Pilgern mit Hunden: 380 km in 3 Wochen
Gedanken vom tier-menschlichen Diwan
Das Pilgern blickt auf eine bereits jahrhundertealte Tradition zurück. Als Urform des Wanderns machen sich die Menschen seit jeher auf den Weg zu Kultstätten und religiös bedeutsamen Orten und haben somit im Laufe der Zeit Pilgerwege geschaffen. Gerade in der heutigen stressigen Zeit, belastet von Burnout und Schnelllebigkeit, suchen immer mehr Menschen die Stille und Meditation auf den alten Pilgerwegen.
Der berühmteste ist der Jakobsweg. Bekannte deutsche Pilgerwege sind z. B. der Elisabethpfad, Lutherweg oder auch Teilstücke des Jakobsweges. Für welche Route auch immer man sich entscheidet, es bedeutet für Mensch und Tier eine Anstrengung und benötigt intensive Vorbereitung.
Unterwegs auf dem Weg können Pilger in Kirchengemeinden oder auch in Klöstern übernachten. Die Konfession oder der Glaube spielen dabei keine Rolle, sodass jeder Mensch mit offenen Armen empfangen wird. Wie sieht es da mit den Hunden aus? Im Interview: Kathrin Hoppe aus Hildesheim erzählt von ihren Erfahrungen aus den Pilgerreisen mit ihren Hunden Sophie, Anine und Freundin Conny.
Kathrin Hoppe, 1964 geboren, arbeitet seit über zwölf Jahren als Ergotherapeutin in einem Altenheim. Vorher hat sie direkt nach der Schule eine Ausbildung zur Handweberin gemacht. Ihre beiden Hunde sind kurzhaarige Border-Collies und kommen aus Zuchten. Sophie stammt aus Schleswig-Holstein und ist hervorragend sozialisiert worden. Anine stammt aus Sachsen und war leider nur an Stall bzw. Wohnung und Wiese gewöhnt. Dieses merkt man bis heute. Sie hat Angst vor Autos und vielen Menschen.
Sophie ist im Januar 2006 geboren. In den ersten zwei bis drei Jahren hat sie bei Frau Hoppe eine Ausbildung zum Therapiebegleithund durchlaufen. Da sie mit Kathrin Hoppe zur Arbeit mitgenommen wurde, hat sie ihr dies selbst beigebracht.
Anine ist im Dezember 2011 geboren. Sie ist mit neun Wochen das erste Mal bei einer Altenheimbewohnerin im Bett gelegen. Sie ist bei der Arbeit in der Therapie ein Naturtalent und schon jetzt „besser“ als Sophie.
Monika Heike Schmalstieg
Wann begann Ihr Interesse an Hunden?
Kathrin Hoppe
Ich bin mit dem Collierüden „Pan“ aufgewachsen. Seit 1991 bin ich bis auf kurze Ausnahmen, als eine Hündin verstorben war und eine Nachfolgerin noch in Planung war, Hundeführerin, seit Februar 2012 nun Führerin von zwei Hündinnen.
Monika Heike Schmalstieg
Was hat Euch dazu bewegt, mit den Hunden zu pilgern?
Kathrin Hoppe
Ich stamme aus einem christlichen Elternhaus und von daher war für mich wegen meines Glaubens nur ein kleiner Schritt nötig, um mit den Pilgern anzufangen. Auch war es für mich immer klar, dass ich nur mit den beiden Hunden in den Urlaub gehe.
Monika Heike Schmalstieg
Welche Vorbereitungen waren für die Hunde nötig, wie habt Ihr die Tour organisiert?
Kathrin Hoppe
Da wir genug Gepäck zu tragen hatten, mussten auch die Hunde etwas tragen. Es war klar, dass sie Packtaschen brauchten. Es gibt viele auf dem Markt. Hierbei haben wir uns sehr viel Zeit gelassen, um gut sitzende, passende zu finden. Wichtig ist bei den Packtaschen, dass sie bequem sitzen und die Packlast gleichmäßig verteilt ist, ohne die Gelenke zu belasten.
Ich habe gut vier Monate vorher angefangen, Sophie an die Packtaschen zu gewöhnen, später wurde langsam das Gewicht auftrainiert. In diesem Jahr hat auch Anine Packtaschen getragen.
Monika Heike Schmalstieg
Wo wurde genächtigt?
Kathrin Hoppe
Sowohl in Pilgerunterkünften, in Pensionen als auch auf Campingplätzen.
Monika Heike Schmalstieg
Wie lang war die Tour und wie viele Tage bzw. Wochen hat sie gedauert?
Kathrin Hoppe
Letztes Jahr sind wir von Volkenroda bei Mühlhausen in Thüringen bis Loccum am Steinhuder Meer gegangen. Das sind etwa 380 km, die wir in drei Wochen geschafft haben. Im Waldstück zwischen Friedland und Grohnde a. d. Weser haben wir ein paar Tage ausgesetzt. Wir hatten für die gesamte Strecke neben einem guten Pilgerführer auch Wanderkarten dabei. Da wir uns vor der Tour gesagt hatten, dass wir möglichst wenig mitnehmen wollen, haben wir den Pilgerführer daheim gelassen. Mit den Wanderkarten habe auch ich mich als Kartenkundige fast täglich verlaufen.
Als wir uns in einem Wald verliefen, wo neben dem Weg große Wildschweinsuhlen lagen, war für uns klar, wir unterbrechen die Tour für ein paar Tage und holen den Pilgerführer.
