Mauersegler: Umgang mit Fundvögeln
Der Dauerregen und die anhaltend kühlen Temperaturen der vergangenen Wochen in großen Teilen Deutschlands sorgen nicht nur für vollgelaufene Keller und Verkehrschaos aufgrund überfluteter Straßen, sie stellen auch ein gravierendes Problem für unsere Wildtiere, insbesondere die insektenfressenden Vögel mitten in ihrer Brutsaison, dar. Mauersegler und Schwalben, die ihre Beutetiere (Insekten) ausschließlich im Flug jagen, finden derzeit nicht ausreichend Nahrung, da bei diesem nasskalten Wetter nicht ausreichend Insekten fliegen. Auch Fledermäuse sind von der Nahrungsknappheit betroffen. Viele Vögel werden entkräftet und ausgekühlt am Boden liegend von besorgten Tierliebhabern aufgesammelt und in Tierheime, Auffangstationen oder zu Tierärzten gebracht. Diese schwierige Wetterlage kann unter Umständen dazu führen, dass Mauersegler und Schwalben in diesem Jahr kaum Nachzuchterfolge haben werden. Auch für die erwachsenen Tiere ist die Situation lebensgefährlich.
Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) hat unter http://www.lbv.de/ratgeber/vogelschutz/am-haus/schwalben/schwalben-leiden-unter-kaltem-wetter.html einige Informationen darüber zusammengestellt, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen sinnvoll sind, wenn man einen entkräfteten Vogel gefunden hat. Wichtig ist, den Vogel vorsichtig mit Küchenpapier abzutrocknen und ihn zunächst einmal an einem warmen (Zimmertemperatur), dunklen Ort stressfrei ausruhen zu lassen. Geeignet hierfür ist ein kleiner Karton, der mit Küchenpapier gepolstert ist. Der Karton sollte nicht zu groß sein, damit der Vogel keine Flugversuche startet, da die Verletzungsgefahr sonst zu groß wäre. Manchmal ist es für einen erwachsenen Vogel schon ausreichend, wenn er sich eine Nacht trocken und warm erholen kann. Hochgradig abgemagerte Tiere sollten unbedingt gefüttert werden. Den Ernährungszustand erkennt man am besten, indem man die Brustmuskulatur abtastet: Fühlt man in der Mitte das hervorstehende Brustbein und rechts und links verhältnismäßig wenig Muskulatur, so ist der Vogel abgemagert. Da Schwalben und Mauersegler reine Insektenfresser sind, dürfen sie auch nur mit Insekten gefüttert werden. Geeignete Futtertiere (kleine Heimchen, kleine Grillen) gibt es im Zoofachhandel zu kaufen. Die Fütterung gestaltet sich aber durchaus schwierig, da die Tiere nicht selbstständig aus Schalen fressen und zwangsgefüttert werden müssen. Viele schlucken die zwangsverabreichten Insekten allerdings nur schlecht oder würgen sie wieder hoch, was viel Fingerspitzengefühl und Geduld erfordert, um sicherzustellen, dass man den Vögeln dabei nicht mehr schadet als nützt. Besonders ist hierbei darauf zu achten, dass man das Gefieder nicht beschädigt, da die Vögel mit abgebrochenen Schwungfedern nicht mehr vernünftig fliegen können. Wichtig ist auch, dass man beim Festhalten der Vögel keinesfalls das Brustbein mit fixiert, da Vögel nur atmen können, wenn sie das Brustbein frei auf und ab bewegen können. Die Fütterung sollte stündlich erfolgen. Sicherheitshalber sollte man den Heimchen und Grillen vor der Verfütterung die Köpfe und die mit Widerhaken besetzten Hinterbeine entfernen. Ein Mauersegler kann je nach Auszehrungsgrad bzw. Größe der Futtertiere mehr als 60 Heimchen täglich fressen. Scheuen Sie sich nicht, sachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie ein geschwächtes Tier finden!
Um festzustellen, ob ein erwachsener Vogel wieder in die Freiheit entlassen werden kann, sollte man ihn auf die flache Hand setzen und hoch über den Kopf halten. Startet der Vogel selbstständig aus dieser Position, ist er fit genug für die freie Wildbahn. Allerdings sollte eine Freilassung und Auswilderung eines gesund gepflegten Tieres grundsätzlich unter Anleitung eines erfahrenen Tierarztes oder einer entsprechenden Institution oder Person erfolgen.
Weitere Informationen finden sich auch unter: www.mauersegler.com/intro.html
Isabel Grefen
Tierärztin, Weiterbildung zur Fachtierärztin für Reptilien, Ehrenamtlich in der Auffangstation für Reptilien e. V. in München
Tätigkeitsschwerpunkte:
- Tierernährungsberatung
- Reptilienmedizin
- Wildtiere
- Verhalten
- Tierschutz