Serie Heilpflanzen: Löwenzahn
Taraxacum oficinale
Jeder kennt den Löwenzahn, diese lustige, manchmal lästige Pflanze. Kinder nennen sie Pusteblume und befördern gerne die Schirmchen eines Fruchtstandes so in die Luft, wo der Wind sie weit forttragen kann. Eine tolle Strategie, sich auszubreiten.
Und das ist ihm nun wirklich gelungen. Kaum eine andere Wiesenpflanze bildet von der Küste bis ins Hochgebirge so große Pflanzenbestände.
Löwenzahn ist über die gesamte Nordhalbkugel der Erde verbreitet.
Der Löwenzahn im Jahresrhythmus
Im Mai verwandelt der Löwenzahn grüne Wiesen und Weiden in ein goldgelbes Meer. Das mag man schön finden, und es wird sogar als intakte Natur verkauft, aber es zeigt uns die intensive Gülledüngung an. Gülle enthält viel Stickstoff und der Löwenzahn ist ein Stickstoffzeiger.
Wenn im Frühling die Pferde wieder auf die Weide gehen und wenn die Fohlen fallen, dann sind gesunde Löwenzahnpflanzen für die Verdauung und den Stoffwechsel unentbehrlich. In der Anweidephase der Pferde sollten die jungen, leicht bitteren Löwenzahnblätter die Verdauung der eiweißreichen Gräser verbessern. Leider entwickelt stark gedüngter Löwenzahn dafür zu wenig Bitterstoffe, bildet aber selbst zuviel Eiweiß.
Löwenzahn wird bis zu 30 cm hoch. Er entwickelt eine kräftige Pfahlwurzel, die als Speicher- und Überwinterungsorgan dient. Die Stängel sind hohl, sie enthalten einen weißen Milchsaft. Die gezähnten Blätter bilden dichte Rosetten und verdrängen damit andere Gräser und Kräuter. Wird er regelmäßig gemäht oder abgefressen, presst er seine Blattrosette flach auf den Boden und die Blüten entwickeln ganz kurze Stiele. Löwenzahn bleibt mit seinen Blüten genau unter der Schnitthöhe eines Mähwerks.
Im Herbst speichert der Löwenzahn seine Vitalstoffe und Energien in der kräftigen Pfahlwurzel. Im Frühling steht dann seine konzentrierte Vitalität den Tiermüttern und ihren Jungen zur Verfügung. Menschen und Tiere haben es von jeher verstanden, diese Kräfte zu nutzen.
Löwenzahn in der Volksheilkunde
Die vielen volkstümlichen Namen beweisen, welchen starken Einfluss der Löwenzahn auf die Ernährung der Menschen und Tiere hatte. Ihre Erfahrungen spiegeln sich noch heute in den zahlreichen regionalen Namen:
Kuhblume, Butterkraut, Milchkraut oder Milchstängel - diese Bezeichnungen heben die milchbildenden Kräfte des Löwenzahns hervor.
Eierpusch oder Hinkelstock betonen die Verbesserung der Legeleistung des Geflügels. Namen wie Brunzerle oder Pissblume weisen auf die nierenanregende und wassertreibende Wirkung hin.
Wenn Sie Löwenzahnblätter oder -blüten ernten wollen, achten sie darauf, dass er auch Zähne zeigt! Groß entwickelte, meist weiche hellgrüne Blätter mit wenigen Blatteinschnitten sprechen für überdüngte Standorte, wogegen stark gezähnte, kräftig grüne Blätter auf einen gesunden Standort und folglich mehr Wirkstoffe hinweisen.
Dieser gezähnte Löwenzahn entwickelt als Heilpflanze auch den nötigen Biss, hat also die erwünschte Heilwirkung. Der Löwenzahn hilft gleichermaßen bei Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Blähungen und bei Leberproblemen.
So wirkt der Löwenzahn
Im Löwenzahn sind unterschiedliche Arten von Bitterstoffen enthalten, die zusammengefasst als Taraxin bezeichnet werden. Sie fördern die Magensaftproduktion und wirken galletreibend. Und so wird nicht nur die Verdauung gefördert, sondern auch der Körper entgiftet, denn über die Galleprodukte werden Giftstoffe ausgeschieden. Zusätzlich enthält der Löwenzahn Triterpene und Flavonoide, die die Bitterstoffe in der Anregung des Stoffwechsels unterstützen. Das enthaltene Inulin entlastet die Bauchspeicheldrüse, der hohe Gehalt an Kalium sorgt für die wassertreibende und mild abführende Wirkung. Löwenzahn ist also unentbehrlich, wenn die Harnmenge gesteigert werden soll, z.B. bei Harnwegsinfekten.
Löwenzahn in der Praxis
Verwendet werden Wurzel, Blätter, Knospen, Blüten und Blütenstängel. Die fettreichen Samen sind nahrhaft für Vögel und Kleinnager.
Zur Behandlung von Ekzemen und anderen Hauterkrankungen kann Löwenzahn innerlich und äußerlich eingesetzt werden. Bei Hautirritationen wird Tee oder Presssaft aus der Wurzel auf die betroffenen Stellen getupft, auf Warzen wird der frische Milchsaft gestrichen.
Die Blüten sind reich an Pollen und liefern viele Aminosäuren und Vitamine. Pferde fressen auch die getrocknete Wurzel recht gerne, Hunde bekommen das gemahlene Wurzelpulver oder den Press-Saft über das Futter.
Der Press-Saft enthält zahlreiche Bitterstoffe (Taraxin und Cholin), er reinigt das Blut und ist wirksam gegen Kokzidien.
Eine Bereicherung des Frischfutters sind auch die Blütenknospen. Sie enthalten reichlich Vitamin C; Blätter, Blüten und Knospen vitalisieren und helfen bei der Regeneration.
Zur Ausleitung bzw. Entgiftung sollte Löwenzahl mit anderen Kräutern, wie Brennnessel und Birkenblättern, kombiniert oder abwechselnd gefüttert werden.
Manfred Hessel
Diplom-Ökologe aus Waltrop
Entwickelt, produziert und vertreibt Ergänzungsfutter und Kräutermischungen für Pferde und Hunde
Tätigkeitsschwerpunkte:
- Ernährungsberatung
- Phytotherapie mit speziellen, der Natur abgeschauten Mischungen