Biegung des Pferdes zu ermöglichen. Auch ein Aufwölben der Wirbelsäule ermöglicht, dass die Dornfortsätze wieder auseinanderweichen und gleichzeitig eine Mobilisierung der Brustwirbel erfolgen kann.
Auch dies sollte nur alle fünf Tage erfolgen. Zu bevorzugen ist die Bodenarbeit an der Hand, bei der das Pferd sich die Stangen ansehen sollte, um so eine Aufwölbung des Rückens auf natürliche Weise zu erreichen. Liegen die Probleme beim Reiter, kann die Behandlung langwierig sein, bei einem schlecht sitzenden Sattel ist sie zeitnah erledigt.
Stresspunkt 14
Der Stresspunkt 14 ist der lange Rippenmuskel – Longissimus costarum – der den Rumpf des Pferdes seitlich bewegt.
Treten Problem mit diesem Muskel auf, ist eine Biegung durch den Rumpf des Pferdes nicht möglich.
Um zu beurteilen, ob eine Biegung des Pferdes ohne Reiter möglich ist, lasse ich das Pferd an der Hand des Reiters eine 8 laufen. So kann ich sehen, ob das Pferd in der Lage ist, sich selbst ohne die Hilfe des Reiters zu biegen. Liegt eine Verspannung vor, so bildet sich eine harte Kante am Hüfthöcker. Um diese zu ertasten, lege ich meinen Handballen auf den Hüfthöcker auf und ziehe mit den Fingern einen Halbkreis von kranial nach kaudal. Spüre ich die harte Kante, habe ich die Ursache für die mangelnde Biegung gefunden. Warme Wickel wirken hier Wunder. Auch Strom kann zur Behandlung eingesetzt werden. Massagen sollten hier mit sehr viel Einfühlungsvermögen durchgeführt werden, da dieser Bereich sehr empfindlich ist. Schnell kann es passieren, dass das Pferd sich gegen diese Behandlung wehrt und ausschlägt.
Einige Therapeuten empfehlen eine Trainingspause. Ich bin jedoch der Meinung, dass ein Pferd bei fach- und sachgerechtem Reiten im Gelände aktiv sein kann, solange es im Rahmen bleibt. Den Trainingsplan stimme ich mit den Reitern vor Ort ab.
Derartige Muskelverspannungen können bei allen Disziplinen auftreten, ich habe festgestellt, dass diese bei weniger trainierten Freizeitpferden gerade im Herbst, wenn vermehrt Jagden geritten werden, häufiger auftreten.
Es dauert mehrere Wochen, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Bei zwei Behandlungen pro Woche muss der Reiter mit einem Ausfall von einem Monat rechnen.
Stresspunkt 15
Der Stresspunkt 15 ist der Longissimus dorsi im Übergang zur Glutäalmuskulatur, also der Rückenmuskel am Übergang zur Kruppenmuskulatur. Hier liegt die Hauptkraft der gesamten Vorwärtsbewegung des Pferdes. Diese Muskelgruppen werden stark beansprucht und verkrampfen sich bei falscher Beanspruchung sehr schnell, z.B. durch Kaltstarts.
Diese Pferde haben massive Rückenschmerzen, sie laufen unter dem Reiter weg. Häufiges Wälzen ist der erste Hinweis auf eine derartige Problematik. Es sollte beachtet werden, dass dies aber auch ein Anzeichen einer Kolik sein kann. Ein zu fester Muskeltonus ist feststellbar.
Bei Druck auf diesem Punkt sacken die Pferde in sich zusammen. Ich wende hier warme Umschläge mit Lavendelöl an, die schmerzlindernd wirken. Den Reitern empfehle ich, den Pferden Decken aufzulegen, um die Muskulatur warm zu halten. Das ist gerade nach einem anstrengenden Trainingstag äußerst wichtig.
Kleine Zirkelungen quer zur Muskulatur wirken Wunder. Durch die massiven Schmerzen des Pferdes ist auf die erhöhte Verletzungsgefahr des Therapeuten zu achten.
Mit der Fütterung von Magnesiumpräparaten habe ich in kurzer Zeit gute Erfolge erzielen können und die Verspannung des Muskels konnte schneller wieder in den Normalzustand gebracht werden.
Das Training sollte sich auf Longenarbeit mit Schritt und Trab beschränken und nur kurze Galopp-Phasen beinhalten.
Geritten werden sollte das Pferd wenn überhaupt nur im Schritt am langen Zügel. Drei Wochen Schonung sollten Sie einplanen. Die Therapie beinhaltet 2 – 3 Mal die Woche Wärme und Massagen.
In der nächsten Ausgabe behandeln wir die Stresspunkte 16 bis 20.
CORNELIA LEETZ
DIPLOM-AGRAR-ÖKONOMIN, TIERHEILPRAKTIKERIN
PRAXIS IN GROSS DRATOW
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
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