Dieses Jahr wollten wir in Schleswig-Holstein den Mönchsweg von Glücksstadt nach Fehmarn gehen. Da dort alle Wege, auch Feldwege, asphaltiert waren, mussten wir leider nach vier Tagen und 90 km abbrechen. Wenn wir noch einen Tag weiter gegangen wären, wären die Hundepfoten wund gewesen.
Monika Heike Schmalstieg
Wie viele Kilometer habt Ihr durchschnittlich pro Tag zurückgelegt?
Kathrin Hoppe
Das war sehr unterschiedlich. Oft richtete es sich nach der nächsten Übernachtungsmöglichkeit. Zwischen 15 und 20 km, einmal mussten wir 26 km gehen.
Monika Heike Schmalstieg
Mussten die Hunde für den langen Marsch trainiert werden?
Kathrin Hoppe
Die Hunde mussten nicht viel trainiert werden. Wir sind ja jeden Tag sowieso unterwegs, Ein wenig musste sich Sophie auf den Strecken an das Gewicht in den Packtaschen gewöhnen.
Monika Heike Schmalstieg
Was war im Gepäck? Habt Ihr das Futter in ausreichender Menge mitgenommen oder unterwegs besorgt?
Kathrin Hoppe
Mein Gepäck musste in einen 60-Liter-Rucksack passen. Wir hatten Zelt, Matte und Schlafsack dabei, eine „Küchenkiste“ mit Gaskocher und Töpfen. Wäsche zum wechseln, Hygieneartikel wie Deo, Zahnbürste sowie Apothekenartikel und Wasser für die Hunde und uns. Mein Rucksack wog, auch wegen des Zeltes, ca. 25 kg.
Im letzten Jahr hatten wir uns vor der Tour große Gedanken um das Futter gemacht. Wir entschieden uns für getrocknete Fleischbrocken. Das Gemüse haben wir unterwegs gekauft.
Dieses Jahr hatten wir qualitativ hochwertiges Trockenfutter mit, welches wir im Zoofachhandel nachkaufen konnten.
Monika Heike Schmalstieg
Wie haben die christlichen Einrichtungen reagiert, durften die Hunde mit in die Kirchen und Klöster?
Kathrin Hoppe
Es gab Gemeinden, die das ablehnten. Aber auch ein Nonnenkloster in Bad Heiligenstadt, wo die Nonnen extra ein kleines Gartenhäuschen freigeräumt und mit Betten ausgestattet hatten. Am Nachmittag kamen sie vorbei, um uns zu sehen.
Das Kloster in Volkenroda hatte auf Nachfrage keine Probleme damit, die Hunde in ihren Räumen zu dulden. Sie bekamen dort auch ihren Pilgersegen. Auch in das Kloster Loccum durften sie mit Genehmigung hinein. Dort bekamen sie Söckchen an ihre vier Pfoten, um den Boden nicht zu schädigen. Uns wurde in der „hora“ mitgeteilt, dass es seit Beginn des Klosters das erste Mal ist, dass überhaupt Hunde dabei sind. Unsere Hunde hatten sich schon zusammengerollt und waren dabei eingeschlafen.
Monika Heike Schmalstieg
Gab es Gespräche über die Hunde?
Kathrin Hoppe
Viele Menschen sprachen uns auf die Packtaschen und dem darin transportierten Futter an, einige auch nach dem Weg.
Monika Heike Schmalstieg
Waren die Wege meist fernab von der Zivilisation? Wie sind Euch andere Pilgerer ohne Hund begegnet?
Kathrin Hoppe
Da Anine Angst vor Autos hat, haben wir möglichst autofreie Wege gesucht. Generell für alle Hundeführer würden wir autoarme Wege empfehlen.
Leider haben wir nur ganz wenig Pilger getroffen. Eine Pilgergruppe trafen wir im letzten Jahr vor Dingelstädt und eine Pilgerin auch mit Hund kurz vor Loccum. In jedem Fall fanden tolle Gespräche statt.
Monika Heike Schmalstieg
Hat sich die Bindung mit den Hunden durch die Momente der Stille vertieft?
Kathrin Hoppe
Meine Hunde können mich lesen, so wie ich (meist) meine beiden lesen kann. aber ich weiß nicht, ob das nur durch die Momente der Stille kommt.
Monika Heike Schmalstieg
Würdet Ihr das Pilgern mit den Hunden Besitzern mit hyperaktiven oder ängstlichen Tieren empfehlen?
Kathrin Hoppe
Ja unbedingt! Meine kleine Anine hat Angst und für sie fand ich es auch wichtig, dass sie mit ihrer Ängstlichkeit lernt, neue Wege zu gehen.
Klar, zu Hause sperre ich sie nicht weg, aber ich überlege mir genauer, wo wir hingehen. Zudem ist sie hyperaktiv, da half das Gepäcktragen sehr gut. 20 km mit vorher ausgerechnetem 3,5 kg Gepäck, da war Anine abends zurecht müde und konnte gut schlafen.
Monika Heike Schmalstieg
Werdet Ihr das Pilgern mit den Hunden wiederholen?
Kathrin Hoppe
Ja, wir werden uns nun überlegen, wo wir im nächsten Frühjahr lang gehen wollen. Vielleicht den ökonomischen Pilgerweg oder den Mosel Camino.
Monika Heike Schmalstieg
Dann wünschen wir einen erfolgreichen Pilgerzug mit den Hunden und freuen uns auf Eure zukünftigen Erlebnisse.
Liebe Leser/innen, wenn Sie nun auch einmal den Weg gehen möchten, so plant Kathrin künftig geführte Pilgerwege mit Hunden zu organisieren. Kontakt: